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Heizen mit Abwärme und Strom aus Deponiegasen

Wie wir umweltverträglich bauen und auf den Klimawandel reagieren können, das ist ein Schwerpunkt der Internationalen Bauausstellung (IBA) in Hamburg. Zu den spektakulärsten Projekten gehört ein Kriegsbunker, der zu einem Wärmespeicher umfunktioniert wurde.

Von Axel Schröder |
    Das spektakulärste IBA-Projekt liegt gut versteckt hinter zwei Meter dicken Betonmauern. Im Inneren des sogenannten Energiebunkers ragt ein haushoher Wasserspeicher in die Höhe und füllt den Kathedralen großen Raum fast aus.

    "Dieser riesige silberne Behälter, den Sie hier vor sich stehen sehen, ist ein 2000 Kubikmeter Warmwasserspeicher. Der wird von verschiedenen Wärmequellen gespeist und aus dem heraus gehen dann die entsprechenden Leitungen, Nahwärmeleitungen, zu den zu beheizenden Wohnquartieren, zu den zu beheizenden Gebäuden."

    Das erklärt Michael Beckereit, der Geschäftsführer von Hamburg-Energie, dem stadteigenen Stromversorger. Während der Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg drängten sich im Bunker bis zu 30.000 Menschen, vom Dach aus feuerten vier Flakgeschütze auf die alliierten Bomber. Heute wird das Wasser im Kessel durch die Abwärme aus angrenzenden Industriebetrieben erhitzt oder durch vor allem nachts produzierten Windstrom, der im Netz nicht gebraucht wird. 2000 Wohnungen können so mit Wärme versorgt werden, die Solarmodule an der Außenfassade liefern Strom für 1000 Haushalte. Eine gute Idee findet Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz, BUND. Aber:

    "Die Frage bleibt: Ist es nur reine Symbolik oder ist es auch ein wirtschaftliches Modell für die Zukunft? Da habe ich noch einige Fragezeichen. Das muss sich erst dann in der Bewährungsprobe der nächsten Jahre zeigen."

    Und erst dann wird darüber entschieden, ob ein weiteres, schon heute beworbenes IBA-Projekt überhaupt realisiert wird: die Nutzung von Geothermie in Hamburg-Wilhelmsburg, dem Stadtteil, dessen Gesicht die IBA verändern will. Ein Stadtteil, für den sich die Stadtplaner jahrzehntelang nicht interessiert haben, der eingerahmt von Autobahnen und Industriegebieten im Süden Hamburgs liegt. Im Herzen des Stadtteils öffnet im Mai die erste Behörde im Passivhaus-Standard: die bunt gekachelte Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt. Einen Steinwurf entfernt stehen sogenannte Energie-Plus-Häuser: Sie produzieren mehr Strom, als sie verbrauchen. Der IBA-Chef Uli Hellweg steht vor einem dieser futuristischen Bauten, erklärt die bewegliche Solaranlage an der Südseite:

    "Das Prinzip ist im Grunde genommen, dass diese Membranen sich wie eine Sonnenblume mit der Sonne drehen und dadurch eine extrem hohe Energieeffizienz haben. Und sie speisen ein Niedervolt-Netz im Haus."

    Denn viele unserer Elektrogeräte brauchen gar keine 220 Volt, so Hellweg. Für Smartphones, Laptops oder LED-Lampen reicht oft ein Zehntel davon. Strom aus Deponiegasen, Windkraftanlagen und Solarmodulen liefert das IBA-Projekt des 40 Meter hohen "Energiebergs": Bei den Wilhelmsburgern hieß der Hügel früher nur "Dioxinberg". Anfang der Achtzigerjahre sickerte der Giftstoff aus der Müllkippe, die danach jahrelang aufwendig saniert wurde. Windräder drehen sich schon seit Ende der Neunzigerjahre auf dem Berg, nun klebt das Label IBA-Projekt auf dem Dioxin-, nein: Energieberg.

    Es gibt also viele zukunftsweisende Projekte auf der IBA in Hamburg-Wilhelmsburg. Allerdings bleiben einige zentrale Probleme des Viertels außen vor: Natürlich rauscht nach wie vor der Autoverkehr von und nach Hamburg durch den Stadtteil. Und die Wohnsilos in Autobahnnähe sind nach wie vor weder schall- noch wärmeisoliert. Die Eigentümerin, das Immobilienunternehmen Gagfah, wollte nichts wissen von den Ideen der IBA-Planer. Manfred Braasch vom BUND lehnt das Gesamtkonzept der IBA trotz vieler verpasster Chancen aber nicht rundweg ab. Er will abwarten, was von den IBA-Projekten nach dem Ende der Schau im Herbst bleibt.

    "Dann wird es eigentlich erst spannend: Sind die Impulse, die die IBA versucht hat zu setzen, dann so tragfähig, dass es auch in die Zukunft reicht? Und da wird sich Hamburg dran messen lassen müssen, ob zum Beispiel das unabhängige, energieautarke Wilhelmsburg eines Tages tatsächlich Realität wird. Das ist die entscheidende Aufgabe nach der IBA."