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Hatoyamas Fehlschlag

Am Ende sah Japans Ministerpräsident Yukio Hatoyama keine andere Möglichkeit mehr, als zurückzutreten. Zum Verhängnis wurde ihm sein voreiliges Versprechen, den amerikanischen Militärflughafen Futenma auf der Insel Okinawa zu verlegen – oder am besten gleich dicht zu machen.

Von Peter Kujath |
    Auf der südlichen Inselgruppe sind rund drei Viertel der in Japan stationierten 47 Tausend US-Soldaten untergebracht. Für die USA ist Japan ein wichtiger Eckpfeiler ihrer Pazifik-Strategie, die mit der wachsenden Militärmacht China, dem unberechenbaren, mit Atomwaffen-ausgestatteten Nordkorea und der Instabilität in einigen Teilen Südostasiens etliche Herausforderungen zu bestehen hat.

    Japan bezahlte bisher bereitwillig den Unterhalt dieser Stützpunkte und sonnte sich ansonsten unter dem Schutzschirm des US-japanischen Sicherheitsvertrages. Doch die Mehrheit der Bewohner von Okinawa spricht sich mittlerweile gegen die US-Präsenz aus.

    Bewohner 28. April: "Wir Bewohner haben jetzt seit mehr als 60 Jahren unter den Folgen der Stationierung gelitten. Es wäre gut, wenn sie die Präfektur oder wenn möglich das Land verlassen könnten."

    Der Luftwaffenstützpunkt Futenma ist zum Symbol geworden. Zudem liegt er mitten im dicht besiedelten Gebiet von Ginowan. 2004 stürzte ein Kampfhubschrauber auf einen Universitäts-Campus. 2006 einigten sich die USA und Japan auf die Verlegung des Flughafens an einen anderen Ort auf Okinawa. Außerdem wurde der Abzug von 8000 US-Soldaten nach Guam beschlossen. Diese deutliche Reduzierung war ein wichtiges Zugeständnis, um für das Abkommen auch die Zustimmung des Gouverneurs von Okinawa und der betroffenen Bürgermeister zu erhalten.

    Als im Sommer letzten Jahres die Demokratische Partei erstmals die Unterhauswahl gewinnen konnte, betonte kurz darauf der neue Premierminister, Yukio Hatoyama, dass er mit den USA eine Partnerschaft auf Augenhöhe anstrebe, ohne in den kommenden Monaten sein Vorhaben zu präzisieren.

    Hatoyama, Wahlversprechen 19. Januar: "Ich habe immer noch das Gefühl, dass es das Beste wäre, den Luftwaffenstützpunkt aus der Okinawa-Präfektur oder ganz aus Japan heraus zu verlegen. Aber es ist leider eine Tatsache, dass die vorherige Regierung mit den USA einen Vertrag unterschrieben hat in dieser Angelegenheit. Ich werde versuchen, eine Lösung zu präsentieren, die für die Menschen auf Okinawa akzeptabel ist."

    Die Bewohner Okinawas nahmen dies ernst und forderten eine deutliche Entlastung. Während sich also die Stimmung der Menschen auf Okinawa aufhellte, wurde Hatoyama von der Realpolitik eingeholt. Japan ist in Sicherheitsfragen von den USA abhängig.

    Das Land unterhält auf Grund der Beschränkungen in seiner Verfassung keine Armee, sondern nur sogenannte Selbstverteidigungsstreitkräfte, die zwar gut ausgestattet, aber nicht für eine aktive Rolle im asiatischen Raum vorgesehen sind. Eine Politik auf Augenhöhe hätte auch an diesem Ungleichgewicht etwas ändern müssen.

    Das jedoch war weder Hatoyamas Absicht, noch würden die Nachbarn eine stärkere militärische Rolle Japans angesichts der Vergangenheit akzeptieren. Hatoyama musste in den Verhandlungen mit den USA erkennen, dass es keine Alternative gibt zur Präsenz der US-Truppen auf Okinawa. Doch da waren die Erwartungen schon geweckt, wie Okinawas-Gouverneur nach dem Rücktritt Hatoyamas leicht zynisch bemerkt.

    Nakaima Gouverneur Okinawa: "Ich bin mir nicht sicher, ob der Premierminister die Begeisterung richtig eingeschätzt hat, die er mit seinem Versprechen ausgelöst hat, den Stützpunkt aus der Präfektur hinaus zu verlagern. Ich hoffe, die neue Regierung wird verstehen, wie die Bewohner hier fühlen und das Problem in einer akzeptablen Art und Weise lösen."

    Eine Lösung ist jedoch auch unter dem neuen Premierminister nicht in Sicht. Der Sicherheitsvertrag zwischen den USA und Japan, dessen Unterschrift sich in diesem Jahr zum 50. Mal jährt, bleibt in Kraft und damit die US-Soldaten in Japan. Okinawa wird weiterhin einen Großteil der Last tragen müssen, während die Mehrheit der Japaner bei all ihrem Mitgefühl doch auch froh ist, dass angesichts der jüngsten Entwicklungen in Nordkorea das US-amerikanische Abschreckungspotenzial bestehen bleibt.