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Hauptopfer ist die Zivilbevölkerung

Mehr als 20.000 Frauen waren aus allen Landesteilen nach Bogotá gekommen. Die meisten von ihnen hatten endlose Busfahrten auf sich genommen, um für den Frieden in ihrem Land zu demonstrieren. Sie versammelten sich zunächst im Nationalpark und zogen dann über die 7. Carretera zum Präsidentenpalast. Viele von ihnen waren schwarz gekleidet: die Angehörigen von Opfern des blutigen Kriegs in ihrem Land. Andere trugen grüne Blusen als Zeichen ihrer Hoffnung auf Frieden. Die meisten hielten runde Schilder, Verbotszeichen hoch, auf denen eine Maschinenpistole abgebildet war. 600 Frauenorganisationen hatten im Juli zu dieser großen Manifestation kurz vor dem Regierungswechsel aufgerufen.

Peter B. Schumann | 06.08.2002
    Mehr als 20.000 Frauen waren aus allen Landesteilen nach Bogotá gekommen. Die meisten von ihnen hatten endlose Busfahrten auf sich genommen, um für den Frieden in ihrem Land zu demonstrieren. Sie versammelten sich zunächst im Nationalpark und zogen dann über die 7. Carretera zum Präsidentenpalast. Viele von ihnen waren schwarz gekleidet: die Angehörigen von Opfern des blutigen Kriegs in ihrem Land. Andere trugen grüne Blusen als Zeichen ihrer Hoffnung auf Frieden. Die meisten hielten runde Schilder, Verbotszeichen hoch, auf denen eine Maschinenpistole abgebildet war. 600 Frauenorganisationen hatten im Juli zu dieser großen Manifestation kurz vor dem Regierungswechsel aufgerufen.

    Wir lehnen die Politik der Bewaffnung von 1 Million Kolumbianern ab, denn der Staat darf unter keinen Umständen die Zivilbevölkerung in den bewaffneten Konflikt hineinziehen.

    So erklärte Yolanda Becerra im Namen aller Frauen. Und sie fügte hinzu:

    Deshalb sagen wir dem einen Präsidenten, der geht: Wir sind mit den von ihm geführten Friedensgesprächen überhaupt nicht einverstanden. Und dem anderen, der kommt, sagen wir: Wir sehen keine Vorschläge, die zu Verhandlungen führen könnten. Und deshalb erklären wir hier vor dem Präsidentenpalast klipp und klar: Keinen Tag länger, keinen Peso mehr, keinen Mann und keine Frau mehr für den Krieg.

    Der Zeitpunkt für diese eindrucksvolle Manifestation der Zivilgesellschaft war günstig, denn der designierte Präsident Alvaro Uribe hat als künftige Friedensstrategie verkündet:

    Null Toleranz gegenüber dem Terror. Wir brauchen ein Anti-Terror-Gesetz wie das spanische. Das gefällt mir sehr, denn es ist drastisch und erleichtert Festnahmen, Verhaftungen und Hausdurchsuchungen. Kolumbien hat keine andere Alternative als Stärke zu zeigen, denn wir müssen die staatliche Autorität wiederherstellen. Wir wollen keinen Krieg, aber wir brauchen Autorität.

    Mit solchen Argumenten hatte Alvaro Uribe im Mai die Mehrheit des kolumbianischen Wahlvolks hinter sich vereint. Und später seine Pläne konkretisiert:

    Die Guerrilla muss mit ihren Terrorakten und Entführungen aufhören und einer Feuereinstellung zustimmen. Die Waffen kann sie behalten. Danach können unter Vermittlung der Vereinten Nationen Friedensgespräche beginnen. Bis das geschieht, werden wir die Streitkräfte verstärken. Deshalb werden wir den Verteidigungsetat um eine Milliarde Dollar erhöhen und die Staatsausgaben drastisch senken. Außerdem wollen wir eine Million Kolumbianer mobilisieren, damit sie den Sicherheitsapparat unterstützen.

