160 Millionen Kubikmeter Gülle landen jedes Jahr unbearbeitet auf Deutschlands Feldern. Viel zu viel, um vom Boden aufgenommen zu werden, vieles davon landet als Nitrat im Grundwasser. Deutschland hat die zweitschlechteste Wasserqualität in Europa. Schuld ist die Massentierhaltung, Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, SPD, ist sie schon lange ein Dorn im Auge. Doch federführend zuständig ist nicht sie, sondern das von ihrem CSU-Kollegen Christian Schmidt geführte Landwirtschaftsministerium.
Hendricks will jetzt über einen Umweg gegen Megaställe vorgehen: Mithilfe von Umweltauflagen und dem Baurecht. Viele Bürger würden mittlerweile aus Tierschutzgründen die Riesenmastanlagen ablehnen, betonte Hendricks –Geruchsbelästigung, Antibiotika im Trinkwasser und Luftverschmutzung durch Ammoniak und Feinstaub wollten viele Anwohner nicht mehr hinnehmen.
"Ich will, dass Kommunen künftig selbst entscheiden dürfen, ob sie eine solche Anlage zulassen oder nicht. Der Hebel dazu findet sich im Baugesetzbuch, für das ich als Bauministerin zuständig bin."
Bislang keine Baugenehmigung für große Mastanlagen nötig
Bislang benötigen landwirtschaftliche Betriebe keine Baugenehmigung für große Mastanlagen, sofern sie genügend Fläche vorweisen können, um das nötige Futter selber produzieren zu können. Ob das Futter dann auch tatsächlich angebaut oder die Flächen anderweitig genutzt werden, wird nicht mehr kontrolliert.
Manche Betriebe, so das Umweltministerium, würden die Flächen nur kurzfristig dazu pachten, um die Megaställe genehmigungsfrei bauen zu können. Künftig sollen große Tierhaltungsanlagen ab 15.000 Legehennen, 30.000 Masthähnchen, 15.000 Puten oder 1500 Schweinen nur zugelassen werden, wenn die Kommune einen entsprechenden Bebauungsplan erlässt. Investoren sollen Großanlagen zudem nicht mehr in viele kleinere Ställe aufteilen können, um eine Umweltverträglichkeitsprüfung für Großbetriebe zu umgehen
"Mit dieser Salamitaktik muss Schluss sein: Wir wollen klar stellen, viele kleine Anlagen ergeben eine große Anlage. Da muss es eine Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung geben."
Kritik an den Plänen kam umgehend vom Deutschen Bauernverband. Massentierhaltung sei nur ein politischer Kampfbegriff, die meisten Agrarbetriebe seien aber immer noch familiengeführt, erklärte Verbands-Generalsekretär Bernhard Krüsken.
Hendricks braucht die Zustimmung des Landwirtschaftsministers
"Wenn man die jetzt in einen Bebauungsplan hineinnimmt und die jetzt ins Gewerbegebiet verbannen will, dann ist das das Ende der bäuerlichen Tierhaltung."
Umgesetzt werden die Pläne Hendricks' allerdings ohnehin nur, wenn der Landwirtschaftsminister zustimmt. Die SPD-Politikerin ist zuversichtlich, dass das es zu einer Einigung kommt, noch in dieser Legislaturperiode. Doch ein Sprecher von Kabinettskollege Schmidt äußerte sich in einer ersten Reaktion eher trocken.
"Wir sind schon der Meinung, dass wir, ohne der Ressortabstimmung vorweggreifen zu wollen an dieser Stelle, die Entwicklungsperspektive der Landwirtschaft nicht blockieren wollen, denn die Kernaufgabe der Landwirtschaft ist und bleibt die Ernährungssicherung.
Um die geht es den Zahlen nach allerdings schon längst nicht mehr. Während der Fleischkonsum in Deutschland ist in den letzten Jahren zurückgegangen ist, ist die Fleischerzeugung weiter angestiegen. 20 Prozent deutsches Fleisch aus Massentierhaltung wird exportiert – die Gülle allerdings bleibt hier.