Das sogenannte Heizungsgesetz, eigentlich Gebäudeenergiegesetz, war mit Sicherheit einer der größten Streitpunkte der gescheiterten Ampelregierung. Vor allem FDP und Grüne griffen sich heftig an, es entstand ein Vertrauensverlust, der nicht mehr zu kitten war. Und heute? Das Heizungsgesetz ist wieder Wahlkampfthema, vor allem bei der CDU.
Was ist das Heizungsgesetz überhaupt?
Das sogenannte Heizungsgesetz gibt es im Prinzip gar nicht. Es ist ein Paragraph, der Paragraph 71 von 151 weiteren im Gebäudeenergiegesetz, das es schon seit vielen Jahren gibt. Die Ampelregierung wollte es novellieren, das stand so schon im Koalitionsvertrag. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine führte dann dazu, dass eine Gas-Mangellage entstand und die Preise für Gas explodierten.
Das novellierte Gesetz sollte dazu dienen, das Land unabhängiger von dem Aggressor und Gaslieferanten Russland zu machen und außerdem eine Wärmewende einzuleiten. Denn nach wie vor entsteht ein Großteil des in Deutschland ausgestoßenen CO2 beim Heizen. Im Paragraph 71 wird geregelt, womit geheizt werden darf.
Wie kam es zu der emotionalen Debatte?
Das Gesetz sieht vor, dass neue Heizungen nur dann zulässig sind, wenn sie zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden. Faktisch bedeutete das ein Verbot von Öl- und Gasheizungen. Ursprünglich sollte das ab dem Jahreswechsel 2023/24 gelten. Wegen der Gasmangellage wollte die Regierung das Gesetz dann um ein Jahr vorziehen.
Schließlich wurde auch noch ein sehr früher Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums an die Presse durchgestochen. Das führte dazu, dass zum einen die Regierung nicht darauf vorbereitet war, das Gesetz genau zu erklären. Zum anderen wurde ein unfertiges Gesetz in der Öffentlichkeit diskutiert. Viele beklagten auch damals schon, dass dabei mit vielen Unwahrheiten oder Interpretationen gearbeitet wurde. Das Ergebnis: eine Bevölkerung, die völlig verunsichert war und nicht mehr wusste, was jetzt noch möglich ist oder nicht.
Verbraucherzentrale kritisiert mangelnde Informationsangebote
Andreas Munder vom Verbraucherzentrale Bundesverband kritisiert, dass die Bundesregierung keine Informationsangebote zu dem Gesetz bereitgestellt hat und die Bevölkerung nicht ausreichend über die weitreichenden Änderungen informiert hat. Er berichtet, dass Menschen zeitweise dachten, sie müssten zum Jahreswechsel ihr Haus dämmen, Fenster ersetzen und eine neue Heizung einbauen, ohne zu wissen, wie das zu organisieren und finanzieren sei. Das ist aber gar nicht der Fall und war auch nie so vorgesehen.
Stattdessen gibt es sehr vielfältige Förderungen, teils bis zu 70 Prozent, die es vorher nicht gab. Zudem ist auch noch eine soziale Staffelung vorgesehen, bei der Menschen, die weniger verdienen, stärker gefördert werden als reiche Menschen. All das sei sehr positiv, sagt Verbraucherschützer Munder.
Wie wurde der Streit beigelegt?
In der Regierung gab es heftige Kontroversen wegen des Gesetzes, vor allem zwischen der FDP und den Grünen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wurde auch persönlich scharf für das Gesetz angegriffen. Es folgten viele Krisensitzungen. Die FDP kündigte einen 101 Fragen umfassenden Katalog an, der vom Wirtschaftsminister beantwortet werden müsse, sonst könne man nicht zustimmen, hieß es. Die Fragen wurden zwar nie formuliert, FDP-Chef Christian Lindner stimmte dann aber doch einem Kompromiss zu. Letztlich wird den Menschen mehr Zeit gelassen.
Kommunen sollen Wärmepläne aufstellen
Kernelement des Kompromisses ist, das Gesetz mit dem Wärmeplanungsgesetz zu verknüpfen. Darin ist geregelt, dass die Kommunen Wärmepläne aufstellen sollen. Das betrifft die Fernwärme vor allem in größeren Städten. Fernwärme erfüllt automatisch die Vorgaben des Gesetzes, auch wenn die Fernwärme heute noch gar nicht zu 65 Prozent aus Erneuerbaren Energien stammt, sondern zu großen Teilen aus Kohle, Gas oder Öl.
Mit der Bevorzugung der Fernwärme will man die Wärmewende aus der Verantwortung des Einzelnen nehmen und zentralisieren, das heißt, in die Verantwortung der örtlichen Stadtwerke geben. Das soll den Umstieg – dort wo Fernwärme möglich und sinnvoll ist - einfacher und unter dem Strich auch günstiger machen.
Die Kommunen zeigen in den Wärmeplänen, wo Fernwärme verfügbar ist, wo sie noch gelegt werden wird und wo nicht. Theoretisch könnte auch noch eingezeichnet werden, wo Wasserstoff verfügbar sein wird. Das wird aber - der Aussage der meisten Expertinnen und Experten zufolge – nirgends der Fall sein.