    Was das im einzelnen bedeutet, hat Uribe bis jetzt nicht näher erläutert. Er könnte darunter ein Netz von Spitzeln verstehen. Er könnte sogar an zusätzliche Milizen, also an Aufrüstung denken – wie die Frauenorganisationen befürchten. Dieser Verdacht wird durch die USA erhärtet. Sie haben sich inzwischen bereit erklärt, ihren mit missionarischem Eifer geführten Antiterrorkampf auch auf Kolumbien auszudehnen. Ihren Sinneswandel erläutert der Politologe Jaime Zuluaga.

    Die USA wollten sich nach dem Ende des Kalten Krieges nicht am Kampf gegen die Aufständischen beteiligen, sondern nur den Drogenhandel mitbekämpfen. Diese Position haben sie Ende Mai aufgegeben. Der Senat in Washington beschloss, die entsprechenden Restriktionen zu beseitigen, so dass die Militärhilfe im Rahmen des 'Plan Colombia’ auch gegen die Guerrilla eingesetzt werden kann. Das ist ein schwerwiegender Schritt, wenn sich die USA nun auch in den bewaffneten Konflikt in Kolumbien einmischen.

    Wie ernst sie das meinen, hat vor wenigen Tagen die US-amerikanische Botschafterin in Bogotá, Anne Patterson, bei einem Treffen mit Vertretern der Wirtschaft deutlich gemacht.

    Um die Streitkräfte im Kampf gegen die Guerrilla zu unterstützen, werden wir in den kommenden Wochen Eliteeinheiten nach Kolumbien schicken. Sie sollen das kolumbianische Militär beim Schutz der Ölpipelines vor Terror-Anschlägen beraten. Zugleich wird die Regierung in Washington den Kongress auffordern, die Finanzhilfen für Kolumbien aufzustocken.

    Diese Schützenhilfe der USA und die Politik der 'Null-Toleranz’ des neuen Präsidenten deuten nicht auf eine baldige Rückkehr zum Verhandlungstisch hin. Uribe will sich wohl durch eine Aufrüstung des Landes und eine militärische Bekämpfung der Guerrilla eine starke Position bei den irgendwann unvermeidlichen Friedensgesprächen verschaffen. Über die Chancen einer Militarisierung des Konflikts Jaime Zuluaga:

    Was Alvaro Uribe in seiner Rechnung nicht berücksichtigt, sind die menschlichen Kosten einer Verschärfung des Krieges. Die jahrzehntelangen Versuche, militärische Lösungen zu finden, sind alle gescheitert. Nach dem Abbruch der letzten Friedensverhandlungen im Februar hat sich herausgestellt, dass die Streitkräfte – trotz des Plan Colombia, trotz der nordamerikanischen Unterstützung, trotz ihrer Reorganisierung – noch immer nicht in der Lage sind, adäquat den Kampf gegen die Aufständischen zu führen.

    Jaime Zuluaga ist auch einer der Sprecher der kolumbianischen Friedensbewegung und kennt die Folgen einer Politik der Stärke.

    Die Anzahl der Soldaten müsste zumindest verdoppelt und die Modernisierung vorangetrieben werden. Das kostet viel Zeit und viel Geld. Das Land hat aber weder die Zeit noch die Mittel, noch kann es die Bevölkerung jahrelang darauf warten lassen, einen Krieg zu führen, dessen militärischen Ausgang niemand garantieren kann... Krieg ist der schmerzlichste und der teuerste Weg zur Lösung des Konflikts.... Außerdem ist dies bereits ein zutiefst entarteter Krieg, der alle ethischen und politischen Schranken gesprengt hat. Er missachtet die Menschenrechte und hat die Zivilbevölkerung zum Hauptopfer der Konfrontation gemacht.

    Im Kalkül der Regierung spielt der 'Plan Colombia’ eine zentrale Rolle. Er wurde 1999 mit dem Ziel geschaffen, den Drogenhandel zu unterbinden und so auch die Mafia zu schwächen. Denn sie ist ein weiterer Verursacher der Gewalt und vor allem auch der Korruption im Land. Der Plan wurde mit 7,5 Milliarden Dollar ausgestattet. Etwa die Hälfte will Kolumbien im Rahmen eines sog. Friedens-Investment-Fonds aufbringen. Den Rest soll die Weltgemeinschaft beisteuern. Die USA interessieren sich vor allem für den militärischen Teil des Plans. Sie wollen für 1,3 Milliarden Dollar die entsprechende Ausrüstung liefern. Viele Kolumbianer lehnen das Projekt entschieden ab, denn sie befürchten eine weitere Eskalation. Der Konfliktforscher Alberto Pinzón:

