Die meisten Besucher bleiben fasziniert stehen, wenn sie in der Gemäldesammlung des römischen Palazzo Doria Pamphilj das Porträt von Papst Innozenz X. aus dem Jahr 1650 entdecken. Der spanische Maler Velazquez zeigt den Papst, der von 1644 bis 1655 regierte, nicht etwa als gütigen Kirchenvater, sondern als kaltblütigen Kriegsherrn und knallharten Politiker. Der auf dem Gemälde verbittert dreinschauende alte Mann soll schweigsam und für seine Wutausbrüche berüchtigt gewesen sein.
Obendrein war es offenbar eine Frau, die bei ihm das Sagen hatte. Keine Geliebte, sondern seine machtbewusste Schwägerin Olimpia Maidalchini, die als Donna Olimpia Pamphilj in die Geschichte einging.
Als Innozenz X. ein Heiliges Jahr ausrief, das 1650 beginnen sollte, rieb Donna Olimpia sich die Hände, weiß der römische Kirchenhistoriker Stefano Tabacchi:
"Innozenz war ihr gegenüber schon immer nachgiebig, sie war die Witwe seines Bruders. Sie erlangte immer mehr Einfluss und so kam es, dass sie auch während des Heiligen Jahres den Ton angab."
Profitieren von den Pilgern
In einigen Quellen ist von 700.000 Pilgern die Rede, die 1650 während des Heiligen Jahres nach Rom gekommen sein sollen. Diese Zahlen sind sicherlich übertrieben, doch egal wie viele es tatsächlich waren: Es war die Schwägerin des Papstes, Donna Olimpia, die von den Pilgern profitierte. Denn ihr gehörten die meisten Herbergen in Rom und Umgebung. Und die, die ihr nicht gehörten, ließ sie durch Mittelsmänner kontrollieren, um Steuern zu erheben und so ihre Einnahmen zu erhöhen. Schon bei der Eröffnung des Heiligen Jahres war klar, welche Rolle sie eingenommen hatte. Stefano Tabacchi:
"Während der offiziellen Zeremonien des Heiligen Jahres nahm sie den ersten Platz ein. Sie saß sogar direkt neben dem Papst, als dieser die Heilige Pforte öffnete. Das sorgte für viel Aufsehen und Kritik an ihr. Sie wurde ohnehin schon lange heftig kritisiert. Auch weil sie die Reliquien der Heiligen Francesca Romana, die in Rom sehr verehrt wird, aus einem Nonnenkloster hatte entfernen lassen, um sie in ihrem Haus auszustellen."
Donna Olimpia Pamphilj nahm auch die Rolle einer Priorin der Erzbruderschaft der Heiligen Dreieinigkeit der Pilger ein. Vermutlich hatte sie auch in dieser Funktion vor allem das Geschäft mit den Pilgern im Sinn. Nur ein winziger Teil der Einnahmen, die während des Heiligen Jahres erwirtschaftet wurden, flossen der Armen- und Krankenfürsorge zu. Das konnten Historiker für dieses und auch die meisten anderen Heiligen Jahre in dieser Epoche nachweisen. Stattdessen wurden auch während des Heiligen Jahres 1650 große Summen für prachtvolle Umzüge römischer Erzbruderschaften ausgegeben. Wie prunkvoll diese Umzüge waren, zeigen Gemälde und Kupferstiche im römischen Stadtmuseum im Palazzo Braschi.
Grenzenlose Raffgier der Schwägerin
Der Papst hatte zunächst befürchtet, dass nach dem Ende des 30jährigen Krieges 1648 nur wenige Gläubige bereit sein würden, sich auf die beschwerliche Reise nach Rom zu machen. Das Gegenteil war der Fall. Die Erzbruderschaften wie die von Donna Olimpia hatten gute Kontakte ins europäische Ausland. Ihnen war es zu verdanken, dass viele Pilger nach Rom kamen. Die Erzbruderschaften waren eine Art Vorläufer der heutigen Pilgerreiseunternehmen.
Auch der entschieden mondäne Aspekt des Heiligen Jahres oblag Donna Olimpia, berichtet Historiker Tabacchi:
Auch der entschieden mondäne Aspekt des Heiligen Jahres oblag Donna Olimpia, berichtet Historiker Tabacchi:
"Auch hier stand sie in erster Reihe, mit ihren aufwändigen Empfängen im Palazzo Pamphilj an der Piazza Navona, wo sie gekrönte Häupter wie zum Beispiel die Kronprinzessin Margherita von Savoyen beherbergte."
Innozenz X. setzte sich scharfer Kritik aus, europaweit und an verschiedenen Königshöfen, dass er seiner Schwägerin innerhalb des päpstlichen Hofes eine so wichtige Rolle einräumte. Die Vorteile, die der Papst ihr verschafft hatte, dankte sie ihm allerdings nicht. Direkt nach seinem Tod am 7. Januar 1655 wurde der Papst ohne großen Aufwand beigesetzt – ungewöhnlich für die Pracht liebende Zeit des Barock.
Die raffsüchtige Schwägerin, die im römischen Volksmund "la papessa", die Päpstin, genannt wurde, soll sich geweigert haben, ihm eine standesgemäße Beisetzung zu bezahlen. Gleichzeitig ließ sie noch in der Sterbestunde des Papstes seine Gemächer im Vatikan plündern. Insgesamt drei Tag lang, berichten historische Quellen, soll sich niemand um den toten Papst gekümmert haben. Am allerwenigsten Donna Olimpia.