Der Bräutigam schlich sich als Maultiertreiber verkleidet über die Grenze seines Reiches. Die Braut hatte eine Abwesenheit ihres königlichen Halbbruders abgepasst, um aus dessen Residenz zu entweichen, und war nach tagelanger Irrfahrt bei einem Aristokraten in Valladolid untergekommen. Hier begegnete Isabella, Thronerbin von Kastilien, erstmals ihrem Verlobten, Prinz Ferdinand von Aragón, der ihr über die Hintertreppe zugeführt wurde. Wenige Tage später, am 19. Oktober 1469, traute der Erzbischof von Toledo das Paar.
Heinrich IV. wollte Isabella mit Portugals König verheiraten
"Die mussten heimlich heiraten, weil der Bruder von Isabella, König Heinrich, der war gegen diese Hochzeit (…) Er hatte eigene Heiratspläne für Isabella."
Erklärt der deutsch-spanische Historiker Carlos Collado Seidel. Heinrich IV. von Kastilien hatte für seine jüngere Halbschwester eine Ehe mit dem König von Portugal im Auge, den Isabella nicht ausstehen konnte. Seinerseits war Heinrich auf die Nachbarn in Aragón nicht gut zu sprechen.
"Da geht es um die Einmischung des Königs von Aragónien in innerkastilische Konflikte ... Da geht es aber auch um die Einmischung Heinrichs in inner-aragónesische Angelegenheiten im katalanischen Bürgerkrieg, als er sich auf die Seite der Stände Kataloniens stellt und dort sogar zum Gegenkönig (…) ausgerufen wird. Also, eine Gemengelage, eine Konfliktsituation. Das Verhältnis zu Aragónien war zerrüttet."
Die 17-jährige Isabella hatte ihren eigenen Kopf
Gut möglich auch, dass Heinrich IV. abgesehen von all dem eine Verbindung mit der aufstrebenden Seemacht Portugal einfach attraktiver fand.
"Aragón war in dieser Zeit (…) kein reiches Land. Die Bevölkerung war deutlich niedriger als die in Kastilien. Man spricht in Kastilien von etwa sechs Millionen Einwohnern, im Königreich Aragónien von einer Million. Katalonien war im Mittelalter gewesen eine sehr reiche Gegend, insbesondere die Gegend um Barcelona. (…) Aber das hatte in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts einen Niedergang erlebt."
Die damals 17-jährige Isabella hatte indes ihren eigenen Kopf. Und unter den adligen Gegnern König Heinrichs Verbündete, die sie unterstützten. Ferdinand von Aragón war ein Jahr jünger als sie, gut aussehend, sportlich, ein glänzender Reiter und Fechter. Spätestens seit Anfang 1469 stand für Isabella fest:
"Es muss der sein oder kein anderer."
Während Heinrich mit dem portugiesischen Monarchen schon den Ehevertrag für Isabella festklopfte, schrieb diese schmachtende Briefe nach Aragón:
"Nun teile mir mit, was du wünschst, dass geschehen soll, denn das muss ich tun. Geschrieben von meiner Hand, die tun wird, was immer du anordnest."
Isabella bestand auf einem Ehevertrag
In Wahrheit war die selbstbewusste junge Frau allerdings keineswegs geneigt, sich vom Gatten die Butter vom Brot nehmen zu lassen.
"Isabella bestand (…) auf ihrem eigenen Machtanspruch, den wollte sie mit Ferdinand nicht teilen. Entsprechend kam es auch zu einem vertraglichen Arrangement noch im Vorfeld der Hochzeit (…), bei dem sich Ferdinand verpflichtete, die Herrschaft Isabellas in Kastilien zu respektieren."
Dennoch war eine ernste Ehekrise die Folge, als nach dem Tod Heinrichs im Dezember 1474 Isabella den kastilischen Thron bestieg, ohne den Gemahl zu verständigen, geschweige denn zu konsultieren. Ferdinand war außer sich. Die Vorstellung, eine Frau könnte tatsächlich Königsmacht ausüben, war ihm nicht weniger fremd als dem Durchschnitt der Zeitgenossen. Schließlich einigte er sich mit Isabella auf eine formale Teilung der Regentschaft. Alle Dokumente wurden künftig von beiden gemeinsam unterzeichnet, wobei Ferdinands Name stets an erster Stelle stand. Im Übrigen behielt Isabella in Kastilien das letzte Wort.
Fundament der späteren spanischen Weltmacht
Auf dieser Grundlage haben Ferdinand und Isabella, die "Katholischen Könige", in 35 Ehe- und 30 gemeinsamen Herrschaftsjahren das Fundament der späteren spanischen Weltmacht geschaffen. Über ein vereintes Spanien herrschten sie freilich nicht.
"Man muss für diese Zeit und auch für die zwei folgenden Jahrhunderte (...) davon sprechen, dass es keine Krone Spaniens gab. Es existierten weiterhin diese unterschiedlichen Reiche (…) unabhängig voneinander. Sie hatten eigene Verfassungen, eigene Institutionen (…), eigene Rechtssysteme, eigene Steuersysteme. Die einzige Einrichtung, die übergreifend agierte, war die Heilige Inquisition."
Erst im 18. Jahrhundert, dem Zeitalter des Absolutismus, entstand ein spanischer Zentralstaat.