    Der 'Plan Colombia’ wurde nicht in Kolumbien gemacht, sondern in den USA. Präsident Pastrana, der gar nicht Herr der Beschlüsse war, wurde er aufgenötigt... Danach erschien in Bogotá Madeleine Albright und erklärte uns ihre sehr simple Strategie zur Lösung des Konflikts: Bisher wurde eine Strategie von Zuckerbrot und Peitsche praktiziert... Der Plan A der Verhandlungen war das Zuckerbrot, und der Plan B des Krieges die Peitsche. Der Plan A ist gescheitert. Deshalb sind wir jetzt für Plan B, ... die militärische Komponente.

    Die Europäische Union distanzierte sich vom 'Plan Colombia’ bereits bei der Madrider Geberkonferenz im Juli 2000. Sie warnte vor den Risiken einer Militarisierung der sozialen und politischen Konflikte. Und sie unterstützte statt dessen mit beträchtlichen Mitteln Projekte zur Stärkung des Rechtsstaats, zur Sicherung der Menschenrechte und zur Bekämpfung der sozioökonomischen Ursachen von Drogenanbau und Bürgerkrieg. Die Regierung Pastrana ihrerseits versuchte mit den Rebellen zu verhandeln, vor allem mit den FARC, den 'Revolutionären Streitkräften Kolumbiens’. Ihr gelang es auch im Februar 2001, das Abkommen von Los Pozos zu schließen. María Emma Mejía, ehemalige Außenministerin, vertrat die offizielle Seite und resümiert die Grundzüge der Übereinkunft.

    Humanisierung des Konflikts, Rückkehr zu einer Ethik der Kriegsführung, die die Zivilbevölkerung respektiert, Einstellen der Feindseligkeiten – das sind die unabdingbaren Voraussetzungen, die die FARC damals anerkannt haben. Leider wurden sie danach nicht verwirklicht... Die Friedensverhandlungen krankten aber auch daran, dass sie nur auf der obersten Ebene stattfanden und die unmittelbar betroffene Zivilgesellschaft weitgehend ausklammerten... Wenn wir also eine Verhandlungsbasis des Vertrauens herstellen wollen, dann müssen wir künftig die gesellschaftlichen Akteure, die nationalen wie die internationalen, einbeziehen.

    Die Friedensbewegung hat sich bei dem Marsch der Frauen gerade erst zu Wort gemeldet. Zuvor hatten 2.000 Kolumbianer auf dem Kongress 'Frieden und Land’ eine breite Front gegen den Krieg gebildet. Dafür hatten sich Vertreter der Indios, Intellektuelle und selbst Unternehmer engagiert. Gleichzeitig ist der offizielle Friedenswille immer weiter gesunken. Anfang des Jahres hatte Präsident Pastrana bereits die mehrfach unterbrochenen Verhandlungen aufgekündigt: die Guerrilla hatte einen Senator gekidnappt.

    Bogotá, am 20. Februar 2002. Heute morgen entführten die FARC auf einem Inlandflug eine Linienmaschine.

    So hieß es in ersten Rundfunk-Berichten.

    Vier Terroristen zwangen sie zu einer höchst riskanten Landung auf einer Autostraße. Zuvor hatten Dutzende von Rebellen die Bäume am Straßenrand gefällt und auf diese Weise eine provisorische Piste hergestellt. Danach ließen sie 36 Passagiere und Besatzungsmitglieder frei, entführten jedoch Senator Jorge Eduardo Gechem Turbay und verschwanden mit ihm in die Berge.

    Pastrana reagierte noch am selben Tag und entzog der Guerrilla den Status einer politischen Organisation. Er erklärte sie damit zu Terroristen und stellte sie auf die gleiche Stufe wie die paramilitärischen Gruppierungen. Diese sog. Schutztruppen der Großgrundbesitzer waren bisher von den Friedensgesprächen ausgeschlossen. Sie werden als Kriminelle wie die Auftragskiller der Mafia betrachtet, weil sie vor allem die Landbevölkerung terrorisieren und oft auch massakrieren und für etwa 70 Prozent der politisch motivierten Gewalttaten verantwortlich sind.

