Christian Schütte: Die SPD ist sich also einig über eine kleine Privatisierung. Die Union hält den Vorschlag prinzipiell für diskussionswürdig, sprich dass zunächst nur knapp ein Viertel privatisiert wird. Aber wie bewerten Volkswirte diesen Plan? - Am Telefon ist nun Franz-Josef Leven vom Deutschen Aktieninstitut in Frankfurt. Guten Morgen Herr Leven!
Franz-Josef Leven: Guten Morgen!
Schütte: Herr Leven, ist das Modell, von dem wir gehört haben, das Modell, das die Herzen der Investoren höher schlagen lässt?
Leven: Ich glaube da muss noch ein Stückchen Arbeit geleistet werden, auch ein Stückchen Überzeugungsarbeit bei den Politikern. Für Anleger ist das, was vorgestellt wurde, noch nicht attraktiv.
Schütte: Wer hat denn da die Hausaufgaben nicht gemacht in der Politik?
Leven: Ich glaube das ist die grundsätzliche Einstellung. Wir sagen jedem mittelständischen Unternehmen, das an die Börse gehen will, dass es dann auch fremde Eigentümer mit dabei hat. Fremde Eigentümer wollen mitsprechen und fremde Eigentümer wollen eine gewisse Rendite sehen. Ich habe noch nicht die Bereitschaft der Politik erkannt, und das war ja eben auch wirklich stark betont. Fremde private Investoren sollen auf gar keinen Fall Einfluss haben bei dem Unternehmen Deutsche Bahn, aber sie sollen ihr Kapital zur Verfügung stellen in Form von Aktien, also in Form von Risikokapital. Das passt nicht zusammen.
Wer Risikokapital zur Verfügung stellt, möchte auch mitsprechen. Wenn er keine Mitspracherechte hat, wird er mehr Rendite verlangen. Aber mehr Rendite ist ja im Unternehmen Deutsche Bahn auch schwierig, wenn es gemeinwohlorientiert ist und wenn bestimmte Strecken aufrecht erhalten werden sollen aus politischen, nicht aus ökonomischen Gründen. Das heißt ein Unternehmen, das weder Rendite noch Mitspracherechte verspricht, wird es schwierig haben, am Markt Aktionäre zu finden, die bereit sind, Kapital da ins Risiko zu stellen.
Schütte: Das heißt Sie sagen also, die Bahn-Aktie so wie sie jetzt derzeit von der SPD geplant wird, ist ein Ladenhüter?
Leven: Ob sie ein Ladenhüter ist, weiß ich nicht. Es gibt immer noch den Ausweg, dass man bestimmte Mindestrendite garantiert, für die dann im Zweifel der Steuerzahler einzustehen hätte. Das heißt, dann könnte man auch gleich die ganze Bahn beim Steuerzahler belassen, anstatt einen Teil davon scheinzuprivatisieren.
Schütte: Der Teilverkauf soll dem Bund als Eigentümer des Netzes Geld bringen. Was ist Ihre Einschätzung? Wie groß wäre der Geldsegen, der da dann kommt?
Leven: Das müsste man mal genau durchrechnen. Es gibt ja dicke Gutachten von den verschiedenen Investmentbanken, was welcher Betriebsteil Wert ist. Letztlich kommt es auf den Ertragswert dessen an, was dort an die Börse gebracht werden soll. Das wird sich irgendwo nach dem was bisher an anderen Modellen bekannt ist im niedrigen einstelligen Milliardenbereich bewegen. Genaueres kann ich deshalb noch nicht dazu sagen. Ich würde aber sagen es ist gemessen an dem, was die Deutsche Bahn an Potenzial mitbringt, zu wenig, als dass da ein Viertel schon verkauft werden sollte.
Schütte: Die Privatisierung könnte mit einer anderen Konstellation, einer anderen politischen Konstellation im Bund nach der nächsten Bundestagswahl weiter vorangetrieben werden. Ist dies das, worauf Investoren vielleicht heute schon spekulieren?
Leven: Das wäre eine Spekulation auf den Ausgang der nächsten Bundestagswahl.
Schütte: Aber es wäre wünschenswert? Sagen wir so, dass sich die Aktionäre, die Bänker wünschen würden, es geht weiter mit der Privatisierung?
Leven: Es wäre im Interesse des Unternehmens Deutsche Bahn und einer klaren Ausrichtung vor allen Dingen wünschenswert, das klar wäre, ob diese 24,9 Prozent ein erster Schritt wären, oder ob langfristig geplant ist, doch mehr an die Börse zu bringen und vor allen Dingen mehr an die Börse gebracht wird, ob das auch dann mit dem möglichen Einfluss von privaten Anlegern auf die Unternehmenspolitik zu verbinden wäre.
