Pläne der Ampelkoalition
Haushaltsentwurf für 2025 mit großen Fragezeichen

Die Ampelkoalition hat sich mühsam auf einen Haushaltsentwurf für 2025 verständigt - und musste kurz danach schon nachbessern. Am Etatplan von Finanzminister Lindner (FDP) gibt es massive Kritik. Warum der Haushalt noch längst nicht beschlossen ist.

    Der Taschenrechner, als iPhone App, liegt neben Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, zu Beginn der Sitzung des Bundeskabinetts im Kanzleramt auf dem Kabinettstisch. Auf der Tagesordnung standen am 17. Juli 2024 unter anderem die Reform der Notfallversorgung und der Bundeshaushalt.
    Finanzminister Christian Lindners Haushaltsrechnungen kann nicht jeder in der Koalition nachvollziehen. (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Gleich zweimal hat sich die Ampelkoalition im Sommer auf Eckdaten für den Haushaltsentwurf 2025 geeinigt. Der überarbeitete Entwurf wird kontrovers diskutiert und soll vom Parlament voraussichtlich Ende 2024 beschlossen werden. Doch er weist immer noch eine milliardenschwere Finanzierungslücke auf - und der Haushalt ist auch innerhalb der Ampel umstritten.

    Inhalt

    Was steht in Lindners Haushaltsentwurf für 2025?

    Im Juli verkündete die Koalition nach wochenlangen Verhandlungen eine Haushaltseinigung. Eine Nettoneuverschuldung von knapp 44 Milliarden Euro war vorgesehen. Dennoch klaffte im Entwurf weiter eine Lücke von 17 Milliarden Euro – die sogenannte globale Minderausgabe. Ein Teil davon sollte durch nicht verbrauchte Mittel der Ministerien im Haushaltsvollzug 2025 gestopft werden.
    Grafik-Diagramm Nr. 107649, Format noch offen, "Entwurf des Bundeshaushalts 2025"; Grafik: J. Reschke, P. Massow; Redaktion: J. Schneider, B. Schaller
    Eckwerte des Bundeshaushalts (19.08.2024) (picture alliance/dpa/dpa Grafik | dpa-infografik GmbH)
    Mitte August einigten sich die Spitzen der Koalition dann auf einen überarbeiteten Entwurf. Die Neuverschuldung soll demnach bei 51,3 Milliarden Euro liegen und damit unter der laut Schuldenregel im Grundgesetz zulässigen Nettokreditaufnahme. Grund für den neuen Entwurf: Mehrere Gutachten hatten Zweifel an der Machbarkeit von Finanzierungsmodellen aufkommen lassen, was koalitionsinterne Nachverhandlungen zur Folge hatte.
    Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) gelang es bei den erneuten Gesprächen allerdings nur, die ursprüngliche Lücke von 17 auf 12 Milliarden Euro zu verringern. Die 12-Milliarden-Euro-Lücke ist die größte in einem Regierungsentwurf für den Bundesetat in den vergangenen zwanzig Jahren.
    Größter Einzelposten bleibt laut Entwurf der Etat von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mit knapp 179,3 Milliarden Euro. Vor allem Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) darf mehr Geld ausgeben, gleiches gilt für Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD).

    Wie und wann wird der Haushalt beraten und beschlossen?

    Der Entwurf stand im September erstmals im Bundestag zur Debatte. Es ist üblich, dass bei den folgenden Parlamentsberatungen noch Änderungen am Haushalt vorgenommen werden. Im November soll die endgültige Fassung des Haushalts dann vom Bundestag beschlossen werden.
    Die politische Besonderheit in diesem Jahr: Im September stehen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg Landtagswahlen an. Und der Ausgang dieser Wahlen könnte die Konflikte um den Haushalt innerhalb der Ampelkoalition zusätzlich verkomplizieren. Wer eine Wahl verliert, könnte bestrebt sein, sich in der Etatfrage besonders zu profilieren und durchzusetzen. Schon bei der Aufstellung des Entwurfs stand die Ampel nach Meinung mancher Beobachter vor dem Scheitern.

    Welche Streitpunkte gibt es weiterhin in der Ampelkoalition?

    Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) fordert seit Monaten deutlich mehr Geld. Die parlamentarischen Beratungen seien am Ende entscheidend, sagte Pistorius, der für die „Zeitenwende“ und die Aufrüstung der Bundeswehr zusätzliche Mittel will. Auch die finanzielle Unterstützung der Ukraine sorgt für Streit innerhalb der Koalition.
    Bei den Grünen setzt man wie Pistorius auf das anstehende parlamentarische Verfahren. Vor allem bei den Ressorts Auswärtiges und Entwicklungshilfe gibt es laut Entwurf Kürzungen. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge fordert mehr Geld für die internationale Hilfe. Offen ist auch der koalitionsinterne Streit um die Kindergrundsicherung. Es ist absehbar, dass der Bundestag den Haushaltsentwurf - wie immer - an mehreren Stellen korrigieren wird.
    Auch der generelle Kurs in der Haushalts- und Finanzpolitik ist innerhalb der Ampel umstritten: SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sprach mit Blick auf Lindners Pläne, die ja mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) abgestimmt sind, skeptisch-distanziert von „Kunstgriffen“. Mützenich und andere Politiker aus den Reihen von der SPD und Grünen treten seit Monaten für eine Reform der Schuldenbremse ein, um mehr Investitionen unter anderem in Infrastruktur, Bildung und Klimaschutz zu ermöglichen.
    Finanzminister Lindner betonte bei der Vorstellung der Haushaltsplanungen hingegen die Einhaltung der Schuldenbremse und der europäischen Schuldenregeln. Der Haushalt sei aber kein „Sparhaushalt“, sondern der Einstieg in die „Wirtschaftswende“. Nach der Vorlage des überarbeiteten Entwurfs im August äußerten sich mehrere Politiker kritisch über den Zustand der Koalition. Auch nach Meinung von politischen Beobachtern zeigt sich zunehmend, dass diese Koalition nur noch zu Minimalkompromissen in der Lage ist. Die Grünen bezeichneten die Ampel als "Übergangsregierung". Und Habeck äußerte sich abfällig über Finanzminister Lindner.

    Wie schätzen Fachleute den Haushaltsentwurf 2025 ein?

    Für rechtlich riskant hält der Münchner Staatsrechtler Stefan Korioth die Etatplanungen. Als "das größte Problem bei diesem Kompromiss" sieht er die hohe globale Minderausgabe an, also die Annahme, dass 12 Milliarden Euro zwar verplant, am Ende voraussichtlich aber doch nicht ausgegeben werden. Dieses Instrument sei zwar üblich, aber nicht in der Höhe, sagte er dem "Tagesspiegel". Es sei unklar, von welchen Erfahrungswerten die Koalition hier ausgehe. "Und daher stellt sich die Frage, ob hier nicht einfach eine Unterdeckung verschleiert werden soll", so Korioth.
    Der Finanzwissenschaftler Thiess Büttner äußerte sich in der ARD unter anderem kritisch zum Vorhaben von Lindner, weniger Geld für das Bürgergeld auszugeben – aber dies ohne Leistungskürzung. Deshalb könnten einige Etatzahlen bis November, Dezember „durcheinander“ geworfen werden.

    Was sind die Hauptkritikpunkte der Opposition?

    Die CDU/CSU-Fraktion hält die Planungen der Ampel für unseriös und hart an der Grenze zur Verfassungsmäßigkeit. „Mit Scheinlösungen versucht die Regierung, Handlungsfähigkeit vorzutäuschen“, kritisierte der CDU-Finanzpolitiker Christian Haase. Der CDU-Chef und Oppositionsführer im Bundestag, Friedrich Merz, forderte ein stärkeres Anwachsen des Verteidigungshaushalts.
    Der Haushaltsentwurf diene einzig dem Machterhalt der Ampel und sei „eine üble Mixtur aus Luftbuchungen, Tricks und haushaltsrechtlich fragwürdigen Praktiken“, so die Kritik der CDU/CSU. Die Ampel betreibe eine Finanzpolitik nach dem Motto „Nach uns die Sintflut“, kritisierte die AfD im Bundestag. Der Etatentwurf zementiere die Ungleichheit in Deutschland, hieß es von der Linken. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht sprach vom "schlechtesten Haushalt in der Geschichte der Bundesrepublik". Auch der überarbeitete Etatentwurf löste scharfe Kritik der Opposition aus.

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