    Am Abend des 20. Februar kündigte Präsident Pastrana die Bombardierung von Stellungen und Siedlungen der FARC in der entmilitarisierten Zone an. Die kolumbianische Luftwaffe warf danach innerhalb von wenigen Stunden über 200 Bomben mit einem Zerstörungsradius von bis zu 100 Metern über 85 strategisch wichtigen Zielen ab. Danach begannen 13.000 Soldaten mit der 'Operation Thanatos’.

    Sie wurde zwar bald wieder eingestellt, weil der an vielen Orten operierende Feind mit einer solchen Blitzaktion nicht zu besiegen war. Die Regierung hatte jedoch Stärke gezeigt, und die Guerrilla hatte sich politisch isoliert. Die öffentliche Meinung schwenkte völlig um. Den FARC wurde im In- und Ausland die Bereitschaft zum Frieden abgesprochen. Jaime Zuluaga.

    Einer der Gründe für das Scheitern des Friedensprozesses während der vergangenen Regierungszeit von Pastrana ist darin zu suchen, dass die Regierung nicht genügend aus den Lektionen der Vergangenheit gelernt hat und deshalb sehr viele Fehler beging... Aber die größere Verantwortung trägt die Guerrilla durch die arrogante Haltung, die sie in der ganzen Zeit eingenommen hat. Sie stützte sich mehr auf ihre militärische Stärke und missachtete die Botschaft der kolumbianischen Bevölkerung, die ihre politische Zurückhaltung aufgab, damit endlich effektive Übereinkünfte erzielt werden konnten.

    Dabei hatten sich beide Konfliktparteien bereits 1999, zu Beginn des neuen Friedensprozesses, auf einen 12-Punkteplan als gemeinsame Ausgangsbasis für alle weiteren Verhandlungen verständigt: auf eine politische Lösung. Alberto Pinzón:

    Eine Landwirtschaftsreform, eine Reform der wirtschaftlichen und politischen Institutionen, eine Strukturveränderung für die Ausbeutung der Rohstoffe, eine Justizreform, eine Territorialreform, eine Staatsreform, eine Reform der Streitkräfte, Übereinkünfte zur Einhaltung der Menschenrechte – alles keine Maximalforderungen und noch nicht einmal revolutionär. Man könnte sie sozialdemokratisch nennen... Es sind dringend nötige Reformen zur Demokratisierung, zur Neugestaltung des Landes.

    Es ist das politische Projekt, für das die 'Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens’ seit ihrer Gründung in den 60er Jahren kämpfen – und dabei seit geraumer Zeit auch die Menschenrechte vergewaltigen. Ein Projekt, das selbst die Regierungsvertreter unterschreiben konnten, denn die politische Klasse ist sich heute weitgehend darin einig, dass Kolumbien nur durch gründliche Reformen vor dem Chaos zu retten ist. Allerdings würden dabei so viele Interessen der Machtelite tangiert , dass sich neuer Widerstand formieren dürfte. Einig sind sich Fachleute wie Kombattanten darin, dass eine Voraussetzung, die kurzfristig umgesetzt werden kann, gegeben sein muss:

    Die Gegner müssen auf der Grundlage eines Waffenstillstands verhandeln. Den gab es beim letzten Mal nicht. Man hat sich in einer entmilitarisierten Zone zusammengesetzt, aber außerhalb wurde weitergekämpft. Man wollte mitten im Krieg Friedensgespräche führen, und die gerieten prompt in die Krise.

    Alberto Pinzón gehörte zuletzt zu einer Kommission von Persönlichkeiten, die ein umfassendes Projekt für den abschließenden Friedensprozess ausarbeiten sollte. Darauf hatten sich Regierung und Guerrilla in einem frühen Stadium der Verhandlungen verständigt.

    Die zentrale Idee ist sehr einfach und geht von dem bilateralen Waffenstillstand, der Herstellung eines politisch günstigen Klimas und einer nationalen Übereinkunft auf der Basis des 12-Punkte-Plans aus. Danach soll eine Verfassungsgebende Nationalversammlung einberufen werden. Ihr Ziel ist die Ausarbeitung einer neuen Verfassung. Deren Inhalt soll dann dem kolumbianischen Volk ausführlich vermittelt werden, damit es schließlich in einem Plebiszit über die neue Verfassung abstimmen kann.

