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Haushaltsentwurf
"Wir investieren nicht weniger"

"Olaf Scholz setzt die Politik fort, die wir für richtig halten", sagte der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach im Dlf. Das tue der Finanzminister und SPD-Politiker, indem er keine neuen Schulden mache und viele Investitionen voranbringe. Schwerpunkt sei unter anderem der Breitbandausbau.

Hans Michelbach im Gespräch mit Silvia Engels |
    Der CSU-Politiker Hans Michelbach
    Der CSU-Politiker Hans Michelbach (imago stock&people)
    Silvia Engels: Prämiere in Berlin. Bundesfinanzminister Scholz hat heute früh im Kabinett seinen ersten Haushaltsentwurf vorgestellt. Und für den SPD-Politiker wird es offenbar direkt ein hartes Ringen ums Geld. Vorab wurde nämlich schon bekannt, dass Verteidigungsministerin von der Leyen deutlich mehr Milliarden für die Bundeswehr will, als der Finanzminister das so eingeplant hat.
    Am Telefon mitgehört hat Hans Michelbach von der CSU. Er ist der Obmann seiner Fraktion im Finanzausschuss des Bundestages. Guten Tag, Herr Michelbach.
    Hans Michelbach: Guten Tag. – Hallo!
    Engels: Wir haben es gehört: Der Bund will mittelfristig eher weniger Geld in öffentliche Investitionen stecken und setzt dabei auf die Länder. Eine gute Idee?
    Michelbach: Nein, wir investieren nicht weniger. Die Grundlage, warum wir jetzt im Investitionshaushalt nach 2020 eine geringe Lücke haben, ist der Grund beim Breitbandausbau. Wir haben den Breitbandausbau, der wichtig und notwendig ist für die Digitalisierung, bis 2020 veranschlagt. Danach soll der Ausbau aus einem Fonds finanziert werden, der aus der Versteigerung der sogenannten 5G-Lizenzen gespeist werden soll. Das heißt, wir haben zu erwarten, dass hier bei der Ausschreibung viele Milliarden zusätzlich kommen, die dann für diesen Ausgabenbereich im Haushalt zur Verfügung stehen, und wir wollen natürlich nicht Doppelansätze haben. Es muss einmal investiert werden.
    Es ist richtig, dass der Bund-Länder-Finanzausgleich die Länder stärker auch unterstützt von zehn Milliarden. Aber es liegt bei den Investitionen insbesondere bei der Splittung im Breitbandausbau.
    "Die Verkehrsinvestitionen des Bundes steigen 2018 um rund 1,4 Milliarden Euro"
    Engels: Das heißt, digitale Investition soll im Gesamtverlauf eher größer werden als kleiner?
    Michelbach: Ja. Wir haben ja hier einen absoluten Schwerpunkt. Wir haben bei der Haushaltsberatung bei den Koalitionsverhandlungen im Koalitionsvertrag zunächst einmal die prioritären Maßnahmen festgelegt. Wir sind überzeugt, dass es weitere Spielräume gibt, zum Beispiel auch für Verteidigung und andere notwendige Investitionen. Aber wir wollen erst nach zwei Jahren eine Effizienzprüfung durch den Haushaltsausschuss, durch die Finanzpolitiker durchführen und dann sehen, was zusätzlich an Möglichkeiten entsteht. Insgesamt muss man sagen, noch nie hatte ein deutscher Finanzminister so gute finanzielle Verhältnisse und Chancen für die Zukunft, wie das im Moment der Fall ist.
    Engels: Wie steht es denn mit anderen wichtigen Infrastrukturprojekten, beispielsweise dem Verkehrsaufbau, der Nachrüstung von maroden Verkehrswegen, wenn mittelfristig der Bund auch hier möglicherweise etwas zurückfährt? Kann das dann überhaupt alles geleistet werden?
    Michelbach: Die Verkehrsinvestitionen des Bundes steigen 2018 um rund 1,4 Milliarden Euro auf 14,2 Milliarden Euro. Das ist ein Rekordansatz. Dies bedeutet einen Aufwuchs von fast 40 Prozent seit Beginn der letzten Legislaturperiode, also 2014. Das ist absolut hochwertig und die Frage stellt sich immer, kann das überhaupt baulich umgesetzt werden. Diese 14,2 Milliarden sind in den Folgehaushalten '19, '20, '21, '22 fortgeschrieben. Das ist so ehrgeizig und ein solches Förderprogramm auch für die Verkehrsinvestitionen, dass ich denke, das ist in Ordnung.
    Das Gleiche gilt auch bei Bildung, Wissenschaft und Forschung, auch ein Schwerpunkt. Hier wird der Ansatz auf 17,6 Milliarden hochgezogen. Das ist eine Steigerung von 28 Prozent und ich denke, die Zukunft kann hier letzten Endes mit Investitionen sehr, sehr intensiv bearbeitet werden.
    Engels: Das heißt, hier scheinen Sie einverstanden zu sein mit Herrn Scholz. Sind Sie denn auch einverstanden damit, dass der Verteidigungsetat weniger stark wachsen soll, als Frau von der Leyen das gerne hätte, die Ministerin?
