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Harte Konkurrenz für die "New York Times"?

Medienmogul Rupert Murdoch wirft erneut einen weißen Handschuh in den Ring der amerikanischen Medienlandschaft. Mit dem Launch einer Lokalausgabe, die ab sofort seinem "Wall Street Journal" beiliegt, fordert er die "New York Times" auf lokaler Ebene zum Duell auf.

Von Elske Brault |
    Es liegt nicht nur am Bahnhof und dem Zeitungskiosk aus, sondern auch an der Theke des Kaffeehauses Starbucks – der Schriftzug des "Wall Street Journals" springt einem an diesem Morgen an jeder Ecke ins Auge. Murdoch war nicht faul, und hat rechtzeitig zum Start der New York-Ausgabe im "Wall Street Journal" eine umfangreiche Werbekampagne gestartet, und untergräbt damit schon allein in punkto Aufmerksamkeit den Rivalen New York Times.

    Schon bei der äußeren Aufmachung erhofft sich das Journal einen Vorsprung: Die neue Stadtausgabe lässt sich unabhängig vom Rest der Zeitung in der Hand halten und ist vollständig in Farbe gedruckt. Die Metroausgabe der Times wurde dagegen mit dem Vorderteil zusammengelegt und erscheint teilweise in einem langweiligen schwarzweiß.

    Allein der Umstand, dass der Stadtteil des Wall Street Journals insgesamt 36 Seiten umfasst, beeindruckt. Die New York Times kann mit ihren sechs Seiten kaum dagegen halten. Man muss allerdings gerechterweise sagen, dass vieles was beim Journal in der Lokalausgabe untergebracht wurde, bei der Times im Kultur- oder Sportteil auftaucht.

    Klar ist, dass die Redaktion des Murdoch-Blattes keineswegs kleckern wird, sondern der Times gewaltig Angst einzujagen gedenkt. Schon am ersten Erscheinungstag klotzt das Journal mit einer breiten Palette von Geschichten, angefangen von der Rattenplage auf der Upper East Side bis hin zu dem langsam wieder aufwärts deutenden Trend auf dem New Yorker Immobilienmarkt. Wir erfahren, dass die Gucci-Familie ihr Penthouse in Midtown für 60.000 Dollar monatlich vermieten will und dass in Brooklyn ein neues Edel-Restaurant geöffnet hat. Das Journal spricht damit direkt jene begehrten Leser an, deren Jahresgehalt jenseits der Hunderttausend Dollar-Schranke angesiedelt ist.

    Platt wirken dagegen die notorischen praktischen Tipps, die in keiner Murdoch-Zeitung fehlen, die sogenannten "News You Can Use". Welcher New Yorker braucht schon eine Anleitung dafür, wie man den Magnetstreifen der U-Bahnkarte fachgerecht durch die Sperrschranke zieht.

    Die Times hält im heutigen Lokalteil mit drei ausgesuchten und wohlrecherchierten Hintergrundgeschichten dagegen, die sich weniger im wirtschaftlichen als im politischen Bereich bewegen. Darin geht es um das Feriendomizil des New Yorker Bürgermeisters und Milliardärs Michael Bloomberg in Bermuda, das schrumpfende Naturschutzgebiet Jamaika Bay und die Konkurrenzfähigkeit der staatlichen Schulen in Brooklyn.

    Wie er es auch mit seinen Zeitungen in England und Australien macht, nutzt Murdoch seine Publikationen schonungslos dazu aus, seine konservativen politischen Anliegen auszuposaunen. Also dehnt auch das Journal seine regionale Berichterstattung bis nach Albany, der Hauptstadt des Bundesstaates New York, aus. So macht er es schon seit Jahren mit seinem Boulevardblatt, der New York Post, und so wird er es auch im Wall Street Journal weiterführen.

    Nicht nur inhaltlich kann das Journal mit der etablierten Times mithalten. Murdoch will dem Konkurrenten vor allem bei den großformatigen Anzeigen das Wasser abgraben. Zu diesem Zweck greift er auf eine altbewährte Strategie zurück und unterbietet die bisherigen Preise um bis zu 80 Prozent. Eine gemeinsam geschaltete einseitige Anzeige im Journal wie auch der New York Post kostet gerade noch 95.000 Dollar, während man bei der Times dafür satte 175.000 Dollar berappen muss. Der Kundschaft ist das unethische Gebaren offenbar egal: In der heutigen Ausgabe des Journals finden sich fünf ganzseitige Anzeigen von Werbekunden wie zum Beispiel Macys, der Fluggesellschaft Delta und der New York University.

    Immerhin setzt sich Murdoch dafür ein, dass Zeitungscontent im Internet künftig wieder aufgewertet werden soll und plant, die Stadtberichterstattung im Wall Street Journal Online mit der Zeit völlig hinter einer Bezahlschranke verschwinden zu lassen.

    Wenn in New York alles gut geht, will Murdoch seine lokale Strategie noch auf andere Regionen ausdehnen. Auf diese Weise wird das Journal vielleicht schon bald auch in San Francisco und Detroit mit einer Stadtausgabe aufwarten. Die lokalen Zeitungen dort können sich auf einen Vernichtungsfeldzug gefasst machen.