Nach fast vierzehn Stunden, am Donnerstagmorgen um vier Uhr Ortszeit Buenos Aires, die Entscheidung: mit 33 zu 27 Stimmen bei drei Enthaltungen stimmte der Senat dem Gesetz zu, dass bereits die Abgeordnetenkammer passiert hatte.
"Wir wollen ganz einfach das Recht der Zivilehe auf all die ausweiten, die es ausüben wollen – unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung."
So Senatorin Lucía Corpacci in der Debatte. Ihr Kollege Guillermo Jenefes, ebenfalls aus dem Regierungsbündnis, argumentierte dagegen:
"Ich will auf gar keinen Fall, dass wir die Institution Ehe angreifen, die aus meiner Sicht als Jurist und Katholik der Verbindung zwischen Mann und Frau vorbehalten ist."
Nach der nun beschlossenen Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs können schwule und lesbische Paare in Argentinien heiraten, mit genau den gleichen Rechten und Pflichten wie Heterosexuelle. Die Gegner der Homo-Ehe hatten ihren Protest vor allem gegen das Adoptionsrecht gerichtet.
Ja zum Recht der Kinder auf Papa und Mama, skandierte die Menge bei einer Großkundgebung, zu der am Mittwochabend die Katholische und die Evangelischen Kirchen Argentiniens aufriefen. Rund 60.000 Menschen kamen zusammen. Schlicht Papa und Mama stand auf der orangefarbenen Fahne einer Teilnehmerin:
"Es ist unmenschlich für das Kind, das nicht entscheiden kann, ob es gleichgeschlechtliche Eltern will. In homosexuellen Partnerschaften hat ein Geschlecht ein zu großes Gewicht. Ich sehe keine Zukunft für die Homo-Ehe, für mich ist sie unnatürlich. Die große Mehrheit der Argentinier will sie nicht."
Schon heute gibt es in Argentinien gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern, denn in dem südamerikanischen Land dürfen alleinstehende Personen adoptieren. Künftig können Homosexuelle dies als verheiratetes Paar tun. Damit werden ihre Kinder dem Nachwuchs von Heterosexuellen rechtlich gleichgestellt. Sie werden nicht mehr diskriminiert, sagt die Abgeordnete Vilma Ibarra aus dem Regierungsbündnis, eine Vorkämpferin der Homo-Ehe. Im argentinischen Senat hatte es auch Bestrebungen gegeben, eine Union Civil einzuführen, eine Art eingetragener Lebenspartnerschaft ohne Adoptionsrecht. Sie scheiterten. Vilma Ibarra war entschieden gegen eine Ehe Light:
"Wenn wir festlegen, dass es eine Institution nur für Heterosexuelle gibt, und eine andere nur für Homosexuelle, dann verletzen wir doch den Gleichheitsgrundsatz."
Als erfolgreich erwies sich die Strategie der argentinischen Homosexuellen-Verbände. In den vergangenen Monaten beantragten zahlreiche heiratswillige schwule und lesbische Paare Termine bei den Standesämtern. Gegen die negativen Bescheide legten sie in der Justiz Widerspruch ein, und beriefen sich dabei auf das in der Verfassung verankerte Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz. Insgesamt neun Paaren haben argentinische Richter bisher den Gang zum Standesamt genehmigt. Am 15. April gaben sich Carlos Alvarez und Martín Canevaro das Ja-Wort.
"Wir lieben uns, für uns war total wichtig, dass die Liebe im Vordergrund steht, und wir das nicht nur als Aktivisten machen. Die Strategie war jedenfalls super-positiv. Wir wollten Tatsachen schaffen, damit die Gesetzgeber mit der Diskussion beginnen. Und das ist ganz klar gelungen."
… sagt Carlos. Ein großer Teil der Argentinier sei tolerant, vor allem in den Städten gebe es wenig Vorurteile gegenüber Homosexuellen, meint das verheiratete Paar. Aber in Teilen der Gesellschaft, besonders in den Provinzen, würden Schwule und Lesben immer noch diskriminiert. Für Martín ist die rechtliche Gleichstellung bei der Eheschließung daher ein wichtiges Signal an die Gesellschaft.
