"Heiße Luft, ohne zu bezahlen" – Klimaaktivisten verteilen heute früh im Eingangsbereich des Qatar National Convention Centre Zettel, die Emissionsrechte versprechen – und sie wollen damit auf etwas aufmerksam machen, was in ihren Augen ein handfester Skandal ist: Russland, Polen und andere osteuropäische Staaten sitzen auf nicht genutzten Rechten zur Emission von Treibhausgasen – insgesamt 13 Milliarden Tonnen Kohlendioxid, mehr als das doppelte dessen, was die Europäische Union insgesamt jährlich in die Atmosphäre entlässt. Wer solche Rechte kauft oder nutzt, kann sich damit eigene Anstrengungen zum Klimaschutz sparen. Die Botschaft der Aktivisten ist klar: Die Verschmutzungsrechte sollen entwertet werden. Eva Maria Filzmoser von der Umweltorganisation Carbon Market Watch:
"Wenn diese 13 Milliarden Tonnen in eine nächste Verpflichtungsperiode übertragen werden können, würde es eigentlich Klimaverbesserungen in 2026 geben. Das heißt: Es ist wirklich wichtig, dass hier in Doha die Länder sich dazu verpflichten, die übrigen nutzlosen Verschmutzungsrechte aufzugeben."
Am anderen Ende des Eingangsbereichs im riesigen Kongresszentrum von Doha sollen die Angesprochenen der Aktion genau das tun – symbolisch werfen die meisten ihre Zettel in einen Papierkorb und stimmen damit einer Entwertung der Verschmutzungsrechte zu – heftig beklatscht von den Aktivisten.
Im wirklichen Leben sieht es allerdings anders aus: Hinter den Kulissen beharren die Inhaber der "heißen Luft" darauf, ihre Zertifikate zu behalten und es ist bisher nicht gelungen, sie davon abzubringen – und das ist für die Aktivisten der Skandal. Auch die Europäische Union will die überschüssigen Emissionsrechte entwerten, sie setzt aber auf leisere Töne. Der deutsche Unterhändler Karsten Sach hofft auf Einsicht der russischen Delegation, die besonders viel "heiße Luft" in ihren Büchern stehen hat.
"Es gibt nur zwei Dinge, die deutlich machen, dass sie augenblicklich nicht viel wert ist. Sie kann diese Position nur dann nutzen, wenn sie auch eine zweite Verpflichtungsperiode ratifizieren. Und zum zweiten gibt es augenblicklich keinen Markt, solche Dinge zu verkaufen. Insofern ist es eine Rechtsposition, die aber ökonomisch augenblicklich nichts wert ist."
Russland will bei der zweiten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls nicht mitmachen. Es gibt aber noch keine Signale dafür, dass die Russen sich dem Argument des deutschen Unterhändlers beugen - ein Interview mit ihrem Delegationsleiter war nicht zu bekommen. Der Streit geht allerdings quer durch die Europäische Union: Auch Polen sitzt auf überschüssigen Emissionsrechten. Sie sind zwar nach Auffassung der EU-Kommission im Emissionshandel derzeit nicht verwertbar, die Parlamentarische Staatssekretärin Katherina Reiche möchte aber ganz sicher gehen, dass es nicht doch Schlupflöcher gibt.
"Gleichwohl möchte ich ausschließen, dass es nicht doch irgendwo Wege gibt, und die Balance zwischen politischer Botschaft und weiteren Möglichkeiten einfach da ist."
Die Inhaber der Emissionsrechte setzen wohl vor allem auf die Zeit ab 2020. Dann soll ein neues weltumspannendes Klimaschutz-Abkommen gelten und da ließe sich eventuell die Möglichkeit hereinverhandeln, solche Rechte noch zu nutzen. Klimaschützer werfen der Europäischen Union vor, bei dem Thema viel zu zaghaft zu sein. Vor allem Polen werde viel zu wenig unter Druck gesetzt, sagt Christoph Bals von Germanwatch. Warschau ist schließlich Gastgeber des nächsten Klimagipfels, da müsse man mehr Engagement einfordern.
"Das ist für ein Land, das den nächsten Klimagipfel ausrichtet, diese Entscheidung ist ja hier gefallen, eine absolute Unverschämtheit und das müsste von den anderen EU-Ländern in der Öffentlichkeit hier mit gebracht werden. Es geht nicht, dass die EU einer Regelung zustimmt, die über 2020 dieses Fass weiter öffnet."
Die Frage nach dem Schicksal der "heißen Luft" hat eine große Sprengkraft: Bei den vergangenen Klimagipfeln hat man das Thema immer wieder aufgeschoben, doch dieses Mal ist das nicht mehr möglich: Wenn das Kyoto-Protokoll mit einer zweiten Phase verlängert wird, muss geklärt sein, was mit den überschüssigen Emissionsrechten passiert. Und ohne eine Entscheidung darüber würde der ganze Gipfel ergebnislos enden, denn in der Schlusserklärung hängt alles mit allem zusammen. Man könnte das Thema als Kuriosität abtun, wenn es nicht um so viel Kohlendioxid ginge. Doch das Ergebnis des Klimagipfels von Doha könnte von einer Frage abhängen, die der Öffentlichkeit kaum noch vermittelbar ist. Samantha Smith vom World Wide Fund for Nature.
