Eigentlich wollte der Verband der britischen Autobauer die neuen Zahlen zum abgelaufenen Geschäftsjahr präsentieren. Doch letztlich war es ein Thema, das die gesamte Pressekonferenz überlagerte – der drohende harte Brexit, ein No-Deal-Brexit. Für die Autobauer, kaum überraschend, ein Horrorszenario, ist doch die EU mit 52,6 Prozent der mit Abstand größte und wichtigste Handelspartner. Dennoch versuchte Verbandschef Mike Hawes trotz der schwierigen Lage und ganz dem britischen Understatement verpflichtet, nicht zu dramatisieren.
"Wir brauchen jetzt einen gewissen Pragmatismus. Es ist noch immer unklar, wie selbst die langfristigen Beziehungen sein werden. Was wir aber jetzt brauchen, ist ein Vertrag. Die Perspektive eines harten Brexits ist für die Branche höchst gefährlich. Und eine Scheidung ohne Deal wäre - kurz gesagt - eine Katastrophe".
Lagerung von Autoteilen keine wirkliche Lösung
Das zeigt der Blick auf die nackten Zahlen: Täglich erreichen über 1.100 Lastwagen aus der EU die Insel, um - just in time - die notwendigen Teile für die Produktion zu liefern. Diese empfindliche Lieferkette würde durch einen harten Brexit massiv gestört, auch wenn die Branche derzeit versucht, vorzubauen. Ausweichen auf andere Häfen wegen der drohenden Staus etwa in Dover oder Cardiff. Und Hawes nennt noch eine zweite Maßnahme:
"Sie schauen natürlich auch, was mit Lagerhäusern möglich ist. Aber das ist für die Branche keine wirkliche Lösung, die auf schnelle Zulieferung angewiesen ist. Honda etwa hat ausgerechnet: Die Lagerhalle für alle Teile allein für eine Produktionswoche müsste die drittgrößte der Welt sein".
"Unsere Sorge ist ein schleichender Niedergang"
Mit anderen Worten: Viel kann die Branche nicht tun, um sich auf den harten Brexit vorzubereiten. Zumal die Autohersteller auch von den vielen EU-Handelsabkommen profitieren. Insgesamt, so rechnet der Verband vor, gehen zwei Drittel der gesamten britischen Autoexporte in die EU beziehungsweise per Handelsvertrag assoziierte Länder. Das alles sei von einem No-Deal-Brexit bedroht. Auch das Argument der Brexiteers, die Branche übe sich in Schwarzmalerei, Autos würden doch schließlich immer ge- und verkauft, will Hawes mit Verweis auf die deutlich zurückgehenden Investitionen nicht gelten lassen.
"Die Investoren warten ab. Die schauen, wie sich die langfristige Lage zwischen der EU und Großbritannien entwickelt. Das wird nicht so sein, man wacht am 30. März auf und die Lichter gehen aus. Unsere Sorge ist ein schleichender Niedergang, weil sich die Wettbewerbsfähigkeit Großbritanniens verschlechtert."
186.000 Beschäftigte in britischer Autobranche
Bei einem Handelsabkommen nach den niedrigen Standards der Welthandelsorganisation würde sich beispielsweise jedes Fahrzeug wegen der Zölle und steigender Kosten um rund 1.500 Pfund verteuern. Dabei steht die Branche derzeit noch halbwegs gut da: zwar ist die Produktion im vergangenen Jahr um 9,1 Prozent auf 1,52 Millionen Autos im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Insgesamt aber bewegen sich die Exporte weiter auf einem sehr hohen Niveau, heißt es.
Gerade in Japan, Südkorea und den USA ist die Nachfrage deutlich gestiegen. 186.000 Menschen arbeiten unmittelbar in der britischen Autoindustrie, es ist eine der wichtigsten Exportbranchen der Insel. Prognosen für die mittelbare Zukunft wollte Hawes allerdings angesichts der unsicheren Lage keine geben.