Drei Punkte waren zu wenig. Nach einer 0:1-Niederlage im letzten Gruppenspiel gegen die USA ist die iranische Nationalmannschaft ausgeschieden. Statt Enttäuschung über dieses sportliche Abschneiden hat es aber in manchen Teilen des Irans Jubel über das WM-Aus gegeben.
Auch der 27-Jährige Mahran Samak beteiligt sich daran - und wird erschossen. Ein Fall, der die Öffentlichkeit im Iran besonders schockiert habe, berichtet die österreichische Diplomatin Shoura Hashemi. "Weil dieser junge Mann wirklich nichts gemacht hat, außer im Auto zu sitzen und zu hupen und sich darüber zu freuen, dass die iranische Nationalmannschaft nicht weitergekommen ist. Nicht aus sportlichen Gründen, sondern weil er damit gegen das Regime protestieren wollte."
Hashemi protokolliert seit Wochen die Proteste im Iran, die nach dem Tod von Mahsa Amini ausgebrochen waren und gewaltsam unterdrückt werden. Menschenrechtsorganisation gehen inzwischen von mehr als 300 Toten aus.
Nationalmannschaft als Teil des Regimes
Der Jubel über das Ausscheiden der iranischen Nationalmannschaft sei besonders auffällig, weil Fußball im Iran so etwas wie eine Religion sei. Alle seien fußballbegeistert. Die iranische Nationalmannschaft habe eine Art Heldenstatus, erklärt Hashemi.
Deswegen wäre es wichtig gewesen, dass von der Mannschaft vor der WM ein Zeichen der Solidarisierung gekommen wäre. Stattdessen hat sich das Team kurz vor der WM mit Staatspräsident Ebrahim Raisi ablichten lassen.
Die nicht mitgesungene Nationalhymne vor dem ersten Spiel habe zwar teils wieder Symphatien geweckt. Allerdings nur kurz, sagt Hashemi. Es habe schnell Berichte gegeben, dass die Spieler und ihre Familien unter Druck gesetzt worden seien.
"Ab dem zweiten Spiel haben sie die Nationalhymne wieder mitgesungen. Also haben sie sich von diesem Protest, von diesem anfänglichen, dann selbst wieder distanziert. Und ich glaube, das ist dann ganz schlecht angekommen im Iran. Die Nationalmannschaft ist jetzt für die große Mehrheit jener, die das Regime ablehnen, einfach ein Teil des Regimes."
Hohe Kosten für WM-Maßnahmen des Regimes
Nun werde allerdings für das Regime das eigene Verhalten im Umfeld des Turniers zum Problem. Selbst die staatsgesteuerten Medien berichteten über Maßnahmen, die beim Turnier durchgeführt wurden: eigenes Sicherheitspersonal, Agenten, die Regimekritiker in den Stadien dokumentierten, oder Influencerinnen, die ein gutes Bild abgeben sollten. Besonders problematisch für das Regime seien die hohen Kosten für diese Aktionen.
Über all diese Fragen werde jetzt auch innerhalb des Iran diskutuert. Der Plan des Regimes, die Nationalmannschaft für eigene Propaganda zu gebrauchen, sei deswegen "völlig gescheitert", konstatiert Hashemi.