Eine Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine war der starke Anstieg der Energiekosten im vergangenen Winter. Mit staatlichen Hilfen wie Preisbremsen für Strom und Gas versuchte die Bundesregierung, die Kosten einzudämmen. Der Strompreis wurde für private Verbraucher und kleine Unternehmen bei maximal 40 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt, Erdgas bei maximal zwölf Cent pro Kilowattstunde für 80 Prozent des Verbrauchs im Vergleich zum Vorjahr.
In diesem Jahr haben sich die Preise auf den Energiemärkten wieder beruhigt. Was heißt das für Verbraucher und Verbraucherinnen im kommenden Winter?
Wie haben sich die Heizkosten seit 2022 entwickelt?
Im Jahr 2022 sind infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine die Heizkosten je nach Energieträger um bis zu 81 Prozent gestiegen. Zu diesem Ergebnis kommt die gemeinnützige Beratungsgesellschaft CO2online, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird und mit dem Deutschen Mieterbund einen jährlichen Heizspiegel und eine Verbraucherdatenbank zur Berechnung und Einsparung von Heizkosten veröffentlicht.
Dafür wurden deutschlandweit Vergleichswerte zum Heizen von mehr als 250.000 Energierechnungen und Heizkostenabrechnungen ausgewertet. Demnach musste im Jahr 2022 ein durchschnittlicher Haushalt im Mehrfamilienhaus (70-m²-Wohnung) fürs Heizen mit Gas 1475 Euro bezahlen. Das entspricht einem Anstieg um 80 Prozent im Vergleich zu 2021.
Für Holzpellets stieg der Preis ebenfalls um 81 Prozent, für Wärmepumpen um 50 Prozent und für Heizöl um 48 Prozent. Nur der Anstieg bei Fernwärme viel mit fünf Prozent moderat aus.
Wie ist die aktuelle Situation bei Gas und Strom?
Laut des Statistischen Bundesamtes mussten Verbraucher und Verbraucherinnen im ersten Halbjahr 2023 im Durchschnitt 12,26 Cent je Kilowattstunde für Erdgas bezahlen, gut 31 Prozent mehr als im vorausgegangenen Halbjahr. Im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2022 waren es sogar fast 53 Prozent mehr.
Der Strompreis lag bei durchschnittlich 42,29 Cent je Kilowattstunde, und damit um 21 beziehungsweise gut 26 Prozent höher als in den Vergleichszeiträumen. Auch Steuern, Abgaben und Umlagen sowie die Netzentgelte hätten zu den Steigerungen beigetragen, hieß es weiter. Die Preisbremsen seien in den Angaben bereits berücksichtigt.
Wie geht es mit der Strompreisbremse weiter?
Die Preisbremse läuft Ende des Jahres aus, die Bundesregierung plant aber, sie bis Ende April 2024 beizubehalten. „Der beste Fall ist: Wir verlängern sie und brauchen sie nicht. Sollten wir sie doch brauchen, ist es gut, wenn wir sie verlängert haben“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen).
Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hat dennoch zu einem "sparsamen Gasverbrauch" aufgerufen. Trotz der verbesserten Energieversorgung gebe es Restrisiken, wie einen sehr kalten Winter, sagte er der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten".
Wie ist die Gaspreisentwicklung?
Eine Auswertung des Vergleichsportals Verivox zeigte, dass die Preise für Gas im Jahresvergleich zwar deutlich gesunken sind, aber weiterhin auf einem hohen Niveau liegen. Eine Kilowattstunde (kWh) Gas kostete demnach vor einem Jahr im bundesweiten Durchschnitt 20,54 Cent, zuletzt waren es 11,73 Cent.
"Die Ausgangssituation zu Beginn der kommenden Heizperiode ist im Hinblick auf die Speicherfüllstände und die Bezugsquellen für Erdgas deutlich besser als im vergangenen Herbst", sagte Müller und warnte in diesem Zusammenhang auch vor teilweisen oder vollständigen Ausfällen, etwa durch Schäden an Pipelines.
Was ist für den Winter zu erwarten?
Die Bundesregierung hat beschlossen, im Januar die derzeit ermäßigte Mehrwertsteuer auf Erdgas wieder von sieben auf 19 Prozent heraufzusetzen. Zum anderen wird zeitgleich der CO2-Preis angehoben, der beim Tanken und auch Heizen zu bezahlen ist. Für einen Haushalt mit drei bis vier Personen, der mit Gas heizt, bedeute das Mehrkosten in Höhe von 240 Euro, sagt Thomas Engelke von der Verbraucherzentrale Bundesverband.
Auch die Netzbetreiber wollen die Preise heraufsetzen. Allerdings plant die Bundesregierung, 5,5 Milliarden Euro bereitzustellen, um den Anstieg für die Verbraucher zum großen Teil abzufedern.
Lohnt sich ein Strompreisvergleich
Was das am Ende für sie bedeutet, ist derzeit schwer zu kalkulieren. Doch müssen sich Verbraucher ab Januar auf höhere Energiekosten einstellen, auch wenn starke Steigerungen derzeit nicht zu erwarten sind.
Verbraucherschützer Engelke rät den Kunden daher, auch im anstehenden Winter genau hinzuschauen, wo Einsparpotenziale liegen könnten: „Zum einen diejenigen, die jetzt einen neuen Gasvertrag oder Stromvertrag abschließen, informieren Sie sich, wechseln sie gegebenenfalls. Da kann man zurzeit durchaus ein paar Hundert Euro sparen. Auf der anderen Seite auch in diesem Winter unbedingt noch versuchen, soweit es geht, Energie zu sparen.“
Wie gut läuft die Versorgung mit LNG?
Nur bei Erdgas sehen Experten größere Unwägbarkeiten bei der Preisentwicklung. Großhandelspreise seien im kommenden Winter vom LNG-Angebot des Weltmarkts, der Verfügbarkeit von Pipeline-Gas sowie der Temperaturentwicklung, aber auch von der Einsparung durch Industrie und Haushalten abhängig, sagt Sebastian Gulbis vom Energieberatungsunternehmen Enervis.
Die logistischen Vorkehrungen für die Lieferungen von Flüssiggas (LNG) laufen auf Hochtouren. Derzeit sind drei schwimmende LNG-Terminals in Betrieb: in Wilhelmshaven in Niedersachsen, in Brunsbüttel in Schleswig-Holstein und in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern. Drei weitere Terminals sollen in Stade, Wilhelmshaven und in Mukran auf Rügen folgen. Auf der Ostseeinsel gibt es allerdings großen Widerstand dagegen.
nm, rtr