Ich sehe das Problem an einer anderen Stelle. Wir haben verkehrspolitisch, nicht finanzpolitisch die Hausaufgaben noch nicht erledigt. Wir müssen uns entscheiden - und das ist mehr eine politische Entscheidung -, wollen wir eine Bahn, die ich sage jetzt mal despektierlich bis ins letzte Tal und bis zum letzten Wattenmeergehöft Dienstleistungen auf der Schiene erbringt. Das ist eine Bahn, die steuerlich subventioniert werden muss, die staatlich letztlich unterhalten werden muss. Oder wollen wir eine Bahn, die sich an erwerbswirtschaftlichen Prinzipien orientiert, das heißt die dort Verkehr anbietet, wo genug Nachfrage da ist. Diese Nachfrage kann auch vom Staat subventioniert sein, aber sie müsste entsprechend als Nachfrage am Markt wirksam werden. Dann kann das Unternehmen privatwirtschaftlich organisiert sein.
Wenn letztlich diese Entscheidung, an der sich die Politik bislang vorbeigedrückt hat, getroffen ist, dann kann eine Entscheidung getroffen werden über die Finanzierungsform und dann kann es sein, dass gesagt wird gut, wir können das über die Börse machen, oder es wird gesagt, das Unternehmen in dieser Form, mit dieser politischen Zielsetzung ist nicht börsenfähig. Dann muss man die Konsequenzen daraus ziehen und danach kann man über den Börsengang entscheiden.
Schütte: Herr Leven, noch zum Schluss. Höre ich daraus, dass Sie durchaus es so einschätzen, dass wenn größere Teile der Bahn privatisiert werden es zu Streckenstilllegungen kommt?
Leven: Sie können nicht von einem privaten Anleger erwarten, dass er aus seiner Tasche subventioniert, dass irgendwo auf einer Strecke unwirtschaftlicher Verkehr betrieben wird. Sie werden genauso von keinem Anleger erwarten, dass er bei einem Automobilunternehmen unwirtschaftliche Produktlinien finanziert, nur weil es irgendjemandem so gefällt.
Schütte: Franz-Josef Leven, Volkswirt am Deutschen Aktieninstitut in Frankfurt. Ich danke Ihnen für das Gespräch!
Leven: Bitte sehr!
Franz-Josef Leven: Guten Morgen!
Schütte: Herr Leven, ist das Modell, von dem wir gehört haben, das Modell, das die Herzen der Investoren höher schlagen lässt?
Leven: Ich glaube da muss noch ein Stückchen Arbeit geleistet werden, auch ein Stückchen Überzeugungsarbeit bei den Politikern. Für Anleger ist das, was vorgestellt wurde, noch nicht attraktiv.
Schütte: Wer hat denn da die Hausaufgaben nicht gemacht in der Politik?
Leven: Ich glaube das ist die grundsätzliche Einstellung. Wir sagen jedem mittelständischen Unternehmen, das an die Börse gehen will, dass es dann auch fremde Eigentümer mit dabei hat. Fremde Eigentümer wollen mitsprechen und fremde Eigentümer wollen eine gewisse Rendite sehen. Ich habe noch nicht die Bereitschaft der Politik erkannt, und das war ja eben auch wirklich stark betont. Fremde private Investoren sollen auf gar keinen Fall Einfluss haben bei dem Unternehmen Deutsche Bahn, aber sie sollen ihr Kapital zur Verfügung stellen in Form von Aktien, also in Form von Risikokapital. Das passt nicht zusammen.
Wer Risikokapital zur Verfügung stellt, möchte auch mitsprechen. Wenn er keine Mitspracherechte hat, wird er mehr Rendite verlangen. Aber mehr Rendite ist ja im Unternehmen Deutsche Bahn auch schwierig, wenn es gemeinwohlorientiert ist und wenn bestimmte Strecken aufrecht erhalten werden sollen aus politischen, nicht aus ökonomischen Gründen. Das heißt ein Unternehmen, das weder Rendite noch Mitspracherechte verspricht, wird es schwierig haben, am Markt Aktionäre zu finden, die bereit sind, Kapital da ins Risiko zu stellen.
Schütte: Das heißt Sie sagen also, die Bahn-Aktie so wie sie jetzt derzeit von der SPD geplant wird, ist ein Ladenhüter?
