In Zukunft könnten diese Pflanzeninhaltsstoffe aber auch in Braukessel ähnlichen Fermentern hergestellt werden. Dazu hat die Bio-Ingenieurin Christina Smolke von der Stanford-Universität in Kalifornien den Stoffwechsel der Mohnpflanzen untersucht und mit den Methoden der synthetischen Biologie einen bestimmten Teil dieses Stoffwechsels in Hefezellen nachgebaut.
"Wenn Sie einen Mikroorganismus wie die Hefe verwenden, der den Stoffwechsel der Pflanzen nachahmt, dann ist das verlässlicher und sicherer als die Produktion in Pflanzen. Alles findet in geschlossenen, kontrollierbaren Fermentern in einer Pharmafabrik statt. Keine Ausbreitung der Samen, keine Qualitätsschwankungen, keine Gefahr durch illegale Nutzung. Das ist verantwortungsbewusst und nachhaltig."
Christina Smolke musste die Hefezellen so umkonstruieren, dass sie die gleichen Enzyme bilden, wie die opiumproduzierenden Pflanzen. In einem ähnlich aufwendigen Projekt hatten andere Forscher bereits das pflanzliche Malaria-Medikament Artemisinin in Hefezellen hergestellt.
Aber die Wirkstoffe aus dem Schlafmohn sind noch komplizierter.
In den Pflanzen sind verschiedene Enzyme in unterschiedlichen Zellen für die Herstellung des Opiums verantwortlich - wie in einer Fabrik, wo einzelne Prozesse in verschiedenen Räumen oder Hallen durchgeführt werden.
"Wir haben eine Methode entwickelt, bei der wir die einzelnen Produktionsschritte auf verschiedene Bereiche innerhalb der Hefezelle verteilen. Wir konstruieren dazu Gene mit einem zusätzlichen Adressaufkleber. Wenn Proteine nach dem Bauplan dieser Gene hergestellt werden, wandern sie in genau festgelegte Bereiche der Hefezellen. So konnten wir die Produktionsschritte trennen und die Endprodukte Morphin und Codein in Hefezellen herstellen."
Um Schmerzmittel aus Opium zu gewinnen, müssen die pflanzlichen Produkte anschließend noch chemisch verändert werden. Diesen Schritt lassen Christina Smolke und ihr Team ebenfalls von Hefezellen durchführen.
"Wir haben nicht nur Gene aus dem Schlafmohn in unsere Hefe eingebaut. Außerdem haben wir Bakterien aus dem Stroh des Schlafmohns isoliert. Mit Genen aus diesen Bakterien waren wir in der Lage, halbsynthetische Opioide in Hefen zu produzieren, wie Hydrocodon, Hydromorphon oder Oxycodon."
Noch ist die Hefe nicht fertig zur Produktion. Die Forscher müssen noch zwei Stoffwechselwege miteinander verknüpfen und die Ausbeute erhöhen. Dann aber kann die Hefe direkt die fertigen Wirkstoffe zur Schmerzbehandlung liefern.
Für illegale Drogenproduzenten sind diese Substanzen ungeeignet. Sie brauchen Morphin, um es dann zu Heroin weiter zu verarbeiten. Schlecht für den Drogenhandel. Was bleibt, ist die Gefahr, dass irgendwann gewiefte Drogenköche auch die Methoden der Biotechnologie nutzen. Noch fehlen ihnen jedoch die Ausrüstung und das nötige Wissen.