Zur Frage "Geht Streit auch kultiviert" sagt der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen:
"Streit muss kultiviert gehen, denn es ist heute wichtiger denn je, dass wir Techniken der Abkühlung trainieren und eine Sprache der Mäßigung praktizieren. Ich glaube, dass die gesellschaftliche Mitte gerade in dieser Zeit gefordert ist wie nie. Denn wir haben die merkwürdige Situation, dass das kommunikative Klima von den Rändern, von den Extremisten bestimmt wird. Und in dieser Zeit der Spektakel-Polarisierung und der unnötig aggressiven Auseinandersetzung muss die Gesellschaft für eine Sprache der Mäßigung werben, müssen wir versuchen, den Diskurs zu entgiften, und zu einem guten, ausreichend respektvollen Streit zurückkehren."
Der Autor und Journalist Hasnain Kazim meint:
"Der Streit findet oft nicht kultiviert statt. Zivilisierter Streit setzt voraus, dass wir Grenzen des Sagbaren setzen. Was ist in Ordnung, was ist nicht in Ordnung? Und die Grenze ist nicht erst das Strafrecht, sondern das ist viel niedrigschwelliger. Man muss ganz klar sagen, es gibt bestimmte Dinge, die man nicht sagt. ‚Das sagt man nicht‘, bringen wir ja schon unseren Kindern bei. Es gibt aber keine klaren Grenzen, sondern man muss im individuellen Streit schauen, was ist möglich, was nicht, sodass wir im kultivierten Bereich bleiben. Streit ist so kompliziert wie jede menschliche Kommunikation überhaupt. Menschen sind unterschiedlich. Es ist schwierig, aber wenn man sich anstrengt, dann funktioniert ein kultivierter Streit."