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Heilkräuter neu entdeckt

In Leipzig befindet sich der älteste botanische Garten Deutschlands und zugleich einer der ältesten der Welt. Er blickt auf eine 450 Jahre alte Geschichte zurück. In der Nähe des Dominikanerklosters St. Pauli gelegen, dürften die Gärten des Klosters auch bevorzugte Lieferanten für die erste Apotheke der Stadt gewesen sein und ein Ort der Pflanzenerforschung. Seit 2001 knüpft der Botanische Garten Leipzig wieder an diese Tradition an. In unmittelbarer Nähe zum angestammten Garten-Areal wurde ein neuer Apothekergarten angelegt, der wie einst zur Forschung und Lehre genutzt wird.

Von Alexandra Gerlach |
    " So, meine Studenten, ... . Laufen Sie bitte nicht achtlos vorüber, an diesem kleinen Apfelbaum, denn hier sehen sie mal auf Augenhöhe einen oder mehrere Mistelzweige hier, das ist natürlich sehr schön zu sehen, ..."

    Heidemarie Horn steht vor einem kleinen Apfelbäumchen, dass neben dem grünen Blattlaub gleich mehrere saftiggrüne Mistelzweige zu ernähren hat, die sich in der kleinen Baumkrone eingenistet haben. Die promovierte Apothekerin hat an diesem Nachmittag Pharmaziestudenten im zweiten Semester im Schlepptau. Die Studierenden genießen die Sonne und den Unterricht draußen:

    " Das gehört zum Fach Geschichte der Naturwissenschaft und Geschichte der Pharmazie und man muss ja auch wissen, wo das mal angefangen hat und warum man das heute noch teilweise dort verwendet. Wir waren auch schon im Apothekermuseum im Ägyptischen Museum, weil da auch schon Ursprünge liegen, ist eigentlich sehr interessant, es bringt immer ein bisschen Abwechslung."

    Gemeinsam durchwandert die 20-köpfige Gruppe in kleinen Etappen die verschiedenen Bereiche des knapp 3000 Quadratmeter großen Apothekergartens. Immer wieder bleibt die Gruppe stehen um einzelne Pflanzen genauer anzuschauen:

    " Das ist Frauenmantel, die Blätter ähneln ein bisschen ja, ... . also ein Rosengewächs und das Kraut wird noch verwendet, und Frauenmantel deshalb, weil wenn es dann blüht, es blüht gelb, und sieht so sehr schön aus, weil dann immer noch die Tautropfen vom Morgen so mit auf den Blättern sind, und es glitzert in der Sonne. "

    Kleine graue Schilder am Beetrand helfen bei der Orientierung. Zu lesen sind die lateinischen Pflanzenfamilien und Pflanzennamen, darunter der deutsche Name und das Arzneibuch in dem die Pflanze beschrieben ist. Zwischendrin stellt die Dozentin den Zweitsemestern die eine oder andere Frage und schaut dann zeitweise in 20 ratlose Gesichter:

    " Na, nun blamieren sie mich aber nicht, ich muss Ihnen ja die Scheine wieder aberkennen, ... Olium Olivarum. Genau, Olium Olivarim ist der im Arzneibuch enthaltene. De Monographie des Öles ... .wirkt abführend und auch gegen Gallensteine."

    Heidemarie Horn hat diesen Apothekergarten, als er im Jahr 2001 neu angelegt wurde, mit konzipiert. Sein Vorgänger an anderem Ort war nach der Schließung der Leipziger Fakultät für Pharmazie nach 1972 in Vergessenheit geraten und schließlich aufgelöst worden. Erst seit Anfang der 90-iger Jahre wird das Fach wieder in der Messestadt gelehrt.

    " Also der Garten ist eigentlich zweigeteilt aufgebaut. Im vorderen Teil hinter dem Eingang der historische Teil des Gartens, nachempfunden dem Klostergarten des Dominikanerklosters St. Pauli, hier in Leipzig, an der Grimmaischen Straße, und da sind die vier Beete mit den Giftpflanzen, Nutzpflanzen und ja dem anderen, auch Blumen dabei, und der hintere Teil des Gartens, das sind dann auch historisch und das wo man so die Inhaltsstoffe genau kennt, Wirkweise genau kennt, und vor allem auch Sachen, die die in den Arzneibüchern eine Rolle spielen. "

    Der Apothekergarten, am Rande des ehemaligen Neuen Johannisfriedhofes, dem heutigen Friedenspark gelegen, empfängt den Besucher am rückwärtigen Tor mit kleinen künstlichen Teichen und Seerosen sowie hübschen, klassischen Parkbänken aus Holz. Matthias Schwieger, Technischer Direktor des Botanischen Gartens Leipzig kommt gerne hierher:

    " Ja es hat so eine etwas kontemplative Stimmung hier, nicht wahr, und das wird auch sehr gerne wahrgenommen, viele Leute, die da hinten ihre Büroräume haben, die kommen gerne hierher und machen ihre Mittagspause. "

    An diesem Nachmittag sind auch einige Studierende aus den älteren Semestern in den Apothekergarten gekommen. Mit Aufzeichnungen in der Hand stehen zwei Studentinnen vor einem kleinen Beet und diskutieren leise. Dieses Bild erinnert Heidemarie Horn an ihre eigene Vergangenheit:

    " Und zu meiner Studentenzeit sind wir dann am Tag vor der Prüfung in Botanik da noch einmal hingegangen und haben uns angeguckt, was da gerade da war und blühte, um so ungefähr zu ahnen, was der Professor dann am nächsten Tag in Gläsern und Vasen da stehen hatte und dann nahm er einen dann und führte einen herum, so bitte, was ist das und das, die Inhaltsstoffe und Wirkung und so weiter, so ging das dann in der mündlichen Prüfung. "

    Die Dozentin bedauert, dass die Studierenden von heute keine eigenen Pflanzensammlungen mehr anlegen müssen. Insgesamt sei das Vorwissen der jungen Studienanfänger über Heilkräuter und deren Wirkweisen sowie alte Hausmittel gering:

    " Früher wurde ja auch ein Herbarium angelegt, da musste man Pflanzen sammeln und trocken und dann einkleben oder eben schön aufbereiten, ich hatte da 200 Pflanzen, das war ein sammelintensiver Sommer. "

    Der Rundgang durch den Apothekergarten neigt sich den Ende zu. Diese Studentin zieht ein positives Resumée über die Lehre im Grünen:

    " Also das ist schon interessant, die Pflanzen so zu sehen, wie sie so in echt blühen, also ich kannte sonst nur die Tee-Form und na vielleicht so Bilder von den Pflanzen, aber sonst habe ich noch nicht alle Pflanzen in Natur gesehen. "