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Kommentar zum Heizungsgesetz
Schluss mit dem Eiertanz!

Wir brauchen mehr Klarheit, unter welchen Bedingungen wir in Zukunft heizen werden, sagt Ann-Kathrin Büüsker. Doch mit einer schlüssigen Novelle des Gebäudeenergiegesetzes tue sich die selbsternannte Fortschrittskoalition schwer.

Von Ann-Kathrin Büüsker | 22.05.2023
Ein weißer, rechteckiger Heizkörper vor einer grau getünchten Zimmerwand.
Wie werden wir in Zukunft heizen? Und welche Kosten kommen durch Neuregelungen auf Hausbesitzer und Mieter zu? Die Bundesregierung sollte das so schnell wie möglich verbindlich regeln, findet unsere Kommentatorin Ann-Kathrin Büüsker. (picture alliance / Shotshop / Bassi)
Ist die Ampel-Koalition noch regierungsfähig? Kann sie sich in hochgradig strittigen Themen auf einen sinnvollen, umsetzbaren Kompromiss einigen? Oder scheitert sie an ihrer eigenen Zerrissenheit? In Berlin geht es gerade um nichts weniger, als um die Frage, ob diese Koalition Zukunft gestalten kann, ob sie selbst also auch eine Zukunft hat.
Dafür wäre es wichtig, das Heizungsgesetz jetzt aktiv zu gestalten. Seit dem Kabinettsbeschluss befindet sich die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes in einer Art politischem Niemandsland: Die Regierungsmitglieder haben den Daumen hochgereckt, aber gleichzeitig signalisiert, dass das Parlament bitte noch einiges ändern möge.

Stillstand in der Regierung

Genau das kann aber nun seit Wochen nicht passieren, weil das Gesetz noch nicht zur Debatte in den Bundestag eingebracht wurde. Auch für diese Sitzungswoche steht es noch nicht auf der Tagesordnung – es wäre wichtig, dass sich das ändert, damit die konstruktive Arbeit am Gesetz beginnen kann.
Derzeit nehmen sich nämlich vor allem diejenigen das Wort, die das Gesetz schlechtreden – vielfach ohne dass sie konkrete konstruktive Vorschläge machen, wie das Gesetz besser werden kann. Dabei gebe es so viel zu verbessern.
Bislang verliert sich die Novelle an vielen Stellen zum Beispiel in Mikromanagement – viele Dinge werden bis ins letzte Detail ausbuchstabiert. Etwa im Fall Biomethan, wo das Gesetz allen Ernstes vorgeben will, dass der Anteil von Getreidekorn und Mais pro Kalenderjahr insgesamt höchstens 40 Prozent Masseprozent betragen darf. Als Mais sind Ganzpflanzen, Maiskorn-Spindel-Gemisch, Körnermais und Lieschkolbenschrot anzusehen.

Ja, so steht es allen Ernstes im Heizungsgesetz. Es braucht hier nun einen gesunden, zielgerichteten Pragmatismus, um dieses Gesetz besser zu machen, und da sind die Parlamentarierinnen und Parlamentarier gefragt.

Das ungelöste Problem der sozialen Abfederung

Und nein, es ist keine gute Idee den Gesetzesprozess noch einmal von vorne zu beginnen, so wie es Klimaforscher Otmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung vorgeschlagen hat. Denn so schlecht ist das Gesetz nun wirklich nicht, und das würde das Gelingen der gesamten Heizwende aufs Spiel setzen. Edenhofer hat nur recht insofern, als der Emissionshandel ein sehr gutes Instrument ist, um fossile Energieträger aus dem Markt zu drängen. Doch das hieße eben auch, diese deutlich teurer zu machen, das Problem der sozialen Abfederung bliebe also auch auf diesem Wege ungelöst.
Und es bleibt die Gefahr, dass aus Gewohnheit weiterhin in fossile Energiesysteme investiert wird: Schließlich hat man das ja immer schon so gemacht.

Nicht den Kopf in den Sand stecken

Ökologische Transformation gelingt nur im Zusammenspiel aus Markt und ordnungspolitischen Leitplanken. Es liegt jetzt an denen, die dieses Gesetz wollen, ein Gelegenheitsfenster für Mehrheiten zu schaffen und nicht den Kopf in den Sand zu stecken.
Denn die Koalition kann nicht dort, wo es schwierig wird, einen Rückzieher machen. Die selbsternannte Fortschrittskoalition muss gestalten – gerade da, wo es haarig ist. Die zentralen Fragen der Transformation brauchen Antworten, und die muss das Parlament finden. Schluss mit dem Eiertanz, ran an die Arbeit.