"In dieser Frage gibt es einen Gegensatz zwischen Wissenschaft und politischer Wissenschaft – und zwischen der Realität und dem Paralleluniversum, in dem wir uns bei diesen Verhandlungen bewegen."
Mehr zum Thema:
Doha 2012 (Themenportal)
EU legt Entwurf zur Neuregelung des Emissionshandels vor
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Am anderen Ende des Eingangsbereichs im riesigen Kongresszentrum von Doha sollen die Angesprochenen der Aktion genau das tun – symbolisch werfen die meisten ihre Zettel in einen Papierkorb und stimmen damit einer Entwertung der Verschmutzungsrechte zu – heftig beklatscht von den Aktivisten.
Im wirklichen Leben sieht es allerdings anders aus: Hinter den Kulissen beharren die Inhaber der "heißen Luft" darauf, ihre Zertifikate zu behalten und es ist bisher nicht gelungen, sie davon abzubringen – und das ist für die Aktivisten der Skandal. Auch die Europäische Union will die überschüssigen Emissionsrechte entwerten, sie setzt aber auf leisere Töne. Der deutsche Unterhändler Karsten Sach hofft auf Einsicht der russischen Delegation, die besonders viel "heiße Luft" in ihren Büchern stehen hat.
"Es gibt nur zwei Dinge, die deutlich machen, dass sie augenblicklich nicht viel wert ist. Sie kann diese Position nur dann nutzen, wenn sie auch eine zweite Verpflichtungsperiode ratifizieren. Und zum zweiten gibt es augenblicklich keinen Markt, solche Dinge zu verkaufen. Insofern ist es eine Rechtsposition, die aber ökonomisch augenblicklich nichts wert ist."
Russland will bei der zweiten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls nicht mitmachen. Es gibt aber noch keine Signale dafür, dass die Russen sich dem Argument des deutschen Unterhändlers beugen - ein Interview mit ihrem Delegationsleiter war nicht zu bekommen. Der Streit geht allerdings quer durch die Europäische Union: Auch Polen sitzt auf überschüssigen Emissionsrechten. Sie sind zwar nach Auffassung der EU-Kommission im Emissionshandel derzeit nicht verwertbar, die Parlamentarische Staatssekretärin Katherina Reiche möchte aber ganz sicher gehen, dass es nicht doch Schlupflöcher gibt.
"Gleichwohl möchte ich ausschließen, dass es nicht doch irgendwo Wege gibt, und die Balance zwischen politischer Botschaft und weiteren Möglichkeiten einfach da ist."
Die Inhaber der Emissionsrechte setzen wohl vor allem auf die Zeit ab 2020. Dann soll ein neues weltumspannendes Klimaschutz-Abkommen gelten und da ließe sich eventuell die Möglichkeit hereinverhandeln, solche Rechte noch zu nutzen. Klimaschützer werfen der Europäischen Union vor, bei dem Thema viel zu zaghaft zu sein. Vor allem Polen werde viel zu wenig unter Druck gesetzt, sagt Christoph Bals von Germanwatch. Warschau ist schließlich Gastgeber des nächsten Klimagipfels, da müsse man mehr Engagement einfordern.
"Das ist für ein Land, das den nächsten Klimagipfel ausrichtet, diese Entscheidung ist ja hier gefallen, eine absolute Unverschämtheit und das müsste von den anderen EU-Ländern in der Öffentlichkeit hier mit gebracht werden. Es geht nicht, dass die EU einer Regelung zustimmt, die über 2020 dieses Fass weiter öffnet."
Die Frage nach dem Schicksal der "heißen Luft" hat eine große Sprengkraft: Bei den vergangenen Klimagipfeln hat man das Thema immer wieder aufgeschoben, doch dieses Mal ist das nicht mehr möglich: Wenn das Kyoto-Protokoll mit einer zweiten Phase verlängert wird, muss geklärt sein, was mit den überschüssigen Emissionsrechten passiert. Und ohne eine Entscheidung darüber würde der ganze Gipfel ergebnislos enden, denn in der Schlusserklärung hängt alles mit allem zusammen. Man könnte das Thema als Kuriosität abtun, wenn es nicht um so viel Kohlendioxid ginge. Doch das Ergebnis des Klimagipfels von Doha könnte von einer Frage abhängen, die der Öffentlichkeit kaum noch vermittelbar ist. Samantha Smith vom World Wide Fund for Nature.
"In dieser Frage gibt es einen Gegensatz zwischen Wissenschaft und politischer Wissenschaft – und zwischen der Realität und dem Paralleluniversum, in dem wir uns bei diesen Verhandlungen bewegen."
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