"Dass nun jeder heiraten kann, wen er will, unabhängig vom Geschlecht, hat auch einen pädagogischen Effekt. Die Botschaft an die neuen Generationen ist: jede sexuelle Orientierung ist zulässig und achtbar."
Die Auseinandersetzung über das Heiratsrecht für Homosexuelle hatte sich in den Tagen vor der Senatsabstimmung zugespitzt. Kirchenvertreter verschärften den Ton, ein katholischer Bischof behauptete, homosexuelle Beziehungen seien – Zitat – "dreißig Mal gewalttätiger als heterosexuelle". Ein Priester erhielt Predigtverbot, weil er sich für die gleichgeschlechtliche Ehe ausgesprochen hatte. Andrés, Jura-Student und Teilnehmer einer Demonstration für die Homo-Heirat, kritisiert die Haltung der Katholischen Kirche:
"Ich bin auch Katholik, und bin der Meinung, dass, wie es in der Bibel heißt, im Reich Gottes alle Menschen gleich sind. Egal, für welche Lebensform sie sich entscheiden und welche sexuelle Orientierung sie haben. Es wird Zeit, dass die Kirche die Rechte der homosexuellen Minderheit anerkennt."
Die Regierung von Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner hat die Ausweitung des Eherechts aktiv unterstützt. Kritiker werfen ihr vor, dass es ihr vor allem um homosexuelle Wählerstimmen gehe. Und, dass die Regierung erheblichen Druck auf die eigenen Senatoren ausgeübt habe. Der Abstimmung blieben mehrere Volksvertreter fern, andere enthielten sich. Zwei Senatorinnen, deren Ablehnung befürchtet wurde, nahm Präsidentin Kirchner kurzerhand mit zum Staatsbesuch nach China. Die Oppositions-Abgeordnete Cynthia Hotton kritisiert, das Heiratsrecht für Homosexuelle sei nicht ausreichend diskutiert und überstürzt beschlossen worden.
"Das Thema erschien erst vor zwei Monaten auf der politischen Tagesordnung. Man hätte mit der Entscheidung wenigstens bis nach den Wahlen im nächsten Jahr warten sollen. Dann hätte jeder Politiker die Möglichkeit gehabt, vorher seine Haltung zur Homo-Ehe kundzutun, und die Bürger könnten das bei ihrer Wahlentscheidung berücksichtigen."
"Wir wollen ganz einfach das Recht der Zivilehe auf all die ausweiten, die es ausüben wollen – unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung."
So Senatorin Lucía Corpacci in der Debatte. Ihr Kollege Guillermo Jenefes, ebenfalls aus dem Regierungsbündnis, argumentierte dagegen:
"Ich will auf gar keinen Fall, dass wir die Institution Ehe angreifen, die aus meiner Sicht als Jurist und Katholik der Verbindung zwischen Mann und Frau vorbehalten ist."
Nach der nun beschlossenen Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs können schwule und lesbische Paare in Argentinien heiraten, mit genau den gleichen Rechten und Pflichten wie Heterosexuelle. Die Gegner der Homo-Ehe hatten ihren Protest vor allem gegen das Adoptionsrecht gerichtet.
Ja zum Recht der Kinder auf Papa und Mama, skandierte die Menge bei einer Großkundgebung, zu der am Mittwochabend die Katholische und die Evangelischen Kirchen Argentiniens aufriefen. Rund 60.000 Menschen kamen zusammen. Schlicht Papa und Mama stand auf der orangefarbenen Fahne einer Teilnehmerin:
"Es ist unmenschlich für das Kind, das nicht entscheiden kann, ob es gleichgeschlechtliche Eltern will. In homosexuellen Partnerschaften hat ein Geschlecht ein zu großes Gewicht. Ich sehe keine Zukunft für die Homo-Ehe, für mich ist sie unnatürlich. Die große Mehrheit der Argentinier will sie nicht."
