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Haus der Bundespressekonferenz
Das journalistische Herz der Hauptstadt

Von der Deutschen Welle über das Wall Street Journal bis zum Korean Broadcasting System: Im Haus der Bundespressekonferenz arbeiten Journalisten aus aller Welt. Die Stimmung ist meistens gut - nur manchmal gibt es Streit an der Kaffeemaschine.

Von Daniela Siebert |
    Das Haus der Bundespressekonferenz am Ufer der Spree
    Sieben Stockwerke, viel Journalismus: das Haus der Bundespressekonferenz (dpa)
    Das Haus der Bundespressekonferenz ist ein Solitär. Sieben Stockwerke hoch, schnörkellos, von drei Straßen umzingelt und mit dem botanischen Kunstwerk "Parlament der Bäume" als einzigem direkten Nachbarn. Den ersten Eindruck von den Einwohnern bekommt man vor dem Haus: Dort treffen sich die Raucher rund um die Aschenbecher.
    Gerade steht dort David Hörmeyer allein, Mitarbeiter einer Historiker-Kommission mit Büro im Haus. Plaudereien unter Rauchern habe er hier vor allem mit Schweizer Journalisten verrät er. Die Themen: "Koalitionsverhandlungen natürlich, sonst auch immer viel über Sport interessanterweise."
    Journalisten aus aller Welt
    Über eigene Exklusiv-Recherchen tratscht hier keiner. Überhaupt rauchen auch längst nicht mehr so viele Journalisten wie früher, als die Zigarette fast so sehr dazu gehörte wie der Kugelschreiber.
    Im Haus selbst sind die Journalistenkollegen unterschiedlich kommunikativ, viele sind gar nicht in ihren Büros. Keiner öffnet, als ich an die Türen vom Korean Broadcasting System klopfe. Der Chefkorrespondent der japanischen Zeitung Asahi Shimbun will nach Rücksprache mit seinem Mutterhaus lieber kein Interview zu seiner Arbeit hier geben.
    Jeroen Wollaars vom Niederländischen Rundfunk NOS dagegen hat nicht nur die Tür offen stehen, er bittet auch sofort herein. Ein Arbeitsplatz hier? "Ziemlich cool, weil wir der Macht ganz nahe sind. Merkels Haus ist hier, der Bundestag ist hier, die Regierungspressekonferenz ist natürlich hier im Haus. So sind wir wirklich mittendrin."
    Kollegiales Verhältnis
    Seit über zwei Jahren ist Wollaars hier Korrespondent. Er macht sowohl Radio als auch Fernseh- und Online-Berichte für seinen Sender - etwa über die Bundestagswahl. Manche Nachbarn im Haus haben es ihm besonders angetan.
    "Wir sind hier so befreundet mit der taz und da oben sitzt noch ein Spezialist von einem Dokumentationszentrum über den Deutschen Bundestag. Und wenn wir eine Frage haben, zum Beispiel über das deutsche Wahlrecht, dann gehen wir immer zu ihm und dann erklärt er uns supernett und superausführlich."
    Allerdings – ergänzt der Niederländer amüsiert - bekäme er von den taz-Freunden auch oft Schimpfe, weil er in seiner Kaffee-Maschine Alu-Kapseln verwendet.
    Bereichernde Gespräche
    Auch der Deutschlandfunk ist mit seinem Landesstudio Berlin und dem Hauptstadtstudio hier zuhause. Im sechsten Stock, mit direktem Blick aufs Kanzleramt und die West-Berliner Skyline. Leiter des Hauptstadtstudios ist Stephan Detjen. Er genieße die kreativen und anregenden Gespräche, die sich hier im Großraumbüro unter den zwölf Korrespondenten immer wieder ergäben, verrät er. Auch die Nachbarschaft im Haus mit all den anderen Journalisten aus nah und fern erlebt Stefan Detjen als "Informationsbörse".
