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Harrison Ford wird 75
Geburtstagsbrief an Han Solo

Als grinsender Weltraum-Cowboy betrat er 1977 den Kino-Olymp. 2015, in einem weiteren "Star Wars"-Abenteuer, war er wieder da, grinsend, nur recht grau: der gute, inzwischen alte Harrison Ford alias Han Solo. Heute wird er 75 Jahre alt. Ein Geburtstagsbrief an den alten Hollywood-Recken.

Von Hartwig Tegeler |
    Bald wird er ihn wieder aufsetzen, den Fedora-Hut, für eine neues Indiana-Jones-Abenteuer. Jetzt aber erstmal Geburtstag.
    Bald wird er ihn wieder aufsetzen, den Fedora-Hut, für eine neues Indiana-Jones-Abenteuer. Jetzt aber erstmal Geburtstag. (picture-alliance / Epa / RAFA ALCAIDE )
    Lieber Harrison Ford, natürlich muss meine Verbeugung angesichts Ihres 75. mit diesem Herren beginnen:
    "Han Solo, ich bin Captain des 'Rasenden Falken'."
    Weil das meine erste Erinnerung an Sie ist. "Star Wars"-Held. Kategorie "rotzfrech". Heißa, was kost' die Galaxis! Diesen unverschämt grinsenden Freibeuter im All, damals, 1977, -
    "Haben Sie noch nie vom ´Rasenden Falken" gehört?" - "Sollte ich das?"
    ... den kreuzte der plietsche Steven Spielberg quasi ein bei seinem Action-Archäologen mit Schlangenangst, Lederjacke und Fedora-Hut. Wobei mich "Ihr" Indiana Jones an sich nicht wirklich interessierte. Aber es beeindruckte mich schon, wie dieses "Indy"-Konzept funktionierte und nach Han Solo eine weitere Ikone der Pop-Kultur entstand. Und über einiges musste ich schon lachen: Wie beispielsweise die Narbe an Ihrem Kinn, die ja von einem Autounfall stammt, im dritten "Indiana Jones" ihre, ja, quasi Fiktionalisierung erfährt, wenn sich der junge "Indy" im Film die Nilpferd-Peitsche ans Kinn knallt.
    Gut, Han Solo und "Indy" haben Sie in die Liga der kommerziell erfolgreichsten Schauspieler Ihrer Generation gebracht. Aber, geschenkt. Genau wie der Schrott, den Sie dann in den folgenden Jahren auch gedreht haben … okay, die Kinder schreien nach Brot.
    Charmanter Minimalmime
    Als CIA-Dumpfbacke in "Die Stunde der Patrioten" oder als Action-Präsident bei Wolfgang Petersen in "Air Force One". Aber es gab es immer auch diese Filme, in denen ich Sie nie vergessen werde, gerade weil Sie - schrieb mal jemand - "Hollywoods charmantester Minimalmime" sind. Ja? Und? Gary Cooper oder Robert Mitchum haben für die Leinwand auch kein Method Acting betrieben.
    Wie sich eben auch bei Ihnen geringster Einsatz in einen verblüffend intensiven Ausdruck verwandelte. Der Blick beispielsweise, den Sie als Detective in Peter Weirs "Der einzige Zeuge" - 1985 - auf die nackte Amish-Frau werfen, die sich wäscht. Wie nur Ihr Blick das Begehren zeigt, das nicht körperlich werden darf. Dieser Polizist ermittelt nämlich verdeckt in der Amish-Gemeinde. Outstanding!
    Und dann, natürlich: "Blade Runner". Nicht der zweite von Denis Villeneuve, in dem Sie ja in diesem Jahr ihre alte Rolle mit 75 noch einmal spielen, sondern Ridley Scotts von 1982. Fast am Ende des Films: Sie liegen geschlagen vor diesem Androiden - Rutger Hauer -, den Sie als Polizist liquidieren sollten, und der Sie wider Erwarten vorm Absturz vom Hochhaus rettete. Sie liegen da. Und das künstliche Wesen sinniert - strömender Regen - über das Leben, die Vergänglichkeit.
    "All diese Momente werden verloren sein in der Zeit."
    Wieder nur Ihr Blick. Und die Melancholie, die den Monolog des sterbenden Androiden durchströmt, legt sich quasi über Sie. Mit dieser Szene waren Sie, Harrison Ford, in meinem Bilder-Gedächtnis angekommen. Unauslöschlich. Alles Gute also zum 75. und auf weitere gute Filme. Minimalmimisch, gerne, aber frech grinsend bitte. Geht auch im Alter.