    Michelbach: Zunächst setzt der Bundesfinanzminister Olaf Scholz die Politik, die wir für richtig halten, fort, indem er keine neuen Schulden macht, indem er viele Investitionen voranbringt und neue Zukunftsaufgaben angeht im Bereich der Familien, der Kinder und insbesondere auch bei Bauen und Wohnen, gleichwertige Lebensverhältnisse. All das ist genau das, was wir schon uns vorgenommen haben.
    Engels: Das heißt, Frau von der Leyen muss dann zurückstecken?
    Michelbach: Frau von der Leyen hat einen Aufwuchs. Natürlich ist ihr das nicht genug, das ist ja bekannt. Aber wir müssen ihr natürlich sagen: Wenn es neue Spielräume über die prioritären Maßnahmen gibt, dann werden wir mit ihr verhandeln. Aber es ist natürlich notwendig, dass wir gerade bei den Kindergärten, bei der Erhöhung des Kindergeldes, Bekämpfung der Kinderarmut, aber auch bei Bauen und Wohnen für mehr Wohnraum einfach Prioritäten in Deutschland setzen müssen. Deswegen müssen wir alle bereit sein, auf einen Kompromiss hinzuarbeiten.
    "Die Maßlosigkeit bei Frau Nahles ist ja bekannt"
    Engels: Dann kommt auch noch ein Ausgabenwunsch aus einer etwas anderen Ecke. SPD-Fraktionschefin Nahles meldet sich zu Wort. Sie möchte die Überschüsse aus der Arbeitslosenversicherung verwenden. Sie will nicht die Beiträge senken für diejenigen, die einzahlen, sondern damit mehr Fortbildung für Arbeitslose finanzieren. Was sagen Sie?
    Michelbach: Ich muss ganz ehrlich sagen: Die Maßlosigkeit bei Frau Nahles ist ja bekannt. Wir haben über 90 Milliarden Zuschüsse aus Steuergeldern in dem Bereich Arbeit und Soziales. Die Sozialinvestitionsquote ist inzwischen bei über 50 Prozent. Das kann sich kein Land der Welt leisten. Im Übrigen ist die Arbeitslosenversicherung keine Sparkasse. Das ist Geld der Beitragszahler, der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber, und kann nicht zur Beliebigkeit der Politik irgendwie eingesetzt werden. Wenn sie Bedarf hat in einem Haushalt, dann muss das über den Haushalt, über die Steuerfinanzierung gehen, aber es kann nicht ein Steinbruch bei den Beitragszahlern vorgenommen werden.
    "Ich erwarte Sparanstrengungen der EU-Kommission"
    Engels: Dann schauen wir noch auf andere Begehrlichkeiten. Uns erreichen nämlich Meldungen aus Brüssel. Da will ja heute die EU-Kommission ihre mittelfristige Finanzplanung vorstellen. Nach Medienberichten erwartet EU-Haushaltskommissar Oettinger, dass Deutschland mittelfristig zusätzlich elf bis zwölf Milliarden Euro mehr pro Jahr in den EU-Haushalt überweist. Das gilt vor allem deshalb, da ja eine Lücke aufreißt, wenn Großbritannien die EU verlässt. Stellen Sie sich auf solche Mehrbelastungen ein?
    Michelbach: Diese Forderung von Herrn Oettinger halte ich für absolut illusorisch. Deutschland ist auch nicht die Melkkuh der Europäischen Union. Ich erwarte deutlichere Sparanstrengungen der EU-Kommission, zum Beispiel die Notwendigkeit der zahlreichen EU-Agenturen zu überprüfen, warum es natürlich in vielen Bereichen hier Gelder gibt und teilweise die Gelder ja gar nicht ausgeschöpft werden. Wir haben hier bei der EU einen riesen Überhang an Mitteln, die gar nicht abgerufen werden von den Ländern, und eine kleinere Europäische Union braucht per se doch nicht mehr Geld. Weniger Einwohner brauchen auch weniger Geld. Und die Frage des gemeinsamen Grenzschutzes, dass daran gezogen wird, das kann man in einem Sonderhaushalt mal darstellen. Aber generell um 20 Prozent den EU-Haushalt zu erhöhen und mit dem Brexit zu begründen, halte ich für völlig falsch, und wir werden uns natürlich hier auch gerade im Haushalt und bei den Finanzen der Bundesrepublik Deutschland massiv dagegenstellen, dass hier ein Ausverkauf unserer Interessen in dieser Form stattfindet. Die Forderung aus Brüssel mit dem Entwurf für die mittelfristigen Finanzen müssen wir letzten Endes als sachfremd zurückweisen.
    Engels: Sie haben gesagt, an einigen Fördermitteln könne man doch zurückfahren. Welche genau meinen Sie?
    Michelbach: Ja, da gibt es viele, zum Beispiel Struktur- und Kohäsionsfördertöpfe, die nicht einmal zu 20, 30 Prozent ausgeschöpft sind. Da gibt es gerade auch in Ländern einen totalen Überhang und das muss alles mal überprüft werden. Der Herr Oettinger tut gut daran, zunächst einmal vor der eigenen Tür zu kehren, bevor er solche Forderungen an die Beitrittsländer, an die EU-Länder praktisch adressiert.
    Engels: Hans Michelbach (CSU), Obmann seiner Fraktion im Finanzausschuss des Bundestages. Vielen Dank für das Gespräch heute Mittag.
    Michelbach: Vielen Dank, frau Engels.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.