Krankenhausfinanzierung
Immer neue Hürden für Hebammen

Vor einigen Jahren bangten freiberufliche Hebammen wegen hoher Haftpflichtversichungsbeträge um ihre Jobs. Jetzt erschwert ein neues Gesetz die Beschäftigung von Hebammen in Kliniken – die ohnehin schon immer weniger Geburtshilfe anbieten.

    Eine Hebamme versorgt ein wenige Tage altes Neugeborenes in einer Klinik für Geburtshilfe in Niedersachsen
    Hebammen sind eigens für die Versorgung von Neugeborenen und Müttern im Wochenbett qualifiziert - und nebenbei auch die Einzigen, die angehende Hebammen während ihrer Praxisausbildung im Krankenhaus anleiten dürfen (picture alliance / dpa / Holger Hollemann)
    Mehrere gesetzliche Regelungen der Krankenhausfinanzierung, die eigentlich Verbesserungen im deutschen Gesundheitssystem bringen sollten, machen derzeit Hebammen auf den Geburtsstationen von Kliniken das Leben schwer. Für Mütter, die in einem Krankenhaus ihr Kind bekommen, wird es dadurch immer schwieriger, auch nach der Entbindung auf der Wochenbettstation noch von einer Hebamme versorgt zu werden. Oder, etwa bei Risikoschwangerschaften, bereits vor der Geburt.
    Viele wollen aber genau darauf nicht verzichten, wie der Protest gegen die neueste Reform zeigt. Zumal sich die Anzahl der Krankenhäuser mit Geburtsstationen in Deutschland laut einer Studie seit dem Jahr 1991 um etwa 43 Prozent reduziert hat und immer weniger Frauen ihre Entbindungsklinik frei wählen können.

    Worum geht es bei der Kritik am Pflegebudget?

    Über das sogenannte Pflegebudget können Krankenhäuser ab dem Jahr 2025 nur noch tatsächliche Pflegekräfte finanzieren, die "in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen" eingesetzt sind – nicht mehr etwa Physiotherapeuten, Logopäden oder Hebammen. Das legt das neue Krankenkassen-Finanz-Stabilisierungsgesetz von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) fest, das kürzlich vom Bundestag beschlossen wurde. Die Kliniken können die Leistungen der Hebammen dann nicht mehr im bisherigen Umfang mit den Krankenkassen abrechnen – und werden sie dementsprechend weniger einsetzen oder gar kündigen, so die Befürchtung vieler Hebammen. Schon seit Bekanntwerden der neuen Regelung, die erst in zwei Jahren greift, hätten Kliniken damit begonnen, Hebammen von den Wochenstationen abzuziehen und umzuplanen, stellt Andrea Ramsell vom Deutschen Hebammenverband fest.
    Statt von Hebammen werden Frauen auf Wochenbettstationen dann von Pflegekräften betreut. Eine „unverantwortliche Schwächung der klinischen Geburtshilfe“ nennt das der Hebammenverband. „Hebammen sind die Berufsgruppe, die am besten ausgebildet ist für Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Und deshalb gehören sie auch auf die Station“, sagt Ramsell.
    Das Pflegebudget geht noch auf den früheren Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zurück. Die Kosten für das Pflegepersonal im Krankenhaus werden damit herausgenommen aus dem sonstigen Finanzierungssystem, also den Fallpauschalen für einzelne Behandlungen, damit die Krankenhäuser alle Freiheiten haben, mehr Pflegekräfte einzusetzen. Prompt gab es aber Konflikte, wer nun alles in dieses komfortable Pflegebudget aufgenommen werden soll.  Das wurde im Krankenkassen-Finanz-Stabilisierungsgesetz nun präzisiert – und auf Pflegekräfte im ganz engen Sinne begrenzt.
    Doch dagegen gibt es Protest – nicht nur der Hebammen selbst. Unterstützung bekommen sie von einer Petition auf der Plattform change.org, gestartet von einer jungen Mutter, die in knapp drei Wochen knapp 1,6 Millionen Unterschriften bekommen hat. „Keine Streichung der Hebammen aus dem Pflegebudget 2025“ fordert die Petition, und ihre Initiatorin erklärt: „Frauen brauchen Hebammen in Kliniken bei der Entbindung und danach! Diese wichtige Aufgabe kann keinesfalls von anderweitigem Pflegepersonal oder Ärzten übernommen werden.“

    Welche weiteren Hürden für Hebammen in Kliniken gibt es?

    Das Problem mit dem Pflegebudget ist nicht die einzige Sorge der Hebammen im Krankenhaus. Auch eine weitere Regelung, die eigentlich die Pflegesituation verbessern soll, wirkt sich nach Beobachtung des Hebammen-Verbandes zu ihren Lasten aus: Die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung vom November des vergangenen Jahres. Die Verordnung legt fest, wieviel Pflegepersonal auf den Stationen der Krankenhäuser für die Patienten zu Verfügung stehen muss. Für den Einsatz der Hebammen im Verhältnis zum Pflegepersonal gibt es Grenzen, Krankenhäuser müssen sogar Strafen zahlen, wenn der Hebammen-Anteil zu hoch ist. Sie stehen daher besser da, wenn sie Pflegekräfte statt Hebammen einsetzen.

    Gibt es noch Aussicht auf eine Gesetzesänderung?

    Die knapp 1,6 Millionen Unterschriften der Petition haben immerhin bewirkt, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eine Korrektur des Krankenkassen-Finanz-Stabilisierungsgesetzes in Aussicht gestellt hat – bislang aber nur in einem Interview und in seiner schriftlichen Antwort auf die Petition. Die Finanzierung der Hebammen soll demnach doch wieder in das Pflegebudget fallen. Wie das geschehen soll, ist unklar - das Gesetz wurde ja gerade erst verabschiedet. Die Regelung des Pflegebudgets gelten allerdings erst ab 2025. Bis dahin hat sich möglicherweise bereits Lauterbachs geplante umfassende Krankenhaus-Reform konkretisiert - die nach seinen Angaben größte der vergangenen 20 Jahre. Unter anderem möchte er das System der Fallpauschalen abschaffen.
    Quellen: Birgid Becker, Nina Voigt, IGES, Deutscher Hebammenverband