Der Blick zurück scheint zu signalisieren: alles in Ordnung in der Wirtschaft. Denn der Staat, also Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen, haben im vergangenen Jahr ein sattes Plus von 58 Milliarden Euro erzielt. Das ist ein Rekordüberschuss und entspricht einer Quote gemessen am Bruttoinlandsprodukt von 1,7 Prozent. Ein beruhigendes Finanzpolster also, so scheint es. Das sieht Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, anders:
"Der Staat hat ja in den zurückliegenden Jahren, wo die Steuereinnahmen gesprudelt sind, sehr viel neue Ausgaben beschlossen. Und diese Ausgaben müssen eben auch finanziert werden, wenn die Konjunktur nicht mehr so gut läuft, und das wird, sage ich Ihnen, in ein, zwei Jahren zu einem deutlichen Problem werden."
Ifo-Index sinkt zum sechsten Mal
Schon vor einigen Wochen hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz angekündigt, bis 2023 werde es eine Finanzierungslücke von insgesamt knapp 25 Milliarden Euro geben. Denn die Konjunktur läuft nicht mehr so gut, das zeigt heute auch wieder der ifo-Geschäftsklimaindex. Er sank zum sechsten Mal infolge auf den nun niedrigsten Wert seit Dezember 2014. Ökonomen hatten schon mit einem weiteren Rückgang gerechnet, deshalb zeigte sich Andreas Scheuerle, Volkswirt der Dekabank, noch recht gelassen:
"Der Rückgang des Ifo war nicht stark genug, dass die Alarmglocken schrillen, aber er war auch nicht schwach genug, um eine Entspannung zu erzeugen. Wir befinden uns hier im konjunkturellen Graubereich."
Die befragten 9000 Unternehmen bewerteten im Februar sowohl ihre aktuelle Geschäftslage als auch die Erwartungen schlechter. Für bemerkenswert hält Commerzbank-Chefvolkswirt Krämer jedoch vor allem eine Entwicklung:
"Was mich auch beunruhigt ist, dass das Ifo-Geschäftsklima für den Dienstleistungssektor jetzt seit einigen Monaten fällt. Der Dienstleistungssektor bedient ja vor allem die Binnennachfrage, Das heißt, die Binnennachfrage ist nicht mehr der Fels in der Brandung und das ist schon bedenklich."
Brexit, Zölle, Handelskonflikte – Risiken lauern
Denn die Exporterwartungen waren in den letzten Monaten schon gesunken. Grund sind dabei vor allem der drohende Brexit und die schwelenden Handelskonflikte. Denn wenn China schwächele, dann leide auch Deutschland, erklärt Krämer:
"Hinzu kommen natürlich auch die Drohungen des amerikanischen Präsidenten, Autozölle einzuführen. Und in dem Zusammenhang verstehe ich nach wie vor nicht, warum die Europäische Union nicht mehr tut, um Trump einfach den Wind aus den Segeln zu nehmen. Denn wir verlangen ja gegenwärtig auf Autos aus Amerika mit 10 Prozent einen höheren Zoll als die zweieinhalb Prozent, die nur die Amerikaner verlangen. Warum haben wir unsere Zölle nicht gesenkt auf das niedrigere amerikanische Niveau? Dann hätte Trump zu Hause einen Erfolg verkaufen können."
Deutschland aber dürfte von Autozöllen heftiger getroffen werden als die Nachbarländer. Immerhin: Nach den Schwierigkeiten mit dem neuen Abgasstandard WLTP fährt die deutsche Autoindustrie ihre Produktion wieder hoch, das dürfte unter anderem die Wirtschaft im ersten Quartal beflügeln. Für den weiteren Jahresverlauf aber ist das noch unsicher.