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Haute Couture für Bau und Feuerwehr

q Technik. - Die Textilbranche in Deutschland befindet sich im Aufwind. Ein Grund dafür sind völlig neue Innovationen aus Forschung und Entwicklung. Technische Textilien erschließen sich immer mehr Einsatzbereiche, und vor allem Arbeitschutzbekleidung gewinnt zunehmend an Bedeutung. Auf der 6. Dresdner Textiltagung, die heute endete, diskutierten Tagungsteilnehmer aus 38 Ländern aktuelle Trends der Branche.

    Von Uta Bilow

    Bundesweit gibt es siebzehn Textil-Forschungseinrichtungen, in denen immer häufiger technische Textilien im Mittelpunkt stehen. So auch bei Professor Peter Offermann vom Institut für Textil- und Bekleidungstechnik der Technischen Universität Dresden. Wenn Offermann und seine Mitarbeiter weben, nähen oder stricken, entstehen keine Pullover, sondern textile Produkte für den Leichtbau. Denn statt Wolle verarbeiten sie beispielsweise Fasern aus Kohlenstoff. Offermann:

    Ein Schwerpunkt beschäftigt sich zum Beispiel damit, wie man aus textilen Faserstoffen und deren Weiterverarbeitung hochtemperatur- und geschwindigkeitsbelastbare Rotoren entwickeln könnte. Diese Werkstoffkombination wird nun textil verarbeitet und zu hochfesten und hochsteifen Halbzeugen weiterverarbeitet, die dann über einen Verarbeitungsprozess bis zu komplizierten Rotoren, die sich beispielsweise mit 50.000 oder 80.000 Umdrehungen pro Minute drehen müssen oder sollen, fertig zu stellen sind.

    Aus den Kohlefasern fertigen die Forscher Gewebe, die sie mit Harz tränken und in Formen pressen. Beim anschließenden Erhitzen härtet das Harz aus und es entsteht ein enorm fester und steifer, dabei jedoch sehr leichter Rotor. Vorteil bei dieser Textiltechnik ist, dass man dort, wo das Bauteil später besonders belastet wird, bereits Verstärkungen einweben kann. Eine zweite Möglichkeit, solche Rotoren herzustellen, besteht darin, die Kohlefaser schon vorher mit einer sogenannten Schmelzfaser zu verspinnen. Aus diesem Hybridfaden wird wie gewohnt das Gewebe gefertigt, zugeschnitten und zusammengenäht. Dann erwärmt man das Bauteil, die Schmelzfaser schmilzt, und fertig ist der Rotor.

    Ein anderer Forschungsschwerpunkt am Dresdner Institut sind textile Verstärkungen für Bauwerksanierungen. Wenn es beispielsweise an einer Brücke bröckelt, rücken die Forscher ihr nicht mit Stahl, sondern einer speziellen Textiltapete zu Leibe. Offermann:

    Sie muss sozusagen in mehreren Lagen tapeziert werden, mit einer textilen gitterartigen Struktur, die dann mit dem Feinbeton ausgegossen oder ausgespritzt wird und danach die erhöhte Tragfähigkeit aufweisen soll.

    Traditioneller Einsatzbereich von Textilien ist der Bekleidungssektor. Auf der Dresdner Tagung war den Arbeitsschutztextilien eine eigene Sektion gewidmet - was ihre steigende Bedeutung widerspiegelt. Die Anforderungen, die an Kleidung gestellt wird, die gegen Kälte, Regen, Chemikalien oder Feuer schützt, nehmen ständig zu. Hier gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Kunstfasern, die je nach Einsatzgebiet Schaden vom Träger abwenden. Inzwischen ist sogar eine Art mitdenkender Bekleidung kreiert worden. Dazu Professor Hilmar Fuchs vom Sächsischen Textilforschungsinstitut in Chemnitz:

    Spezielle Entwicklung in unserem Institut ist eine Feuerwehrschutzbekleidung mit integrierter Sensorik. Der Feuerwehrmann unterliegt während seines Einsatzes einer hohen Kreislaufbelastung und im Extremfall kann das auch zum Kreislaufkollaps führen. Er merkt es auch selbst nicht, weil er in Aktion ist. Wir haben also Teile entwickelt, die in den Feuerwehranzug eingebaut sind, die seine Körperfunktionen überwachen, Pulsfrequenz, Atemfrequenz, Temperatur und Temperaturgefälle und das wird dann über eine Servicestation an die Einsatzleitung gemeldet.

    Diese intelligente Schutzbekleidung kann noch durch weitere technische Möglichkeiten ergänzt werden. So kann man in den Anzug ein Ortungssystem einbauen oder zusätzliche Sensoren, die überwachen, welche Temperaturen von außen auf den Feuerwehrmann einwirken.