65-Prozent-Regel gilt für neu gebaute Häuser in Neubaugebieten
Wenn keine Fernwärme anliegt, bleiben die Wärmepumpe oder Holzpellets. Kleine Kommunen müssen diese Wärmepläne bis 2028 aufstellen, größere bis 2026. Erst wenn die Wärmepläne vorliegen, greifen die Bestimmungen im Heizungsgesetz bei den Bestandsbauten. Für neu gebaute Häuser in Neubaugebieten gilt die 65-Prozent-Regel aber schon heute.
In welchem Kontext steht das Heizungsgesetz?
Das Gesetz ist Teil mehrerer Gesetze, von denen einige auf Europäische Vorgaben zum Klimaschutz zurückgehen. Der Gebäudesektor, vor allem die Heizungen, produzieren einen Großteil der CO2-Emissionen in Europa und Deutschland. Die sollen reduziert werden. Deshalb wurde schon ein CO2-Preis für Brennstoffe eingeführt, ähnlich dem, der bereits für die Industrie und Kraftwerke gilt.
Für jede Tonne ausgestoßenes CO2 muss ein Preis bezahlt werden. Die Regierung legt fest, wie groß diese Menge ist, also wie viel CO2 ausgestoßen werden darf. Der Preis bildet sich dann am Markt. Bei den Brennstoffen, also bei Benzin, Diesel, Heizöl und Gas, ist das noch anders herum: Die Regierung legt den Preis fest und die Menge ergibt sich dann. Ab 2027 wird das umgedreht. Dann wird die Menge von der Regierung festgelegt - die ergibt sich aus den Klimazielen – und der Preis bildet sich am Markt.
Zahl der Gasanschlüsse sinkt perspektivisch
Die meisten Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass der Preis dann stark ansteigen wird. Gas und Öl werden dann schlagartig viel teurer. Das Heizungsgesetz sollte eigentlich ein Anreiz sein, frühzeitig eine Heizung einzubauen, die nicht mit Öl und Gas betrieben wird, damit die Menschen am Stichtag 2027 nicht eine deutlich höhere Gasrechnung bekommen. Und nicht zuletzt auch, damit die Menge an verbrauchtem Gas bis dahin insgesamt sinkt.
Es gibt aber noch weitere Gesetze, die in die gleiche Richtung gehen. Die Gasbinnenmarktrichtlinie zum Beispiel, die vorsieht, dass die örtlichen Versorger offenlegen müssen, ob sich die städtischen Gasnetze noch wirtschaftlich betreiben lassen. Ist dies nicht der Fall, dann sollen sie stillgelegt werden. Da immer mehr Menschen mit Fernwärme oder Wärmepumpe heizen, sinkt perspektivisch die Zahl der Gasanschlüsse. Damit müssen immer weniger Anschlüsse das Netz finanzieren, die Kosten für den Einzelnen steigen, der Betrieb wird unrentabel. Der Mannheimer Versorger MVV Energie AG hat bereits angekündigt, das örtliche Gasnetz bis 2035 stillzulegen. Es ist wahrscheinlich, dass noch weitere Versorger folgen werden, weil die Regelung für ganz Deutschland gilt.
Was wollen die Parteien jetzt im Wahlkampf?
Nach dem Ampel-Aus ist jetzt wieder Wahlkampf und das Heizungsgesetz ist wieder ein Thema. Die CDU will das Gesetz wieder aufmachen und es - nach eigener Aussage - technologieoffener und weniger kompliziert machen. Viel konkreter wird sie dabei allerdings nicht.
Union will Heizungsgesetz rückgängig machen
Will man die CO2-Emissionen im Gebäudesektor senken, dann bleiben praktisch nur die Fernwärme, Wärmepumpen und Holz. Letzteres wird aber nicht so wie Wärmepumpen gefördert, denn die Klima- und Umweltbilanz von Holz als Brennstoff ist laut Umweltbundesamt kritisch zu sehen – vor allem wegen der dabei produzierten umwelt- und klimaschädlichen Emissionen wie Feinstaub oder Methan.
Was wollen Kommunen und Heizungsbranche?
In den Kommunen ist man dagegen, das Gesetz wieder aufzumachen, sagt der Leipziger Bürgermeister für Umwelt und Bauen, Heiko Rosenthal. Denn man arbeite gerade daran, die Vorgaben mit der Wärmeplanung umzusetzen. Auch das Deutsche Energieberaternetzwerk spricht sich dagegen aus, weil man für eine angemessene Energieberatung Planungssicherheit brauche und die gebe es jetzt endlich.
Dem schließt sich der Zentralverband Sanitär Heizung Klima an. Der Hauptgeschäftsführer Helmut Bramann sagt, dass in der Folge des Heizungsgesetzes, vor allem in Folge der hitzigen Debatten, der Markt eingebrochen sei. Es wurden kaum noch neue Heizungen eingebaut. Langsam kehre das Vertrauen aber wieder zurück und die Menschen investierten wieder.
Öffne man die Debatte jetzt wieder, so Bramann, führe das erneut zu Verunsicherung und möglicherweise dazu, dass weniger Heizungen umgebaut werden. Die Branche, also das Handwerk aber auch die Unternehmen, die Wärmepumpen herstellten und über viel Knowhow und Arbeitsplätze in Deutschland verfügten, könnte das in existenzielle Schwierigkeiten bringen.