    "Und dann ist es natürlich so, dass wir im Haus der Bundespressekonferenz in einem Epi-Zentrum der politischen Kommunikation in Berlin sitzen. Die Bundespressekonferenz ist der Verein der Parlamentsjournalistinnen und -journalisten in Berlin, dessen Hauptaufgabe es ist, Pressekonferenzen zu organisieren, immer geleitet von einem Journalisten oder einer Journalistin, einem Mitglied des Vorstandes der Bundespressekonferenz. Das heißt: Wir als Journalisten bestimmen dort selber wie lange Pressekonferenzen dauern, wir sorgen dafür, dass wirklich alle Fragen zugelassen werden."
    Auch Stephan Detjen gehört dem Vorstand des Vereins Bundespressekonferenz an. Obwohl das Gebäude nach dem Verein benannt ist: es gehört dem Versicherungskonzern Allianz.
    Kaum freie Büros
    Veronika Klein kümmert sich um die Belegung des Hauses. Sie empfängt mich in ihrem Musterbüro für Interessenten im zweiten Stock. Dunkelblauer Teppich, ein riesiger hellbrauner Schreibtisch, alles riecht ganz neu.
    "Also wir haben über 100 Mieter, wir haben einen Vermietungsstand von 98 Prozent. Es sind viele Mieter im letzten Jahr neu hinzugekommen und es ziehen eigentlich kaum welche aus, weil die, die hier sind, die fühlen sich wohl. Wir haben einen Schlüssel, dass 60 Prozent der Mieter im Hause im redaktionellen Bereich tätig sind und 40 Prozent sind Vereine und andere Organisationen."
    Möglichst wenig PR im Haus
    Bei diesen nicht-journalistischen Nachbarn habe die Bundespressekonferenz ein Mitspracherecht, wer da einzieht, ergänzt Stephan Detjen:
    "Worauf wir zum Beispiel achten, ist, dass möglichst wenige klassische Lobby-Organisationen – etwa Kommunikationsagenturen – in diesem Haus sind."
    Die, die durchgewunken wurden, sind ein illustrer Reigen: etwa der "Deutsche Verband Tiernahrung", verschiedene Mediziner-Organisationen oder der "Bundesverband der Ruhestandsplaner".
    Schöner Blick von ganz oben
    Den besten Überblick über das Haus, Berlin und den Sonnenuntergang am westlichen Horizont, den haben die Mieter in der obersten siebten Etage. Hier hat die Deutsche Welle ihre Studios. Nebenan sitzt das Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dessen Reporter liefern von hier Berichte für rund ein Dutzend Zeitungen in Städten wie Hannover, Leipzig und Kiel zu den Bereichen Politik, Wirtschaft und Buntes.
    Dieter Wonka ist Chefkorrespondent des Redaktionsnetzwerkes. Er hat in seinem Büro einen Original-Flipper-Automaten aus den 60ern stehen, den er auch benutzt.
    "Das befreit den Kopf, dann geht es nachher umso schneller oder als Belohnung, wenn ich mal eine scharfe Meinung gefunden habe, dann belohne ich mich, indem ich gegen mich selbst flippere."
    Auf einen Kaffee mit der Politik
    Zum Austausch mit den anderen Nachbarn im Haus kommt Dieter Wonka kaum. Dafür habe sich das Arbeitspensum zu sehr verdichtet und beschleunigt. Den Standort und seine Infrastruktur – besonders in den Büros - weiß er dafür umso mehr zu schätzen.
    "Man kann, wenn man keine Zeit hat, die Bundespressekonferenz auf dem Bildschirm beobachten, man trifft viele Politiker durch einen Blick aus dem Fenster in den Lichthof und häufig genug ergeben sich Möglichkeiten, dass man auch vorher oder nachher mit einer Politikerin oder einem Politiker schnell Kaffee trinkt oder eine Nudel isst."
    Dafür kommt auch das Restaurant im Gebäude selbst in Frage: Wer sich an einen der Tische im Lichthof setzt, hat gute Chancen, im Bildhintergrund aufzutauchen, wenn dort mal wieder irgendwelche Prominente vor Fernsehkameras interviewt werden. Ob zu Koalitionsfragen, Sport oder sonstigen Themen der Zeit.