"Wenn man ein bisschen in der Geschichte zurückschaut und sich klar macht, wann der Begriff 'Heimat' immer aufgetaucht ist - das war zum ersten Mal um 1800 rum, da gab es das erste große Heimatbeben, wenn Sie so wollen - dann sind das immer Zeiten in denen es rasante gesellschaftliche, technische, wissenschaftliche Umbrüche, Beschleunigungen gibt und die Menschen dementsprechend verunsichert sind", antwortete Schriftstellerin Thea Dorn auf die Frage, weshalb der Diskurs um den Begriff "Heimat" derzeit eine solche Renaissance erlebt. In einer solchen Phase befinde sich die Gesellschaft wieder, sagte sie weiter, deshalb sei es kein Wunder, dass der Begriff derzeit wiederkehrt.
"Lieblingsbegriff der neuen Rechten"
Heimat sei ein heikler Begriff, so Dorn, genauso wie der der "kulturellen Identität" - schon allein, weil sie zu den Lieblingsbegriffen der neuen Rechten gehöre. "Ich bin aber dennoch davon überzeugt, dass es ein Begriff ist, den wir versuchen sollten, zu retten", sagte die Schriftstellerin dazu. Am Anfang des abendländischen Denkens stünde "Wer bin ich? Erkenne Dich selbst". Mit diesen Fragen seien wir auf der individuellen Ebene sowie auf der gesellschaftlichen Ebene bis heute konfrontiert. "Deshalb führt kein Weg daran vorbei, dass wir uns fragen: wer sind wir eigentlich?", so Dorn.
Wenn traditionell linksgeprägte sich von dem Thema abwenden, "weil es sofort ins Unheil" führe, dann würde dies das Feld für die Rechten freimachen. "Und dann passiert der Unsinn, den wir seit einer Weile erleben."
Die Beschäftigung mit der Frage "Was ist eine kulturelle, eine nationale Identität?" führe zu der Antwort, dass es ein Netz von Erscheinungsformen sei, die miteinander in Bezug stehen, sich aber nicht auf eine einfache Formel reduzieren liessen.