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"Heimatloser Konservativer" Ulrich Greiner
"Die Idee vom Weltbürger ist schön, aber nicht realistisch"

Journalist Ulrich Greiner wurde vom SPD-Wähler zum "heimatlosen Konservativen" und hat darüber ein Buch geschrieben. Im Dlf kritisiert er eine Linkslastigkeit deutscher Politik und Medien. Und wünscht sich einen neuen gesellschaftlichen Ort diesseits von Pegida, für alle, die eine Überfremdung fürchten.

Ulrich Greiner im Gespräch mit Angela Gutzeit |
    Buchcover "Heimatlos - Bekenntnisse eines Konservativen" mit dem Autor Ulrich Greiner
    Linke Glaubenssätze dominierten den politischen und medialen Mainstream in Deutschland, konservative Positionen würden oft ausgegrenzt, meint der Ex-SPD-Wähler Ulrich Greiner. (Rowohlt Verlag / dpa )
    Der Journalist Ulrich Greiner, viele Jahre Feuilletonchef bei der Wochenzeitung "Die Zeit", wählte lange SPD. Heute versteht er sich als "heimatloser Konservativer" in einem Land, in dem Konservatismus nicht mehr gesellschaftsfähig sei. Das kann man in seinem gerade erschienenen Buch "Heimatlos. Bekenntnisse eines Konservativen" nachlesen.
    Er fühle sich "insofern heimatlos, als die Leitmedien von den tonangebenden Zeitungen bis zu den öffentlich-rechtlichen Anstalten ganz überwiegend einen Anpassungsmoralismus pflegen, der gegensätzlichen Meinungen keinen Resonanzboden bietet", schreibt er und führt weiter aus, er würde eine "konservative Wende" begrüßen, "vor der die Linken, Grünen, die dominanten Akteure der Mehrheitsparteien und die kommentierende Klasse der Medien sich fürchten".
    Als Beispiel führt er im Dlf-Interview das massenhafte Ankommen von Flüchtlingen in Deutschland im Herbst 2015 an: "Es war eine bestimmte Stimmung in den Medien." Die hätten "eigentlich ein Volkserziehungsprojekt begonnen, das darauf hinauslief, die Deutschen müssten sozusagen die Eingewanderten alle willkommen heißen, was ja auch eine Zeitlang passiert ist". Man habe damals so getan, als seien Pegida-Anhänger alle Nazis, sagte Greiner. "Dabei waren es eigentlich mehr oder weniger unpolitisch erregte Bürger in Dresden."
    Konservative Teile der Bevölkerung fühlten sich ausgegrenzt
    Eine Ausgrenzung konservativer Positionen gebe Teilen der Bevölkerung das Gefühl, politisch nicht mehr stattzufinden, erklärte Greiner: "Wenn Sie auf den Stammtisch gucken oder wenn Sie sozusagen die einfachen Leute, die sozusagen an der Supermarktkasse sitzen und die Waren einscannen müssen - wenn die plötzlich das Gefühl haben, das sind mir eigentlich zu viele Fremde hier, dann gab es und gibt es immer noch eigentlich keine intelligente Art und Weise sich damit auseinanderzusetzen, sodass die Leute kein Sprachrohr haben, das ihre Gefühle und Stimmungen ausdrückt."
    Greiner kritisierte eine linksintellektuelle Vereinnahmung wichtiger Zeitfragen. Zwar sei beispielsweise der westliche Lebensstil für Fluchtursachen mitverantwortlich, aber nicht in dem Maße, wie von Linken behauptet: "Es wird oft so getan, als wäre der Westen die alleinige Ursache der Probleme, die wir gegenwärtig haben. Und das glaube ich wirklich nicht. Ich glaube zum Beispiel, dass der Islam ein Problem darstellt. Und dass der Islam heute so ist, wie er ist, ist, glaube ich, nicht unsere Schuld."
    Einen Rückzug aufs Nationale wie in einigen osteuropäischen Staaten finde er nicht toll, aber völlig normal, sagte Greiner: "Das, was man Heimat nennt, ist ja sozusagen immer das, was man kennt und worin man sich selbstverständlich bewegt, ohne groß darüber nachdenken zu müssen. Und das halte ich für einen völlig natürlichen Vorgang. Und die Vorstellung, die natürlich gerne gepflegt wird von uns, die wir viel reisen können, die wir schon oft im Ausland gewesen sind, die wir vielleicht andere Sprachen sprechen, die Vorstellung, dass man eigentlich überall zu Hause sein kann, trifft, glaube ich, für die meisten Leute nicht zu, und das ist eigentlich auch eine soziale Frage."
    Ulrich Greiner: "Heimatlos. Bekenntnisse eines Konservativen"
    Rowohlt: Reinbek 2017. 160 Seiten. 19,95 Euro