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Harry, Meghan und die Medien
Morddrohungen und Millionendeals

Die rassistische und aggressive Berichterstattung der Boulevardpresse sei einer der Gründe für den Umzug des royalen Ehepaars in die USA gewesen, so Harry und Meghan im Interview bei Oprah. Statt Medienthema wollen die beiden in Zukunft Medienmachende sein - mit Verträgen bei Spotify und Netflix.

Text: Mike Herbstreuth / Christine Heuer im Gespräch mit Mirjam Kid |
Prinz Harry von Großbritannien und seine Ehefrau Herzogin Meghan während eines Interviews mit der US-Moderatorin Winfrey.
Harry und Meghan beim Interview mit Oprah Winfrey (Harpo Productions/AP/Joe Pugliese)
Das Verhältnis von Prinz Harry und Herzogin Meghan zu den Medien ist ein zwiegespaltenes. Zum einen sind die beiden auf Medien angewiesen. Seit Harry und Meghan ihre royalen Pflichten aufgegeben haben, bekommen sie keine finanzielle Unterstützung mehr aus dem britischen Königshaus. Deshalb besteht ein großer Teil ihrer aktuellen und kommenden Einkünfte aus Deals, die die beiden mit den Plattformen Spotify und Netflix abgeschlossen haben.
Der britische Prinz Harry und Herzogin Meghan verlassen Hand in Hand und lächelnd das Canada House in London
Meghan-Berichterstattung im Boulevard
Die Berichterstattung über die Entscheidung von Harry und Meghan, die königliche Familie zu verlassen, sei nicht anstößig, kommentiert Friedbert Meurer. Die mediale Jagd auf die Herzogin hingegen sehr wohl.
Vom Streamingdienst Spotify sollen Harry und Meghan laut "Forbes" 18 Millionen Dollar für einen Drei-Jahres-Vertrag bekommen – sie sollen in dieser Zeit exklusive Shows und Podcasts für Spotify produzieren, die "Menschen eine Stimme geben, die sonst nicht gehört werden".

Millionenschwere Deals mit Spotify und Netflix

Den Wert des Deals zwischen der Herzogin und dem Herzog von Sussex und Netflix beziffert Forbes auf 100 Millionen Dollar. Diese Summe bekommen Meghan und Harry vom Streamingdienst für insgesamt fünf Jahre, in denen sie Dokumentarfilme, Serien, Spielfilme und Kinderprogramme für Netflix produzieren sollen.
Und auch das Interview, das die beiden am Sonntag der Talk-Legende Oprah Winfrey gegeben haben, zeigt den medialen Wert des Paares: Der Sender CBS hat laut "Wall Street Journal" zwischen sieben und neun Millionen Dollar die Rechte an Oprahs Produktionsfirma Hapro bezahlt, 30 Sekunden Werbezeit während des Interviews sollen rund 325.000 Dollar gekostet haben. Doch in genau diesem Interview zeigte sich die andere Seite der Beziehung zwischen Harry, Meghan und den Medien.

"Wissen alle, wie die britische Presse sein kann"

Bereits vor einer Woche war Harry in der "Late Late Show" von James Corden zu Gast und sprach über die Rolle, die die britischen Medien beim Umzug des Ehepaars nach Kalifornien gespielt haben:
"Wir wissen alle, wie die britische Presse sein kann. Das hat meiner psychischen Gesundheit sehr geschadet. Es war toxisch. Also habe ich das getan, was jeder Ehemann und Vater tun würde: Ich musste meine Familie da rausholen."
Ein Vorwurf, den Harry und Meghan im Interview mit Oprah erneut unterstrichen. Die britische Presse hätte sie "von Beginn unserer Beziehung an attackiert und zu Rassismus angestachelt", sodass sich die Bedrohungslage sehr verschärft habe. Es sei nicht nur Klatsch gewesen, den die Presse verbreitet habe, sondern die Berichterstattung habe zu immer heftigeren Morddrohungen geführt.

Boulevardmedien mit "kolonialen Untertönen"

Diese "kolonialen Untertöne" der britischen Klatschpresse, die Harry und Meghan im Interview mit Oprah angeprangert haben, sieht auch Christine Heuer sehr deutlich, die Großbritannien-Korrespondentin des Deutschlandfunks: "Es gibt diesen Rassismus, es gibt den kolonialen Unterton in den Boulevardmedien".
Allerdings sei dieser spezielle in der Berichterstattung über Meghan erst im Laufe der Zeit immer deutlicher zu Tage getreten. Zu Beginn habe Meghan eine sehr wohlwollende Presse gehabt, doch das habe sich geändert. Meghan habe aus guten Gründen immer mehr Zäune und Mauern errichtet, und das habe die Stimmung in der britischen "Yellow Press" verändert, so Heuer im Gespräch mit @mediasres.
Aber nicht nur den Rassismus einiger Medien kritisierten der Herzog und die Herzogin von Sussex in ihrem Oprah-Interview - auch eine ungeschriebene Regel zwischen den Royals und der Boulevardpresse verurteilten sie: dass Journalistinnen und Journalisten im Gegenzug für Zugang positiv über den Palast berichten würden.

Medienmachende statt Medienthema

Die britische Klatschpresse reagierte prompt auf das Interview und die Vorwürfe von Harry und Meghan - die Boulevardzeitung "The Daily Mail", gegen die die Herzogin von Sussex vor kurzem einen Prozess wegen ihrer Berichterstattung gewonnen hat, schlachtete das Interview beispielsweise breit aus.
Auf der Website von "The Daily Mail" gibt es kaum ein anderes Thema - insgesamt über 20 Artikel beschäftigen sich dort mit dem Interview von Harry und Meghan. Dabei werden unter anderem Expertinnen und Experten zitiert, die das Interview "beschämend", "respektlos" oder eine "Atombombe" nennen.
Harry und Meghan sind jedenfalls mit einem Knall in eine Zukunft gestartet, in der sie den Seitenwechsel vollziehen wollen - vom Medienthema zu Medienmachenden.