Das Berliner Landgericht hatte entschieden, dass Grünen-Politikerin Renate Künast die teils massiven Beschimpfungen in sozialen Medien hinnehmen muss. Diese bewegten sich dem Gericht zufolge "haarscharf an der Grenze des noch Hinnehmbaren". Künast hatte in dem Verfahren erreichen wollen, dass Facebook personenbezogene Daten der Urheber für zivilrechtliche Schritte herausgibt. Dies hatte das Gericht abgelehnt.
Das Urteil sei einfach nur als "skandalös" zu bezeichnen, sagte Publizist Hasnain Kazim im Deutschlandfunk. Die Beschimpfungen seien "ganz klar verbale Gewalt", die an Frau Künast verübt worden sei. Die Begründung des Gerichts, die Hass-Attacken würden sich auf eine ältere Äußerung von Renate Künast zum Thema sexueller Missbrauch beziehen, rechtfertigten keine Beschimpfungen.
"Was geht in den Köpfen der Richter vor?"
Ein Satz wie 'Knatter sie doch einer mal richtig durch, damit sie wieder normal wird' sei in der Urteilsbegründung als geschmacklos, aber als Stilmittel der Polemik und sachliche Kritik bewertet worden, zitierte Kazim aus der Urteilsbegründung. Frau Künast werde nach Ansicht des Gerichts dadurch nicht zum Gegenstand sexueller Fantasien gemacht. "Da frage ich mich schon, was geht in den Köpfen der Richter vor?"
Dass solche Fälle vor einem Gericht landen, zeige, wie weit das Problem bereits fortgeschritten sei, meinte Kazim. Man müsse erst einmal wieder ein gesellschaftliches Klima schaffen und klare Grenzen für ein zivilisiertes Miteinander definieren. Einem Kind, das eine unbedachte, womöglich beleidigende Äußerung in der Öffentlichkeit macht, sage man schließlich auch: 'So redet man nicht'. Das sei Erziehung.
Grenzen in der Gesellschaft haben sich verschoben
Offensichtlich hätten sich Grenzen in der ganzen Gesellschaft verschoben im Internet und in der analogen Welt. Wenn aber diese Grenzen massiv überschritten werden, mit verbaler Gewalt, Gewaltandrohungen, Beleidigungen, müsse dies viel stärker juristisch verfolgt werden als bisher, forderte Kazim.