Leven: Ob sie ein Ladenhüter ist, weiß ich nicht. Es gibt immer noch den Ausweg, dass man bestimmte Mindestrendite garantiert, für die dann im Zweifel der Steuerzahler einzustehen hätte. Das heißt, dann könnte man auch gleich die ganze Bahn beim Steuerzahler belassen, anstatt einen Teil davon scheinzuprivatisieren.
Schütte: Der Teilverkauf soll dem Bund als Eigentümer des Netzes Geld bringen. Was ist Ihre Einschätzung? Wie groß wäre der Geldsegen, der da dann kommt?
Leven: Das müsste man mal genau durchrechnen. Es gibt ja dicke Gutachten von den verschiedenen Investmentbanken, was welcher Betriebsteil Wert ist. Letztlich kommt es auf den Ertragswert dessen an, was dort an die Börse gebracht werden soll. Das wird sich irgendwo nach dem was bisher an anderen Modellen bekannt ist im niedrigen einstelligen Milliardenbereich bewegen. Genaueres kann ich deshalb noch nicht dazu sagen. Ich würde aber sagen es ist gemessen an dem, was die Deutsche Bahn an Potenzial mitbringt, zu wenig, als dass da ein Viertel schon verkauft werden sollte.
Schütte: Die Privatisierung könnte mit einer anderen Konstellation, einer anderen politischen Konstellation im Bund nach der nächsten Bundestagswahl weiter vorangetrieben werden. Ist dies das, worauf Investoren vielleicht heute schon spekulieren?
Leven: Das wäre eine Spekulation auf den Ausgang der nächsten Bundestagswahl.
Schütte: Aber es wäre wünschenswert? Sagen wir so, dass sich die Aktionäre, die Bänker wünschen würden, es geht weiter mit der Privatisierung?
Leven: Es wäre im Interesse des Unternehmens Deutsche Bahn und einer klaren Ausrichtung vor allen Dingen wünschenswert, das klar wäre, ob diese 24,9 Prozent ein erster Schritt wären, oder ob langfristig geplant ist, doch mehr an die Börse zu bringen und vor allen Dingen mehr an die Börse gebracht wird, ob das auch dann mit dem möglichen Einfluss von privaten Anlegern auf die Unternehmenspolitik zu verbinden wäre.
Ich sehe das Problem an einer anderen Stelle. Wir haben verkehrspolitisch, nicht finanzpolitisch die Hausaufgaben noch nicht erledigt. Wir müssen uns entscheiden - und das ist mehr eine politische Entscheidung -, wollen wir eine Bahn, die ich sage jetzt mal despektierlich bis ins letzte Tal und bis zum letzten Wattenmeergehöft Dienstleistungen auf der Schiene erbringt. Das ist eine Bahn, die steuerlich subventioniert werden muss, die staatlich letztlich unterhalten werden muss. Oder wollen wir eine Bahn, die sich an erwerbswirtschaftlichen Prinzipien orientiert, das heißt die dort Verkehr anbietet, wo genug Nachfrage da ist. Diese Nachfrage kann auch vom Staat subventioniert sein, aber sie müsste entsprechend als Nachfrage am Markt wirksam werden. Dann kann das Unternehmen privatwirtschaftlich organisiert sein.
Wenn letztlich diese Entscheidung, an der sich die Politik bislang vorbeigedrückt hat, getroffen ist, dann kann eine Entscheidung getroffen werden über die Finanzierungsform und dann kann es sein, dass gesagt wird gut, wir können das über die Börse machen, oder es wird gesagt, das Unternehmen in dieser Form, mit dieser politischen Zielsetzung ist nicht börsenfähig. Dann muss man die Konsequenzen daraus ziehen und danach kann man über den Börsengang entscheiden.
Schütte: Herr Leven, noch zum Schluss. Höre ich daraus, dass Sie durchaus es so einschätzen, dass wenn größere Teile der Bahn privatisiert werden es zu Streckenstilllegungen kommt?
Leven: Sie können nicht von einem privaten Anleger erwarten, dass er aus seiner Tasche subventioniert, dass irgendwo auf einer Strecke unwirtschaftlicher Verkehr betrieben wird. Sie werden genauso von keinem Anleger erwarten, dass er bei einem Automobilunternehmen unwirtschaftliche Produktlinien finanziert, nur weil es irgendjemandem so gefällt.
Schütte: Franz-Josef Leven, Volkswirt am Deutschen Aktieninstitut in Frankfurt. Ich danke Ihnen für das Gespräch!
Leven: Bitte sehr!