    Die Kommission aus je zwei Vertretern der Regierung und der Guerrilla hält dieses schwierige und langwierige Projekt einer Verfassungsreform für nötig, weil nur so die politischen Forderungen der FARC verankert werden können. Die 'Revolutionären Streitkräfte’ werden sich nicht noch einmal auf das Abenteuer einer Reintegration ins zivile Leben einlassen, ohne dass eine konkrete Perspektive für die Veränderung der Verhältnisse existiert und sie Garantien für die Rückkehr ins Zivilleben erhalten. Denn in der zweiten Hälfte der 80er Jahre gaben viele Guerrilleros den bewaffneten Kampf auf und schlossen sich zu einer politischen Partei zusammen: der Unión Patriótica. Ihr Schicksal lastet bis heute als Trauma auf allen Friedensversuchen. Alberto Pinzón:

    In Kolumbien wurde damals eine ganze politische Bewegung ausgelöscht, die mit Hilfe der FARC und der Kommunistischen Partei sowie einiger anderer Gruppierungen ins Leben gerufen worden war: die Unión Patriótica. Von ihr überlebten lediglich 4 oder 5 Personen nur deshalb, weil sie in die Berge flüchten konnten, wo die Guerrilla ihnen Zuflucht gewährte. Es wurden ungefähr 6.000 Personen von Polizei, Militär, Paramilitärs und Killerkommandos der Mafia umgebracht... Damals lernten die FARC, auf welche brutale Weise man Leute tötet. Und heute wenden sie die gleichen Methoden an, die sie damals gelernt haben.

    Die Aufständischen streben eine neue Verfassung sozusagen als 'Vertrauen stiftende Maßnahme’ an. Sie liegt in weiter Ferne, zumal die beiden Hauptbeteiligten – Regierung und FARC – gegenwärtig eher für den Krieg als für den Frieden zu kämpfen scheinen. Es sind also zunächst andere Schritte nötig, um den 'totalen Krieg’ zu vermeiden. Die Verwirklichung des bereits beschlossenen 12-Punkte-Plans würde die dramatische Situation wesentlich entspannen. Das wird Kolumbien aber nicht aus eigenen Kräften schaffen. Erneut ist die politische Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft gefordert. Jaime Zuluaga:

    Eine Form, aktiv zu werden, besteht darin, dass multilaterale Organisationen – Regierungen oder Institutionen wie die Europäische Gemeinschaft – daran mitwirken, dass Guerrilla und Regierung überhaupt einander näherkommen und die Verhandlungen wieder aufnehmen.

    Die internationale Gemeinschaft sollte vor allem auch auf den neuen Präsidenten einwirken, damit Alvaro Uribe nicht nur an die Verwirklichung des 'Plan Colombia’, sondern auch an die Kolumbianer denkt, an die Zivilbevölkerung, die unter den Auswirkungen kriegerischer Auseinandersetzungen am meisten zu leiden hat.

    Am Anfang muss ein humanitäres Abkommen zum Schutz der Zivilbevölkerung stehen. Um z.B. die Massaker an Dorfbewohnern zu verhindern, muss der Gebrauch von Anti-Personen-Minen ebenso verboten werden wie der in seiner Wirkung unkalkulierbare Einsatz von Gaszylindern. Mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft muss überhaupt der Waffenhandel nach Kolumbien kontrolliert werden.

    Bei den existentiellen Reformen von Gesellschaft, Staat und Wirtschaft wird natürlich auch das finanzielle Engagement des Auslands gefragt sein. Aber ebenso wichtig sind Orientierungshilfen. Noch einmal Jaime Zuluaga:

    Wir verfügen in Kolumbien bereits über die Institutionen einer formalen Demokratie. Jetzt müssen wir die Demokratie realisieren. Dabei benötigen wir die Kooperation der internationalen Gemeinschaft, denn wir müssen uns an die Modelle in einigen europäischen Ländern annähern, z.B. eine unabhängige Justiz verwirklichen, menschenwürdige Lebensbedingungen schaffen, um die Situation der Ausgrenzung und des Elends zu überwinden, die in Lateinamerika und besonders in Kolumbien existiert.