Schon heute gibt es in Argentinien gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern, denn in dem südamerikanischen Land dürfen alleinstehende Personen adoptieren. Künftig können Homosexuelle dies als verheiratetes Paar tun. Damit werden ihre Kinder dem Nachwuchs von Heterosexuellen rechtlich gleichgestellt. Sie werden nicht mehr diskriminiert, sagt die Abgeordnete Vilma Ibarra aus dem Regierungsbündnis, eine Vorkämpferin der Homo-Ehe. Im argentinischen Senat hatte es auch Bestrebungen gegeben, eine Union Civil einzuführen, eine Art eingetragener Lebenspartnerschaft ohne Adoptionsrecht. Sie scheiterten. Vilma Ibarra war entschieden gegen eine Ehe Light:
"Wenn wir festlegen, dass es eine Institution nur für Heterosexuelle gibt, und eine andere nur für Homosexuelle, dann verletzen wir doch den Gleichheitsgrundsatz."
Als erfolgreich erwies sich die Strategie der argentinischen Homosexuellen-Verbände. In den vergangenen Monaten beantragten zahlreiche heiratswillige schwule und lesbische Paare Termine bei den Standesämtern. Gegen die negativen Bescheide legten sie in der Justiz Widerspruch ein, und beriefen sich dabei auf das in der Verfassung verankerte Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz. Insgesamt neun Paaren haben argentinische Richter bisher den Gang zum Standesamt genehmigt. Am 15. April gaben sich Carlos Alvarez und Martín Canevaro das Ja-Wort.
"Wir lieben uns, für uns war total wichtig, dass die Liebe im Vordergrund steht, und wir das nicht nur als Aktivisten machen. Die Strategie war jedenfalls super-positiv. Wir wollten Tatsachen schaffen, damit die Gesetzgeber mit der Diskussion beginnen. Und das ist ganz klar gelungen."
… sagt Carlos. Ein großer Teil der Argentinier sei tolerant, vor allem in den Städten gebe es wenig Vorurteile gegenüber Homosexuellen, meint das verheiratete Paar. Aber in Teilen der Gesellschaft, besonders in den Provinzen, würden Schwule und Lesben immer noch diskriminiert. Für Martín ist die rechtliche Gleichstellung bei der Eheschließung daher ein wichtiges Signal an die Gesellschaft.
"Dass nun jeder heiraten kann, wen er will, unabhängig vom Geschlecht, hat auch einen pädagogischen Effekt. Die Botschaft an die neuen Generationen ist: jede sexuelle Orientierung ist zulässig und achtbar."
Die Auseinandersetzung über das Heiratsrecht für Homosexuelle hatte sich in den Tagen vor der Senatsabstimmung zugespitzt. Kirchenvertreter verschärften den Ton, ein katholischer Bischof behauptete, homosexuelle Beziehungen seien – Zitat – "dreißig Mal gewalttätiger als heterosexuelle". Ein Priester erhielt Predigtverbot, weil er sich für die gleichgeschlechtliche Ehe ausgesprochen hatte. Andrés, Jura-Student und Teilnehmer einer Demonstration für die Homo-Heirat, kritisiert die Haltung der Katholischen Kirche:
"Ich bin auch Katholik, und bin der Meinung, dass, wie es in der Bibel heißt, im Reich Gottes alle Menschen gleich sind. Egal, für welche Lebensform sie sich entscheiden und welche sexuelle Orientierung sie haben. Es wird Zeit, dass die Kirche die Rechte der homosexuellen Minderheit anerkennt."
Die Regierung von Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner hat die Ausweitung des Eherechts aktiv unterstützt. Kritiker werfen ihr vor, dass es ihr vor allem um homosexuelle Wählerstimmen gehe. Und, dass die Regierung erheblichen Druck auf die eigenen Senatoren ausgeübt habe. Der Abstimmung blieben mehrere Volksvertreter fern, andere enthielten sich. Zwei Senatorinnen, deren Ablehnung befürchtet wurde, nahm Präsidentin Kirchner kurzerhand mit zum Staatsbesuch nach China. Die Oppositions-Abgeordnete Cynthia Hotton kritisiert, das Heiratsrecht für Homosexuelle sei nicht ausreichend diskutiert und überstürzt beschlossen worden.
"Das Thema erschien erst vor zwei Monaten auf der politischen Tagesordnung. Man hätte mit der Entscheidung wenigstens bis nach den Wahlen im nächsten Jahr warten sollen. Dann hätte jeder Politiker die Möglichkeit gehabt, vorher seine Haltung zur Homo-Ehe kundzutun, und die Bürger könnten das bei ihrer Wahlentscheidung berücksichtigen."