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Havanna
Russlands Comeback auf Kuba

Als die Sowjetunion noch existierte, war sie der wichtigste Partner von Kuba. Nachdem in Moskau der Kapitalismus eingezogen war, kühlten sich die Beziehungen zum einstigen Bruderland merklich ab. Doch nun kommen die Russen wieder - und das nicht nur als zahlungskräftige Touristen.

Von Henning von Löwis |
    Havannas russisch-orthodoxe Kathedrale
    Havannas russisch-orthodoxe Kathedrale (Henning von Löwis)
    Gekonnt balanciert Manuel das Tablett mit den Kokosnüssen und der Rumflasche über den Strand von Santa Maria del Mar. Längst ist der Slalomlauf zwischen den Sonnenschirmen für ihn Routine. Und er hat eine Nase dafür bzw. geschärfte Ohren, um gezielt jene Sonnenschirme anzusteuern, unter denen sich die potenziell besten Kunden niedergelassen haben.
    Russische Männer, das weiß er aus Erfahrung, sind nicht nur trinkfest, sondern auch außerordentlich empfänglich für mehr oder minder hochprozentige exotische Drinks. Und an Russen mangelt es nicht an den Playas del Este - den Hausstränden vor den Toren Havannas.
    Manuel balanciert gekonnt das Tablett mit den Kokosnüssen und der Rumflasche über den Strand von Santa Maria del Mar.
    Manuel balanciert gekonnt das Tablett mit den Kokosnüssen und der Rumflasche über den Strand von Santa Maria del Mar. (Henning von Löwis)
    Die vier Russen, die gerade ihre Liegen einrichten, sind - wie sie erzählen - gestern erst angekommen auf Kuba, müssen sich noch gewöhnen an das Klima und an die kubanische Zeit.
    Sergej ist Moskowiter, so wie seine drei Begleiter. Er ist nicht zum ersten Mal auf Kuba. Dass er sich dem Land, das einmal Bruderland der Sowjetunion war, offenbar besonders verbunden fühlt, demonstriert er durch die Tätowierung auf der Brust - das Konterfei von Che Guevara.
    Wo auf der Welt gibt es schon ein Rum-Museum, in dem der Rundgang durch die Ausstellungsräume an der Bar endet. Führungen durch das Museum im Hafenviertel von Havanna werden in allen Weltsprachen angeboten - selbstverständlich auch auf Russisch.
    Der Gong signalisiert, dass jetzt die Reisegruppe aus Moskau an der Reihe ist. Kubas junge Touristenführer kommen nicht umhin, das zu tun, was ihre Väter oder Großväter taten: Sie müssen Russisch lernen.
    Er habe hier in Havanna, an der Fakultät für Fremdsprachen studiert, erzählt Pavel - und bedauert, dass sein Englisch nicht so gut sei wie sein Russisch. Pavel ist ausschließlich mit Russen unterwegs in Havanna - mit den Russen, die im Urlaub mehr erleben wollten als Sonne und Strand, fügt er hinzu. Hat der Zustrom der Russen auch eine politische Dimension oder ist das nur Tourismus? - Pavel überlegt nicht lange:
    "Ich würde sagen ja. Wir erneuern unsere Beziehungen. Nicht in dem Ausmaß, wie das zu Zeiten der Sowjetunion der Fall war, aber wir unterhalten gute Beziehungen."
    Seit Putin geht es aufwärts
    Seit Wladimir Putin in Russland am Ruder ist, geht es ständig aufwärts in den bilateralen Beziehungen.
    August 2013. Die Kanonen der Militärfestung Cabana schießen Salut für Schiffe der russischen Marine, die zum Freundschaftsbesuch in Havanna einlaufen. An der Spitze des Geschwaders der Raketenkreuzer "Moskva" - Flaggschiff der Schwarzmeerflotte.
    Besonders wichtig für Kuba ist die Zusammenarbeit im Energiesektor, die durch kürzlich in Sankt Petersburg unterzeichnete Abkommen untermauert wird. Das Spektrum der Kooperation erstreckt sich von der Nuklearmedizin bis hin zur Raumfahrt.
    Wladimir Putin ist mehrfach mit Fidel Castro zusammengetroffen. Und der enge Putin-Vertraute Wladimir Yakunin, Chef der Russischen Eisenbahnen, macht kein Hehl aus seiner Sympathie für Kubas Revolutionsführer:
    "Ich habe Fidel Castro persönlich getroffen und war beeindruckt von seiner Persönlichkeit. Das ist lange her, als er noch ein starker Mann war. Er sah, dass ich damals Zigarren rauchte, und er wusste, dass ich beim Zigarrenrauchen den Rauch in die Lunge einatmete. Er wunderte sich, weil man auf diese Weise nicht Zigarren raucht. Er schenkte mir dann eine Kiste seiner persönlichen Zigarren und wir unterhielten uns lange."
    Kritik am autoritären System Kubas, an Menschenrechtsverletzungen und der Repression von Dissidenten ist aus dem Munde Yakunins nicht zu vernehmen. Seiner Ansicht nach hat Kuba etwas geschafft, was in der Sowjetunion beziehungsweise in Russland misslang:
    "Ich maße mir nicht an zu behaupten, dass der kubanische Weg eine Leitlinie für die Entwicklung der Welt ist. Aber sicherlich sollte man eine sehr wichtige Lehre aus der Geschichte Kubas in Betracht ziehen: Es gibt eine Grenze, die eigenen Werte, die eigene Mentalität, die eigenen Überzeugungen preiszugeben, ohne die, das Individuum oder die Gesellschaft aufhören zu existieren. Das ist das sehr wichtige Beispiel, das wir aus der Geschichte der Entwicklung Kubas übernehmen können: die Bewahrung der eigenen Identität."
    Priester Dimitrij Orechov
    Priester Dimitrij Orechov (Henning von Löwis)
    Sichtbarstes Symbol der neuen alten Freundschaft zwischen Kuba und Russland ist Havannas russisch-orthodoxe Kathedrale. Ihre goldenen Kuppeln über den Dächern von Alt-Havanna künden weithin davon, dass - nach Jahren der Entfremdung - zu Beginn des 21. Jahrhunderts ein neues Kapitel begonnen hat in den Beziehungen zwischen Kuba und Russland.
    Priester Dimitrij Orechov bringt es auf den Punkt:
    "Diese Kathedrale ist Ausdruck der engen Freundschaft zwischen Kuba und Russland. Sie wurde von der kubanischen und von der russischen Regierung erbaut."