Kommentar zur Haushaltseinigung
Der nächste Ampelstreit kommt sicher

Die Einigung in Sachen Haushaltstreit ist kein Befreiungsschlag, sondern ein notdürftiger Kompromiss, kommentiert Jörg Münchenberg. Beim Thema Schuldenbremse zeige sich bereits: Lange wird der Frieden nicht halten.

Ein Kommentar von Jörg Münchenberg |
    Finanzminister Christian Lindner (r, FDP), Bundeskanzler Olaf Scholz (M, SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (l, Bündnis 90/Die Grünen) geben ein Pressestatement.
    Es bleiben viele Hintertüren, und der nächste Ampelstreit kommt bestimmt, kommentiert Jörg Münchenberg. (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
    Es ist nicht der große Befreiungsschlag, den die Ampelspitzen nach dem tiefgreifenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor vier Wochen jetzt abgeliefert haben. Stattdessen ähnelt das ganze Vorhaben Haushalt 2024 auch dem heutigen Auftritt von Kanzler, Vizekanzler und Finanzminister: Vieles bleibt nebulös oder wirkt bemüht, eine große Linie ist nicht erkennbar.
    Genau das aber spiegelt auch den aktuellen Zustand dieser Koalition wider. Längst haben Grüne, SPD und FDP ihre Gemeinsamkeiten weitgehend aufgebraucht. Jeder wurstelt mehr oder weniger vor sich hin und versucht, von den eignen Projekten zu retten, was noch zu retten ist.
    Natürlich lebt gerade ein komplexes Dreierbündnis von Kompromissen – und Haushaltsverhandlungen, bei denen es plötzlich gilt, ein 17 Milliarden-Euro-großes Defizit zu beheben, stellen sicherlich jede Koalition vor enorme Herausforderungen. Zumal angesichts der äußerst knappen Zeit, schließlich soll der neue Etat schon bald in Kraft treten.

    Notbremse für die Schuldenbremse  

    Doch wie notdürftig sich die Ampel jetzt noch einmal zusammengerauft hat, zeigt der heute präsentierte Kompromiss. Da ist etwa der Dauerstreit um die Schuldenbremse. Formal soll sie jetzt weitgehend im neuen Jahr wieder eingehalten werden. Sollte sich die Lage in der Ukraine aber deutlich zuspitzen, könnte die Ampel die Notbremse ziehen und erneut den Haushaltsnotstand ausrufen.
    Das aber ist nicht nur eine Hintertür, sondern Ausdruck eines bestehenden Grundsatzstreits um den Umgang mit den Staatsfinanzen. SPD und Grüne werden hier nicht lockerlassen, zumal die Wirtschaftsaussichten für das kommende Jahr schon ohne Ukrainekrieg alles andere als rosig sind. Anders formuliert: Der nächste Ampelstreit zum Umgang mit der Schuldenbremse kommt bestimmt.

    Kein klarer Strich bei klimaschädlichen Subventionen

    Auch die heute präsentierten Einzelvorhaben können nicht immer überzeugen. Die geplanten Einsparungen im Sozialetat über 1,5 Milliarden Euro durch die bessere Vermittlung von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt muten wie ein beliebig gewählter Platzhalter an. Die geplanten Milliardenhilfen für die marode Bahn werden aus dem Klima- und Transformationsfonds einfach ausgelagert und sollen jetzt über Privatisierungen von Staatseigentum erlöst werden, Ausgang offen.
    Gleichzeitig hat es die Ampel versäumt, trotz der erheblichen Finanznöte bei den klimaschädlichen Subventionen einen klaren Strich zu ziehen. Ein Zugeständnis an die FDP wiederum, die etwa bei von Steuererhöhungen partout nichts wissen will. Stattdessen nur ein paar Korrekturen hier und da, etwa durch die Einführung einer Plastikabgabe für die Hersteller.
    Am Ende schleppt sich die Ampel mühsam in die Weihnachtspause. Lange wird der Frieden jedoch kaum halten.