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Henkelmann für mehr Bildung

Das ambitionierte Projekt des 100-Dollar-Laptops von MIT-Professor Nicholas Negroponte setzt sich zum Ziel, auch Kindern aus unterentwickelten Ländern den Zugang zu Bildung und Internet zu ermöglichen. Jetzt geht das dazu entwickelte Gerät in die Massenfertigung.

Manfred Kloiber im Gespräch mit Peter Welchering |
    Manfred Kloiber: Am Montag gab es entwicklungspolitische Nachrichten aus Cambridge bei Boston. Dort lehrt nämlich Nicholas Negroponte am Medialab des Massachusetts Institute of Technology. Und eben dieser Nicholas Negroponte hat vor zwei Jahren das Projekt "100-Dollar-Laptop" aus der Taufe gehoben. Der Laptop für die Lehmhütte soll vor allen Dingen in Südamerika, Afrika und Asien Kinder mit Internet und Bildung versorgen und somit den digitalen Graben zwischen den Industrienationen und den Entwicklungsländern schließen helfen. Am Monat dieser Woche nun hat Nicholas Negroponte mitgeteilt, dass das Projekt "One Laptop per Child" die Massenproduktion des 100-Dollar-Laptops freigegeben hat. Wann wird der Entwicklungs-Laptop denn ausgeliefert, Peter Welchering?

    Peter Welchering: Das soll schon in neun Wochen passieren. Dann werden die ersten Geräte mit der Typenbezeichnung XO B4 an die ersten Schulen in Entwicklungsländern ausgeliefert. Vorzugsweise an die Schulen, die im Pilotprojekt auch schon mitgemacht haben und den XO B2 getestet haben. Im Oktober gibt es dann den XO B4. Allerdings wird der 100-Dollar-Laptop einen kleinen Aufschlag erfahren. Er kostet nämlich 175 Dollar. Aber dafür wird ein solide entwickeltes Gerät ausgeliefert. Denn der XO bietet ein prima Display, das auch im direkten Sonnelicht gut lesbar bleibt, und einen Flash-Speicher als Festplattenersatz von einem Gigabyte. Der Prozessor kommt von AMD, braucht extrem wenig Strom, der Chipsatz weniger als ein Watt. Und so haben sich die Entwickler auch gleich Kühlung und Lüfter gespart. Dafür haben sie mit einer USB-Schnittstelle und einem SD-Kartenslot sowie WLAN-Erweiterung eine Peripherie geschaffen, mit der sich sehr gut arbeiten lässt.

    Kloiber: Mit dem 100-Dollar-Laptop soll den Kindern in Entwicklungsländern Zugang zum Internet geboten werden. Wie funktioniert das und wer finanziert das?

    Welchering: Da gibt es sehr unterschiedliche Finanzierungsmodelle. So wird beispielsweise in Libyen zusammen mit der Auslieferung des XO ab Oktober ein Satellitennetz aufgebaut. Die Mittel für den Internet-Zugang via Satellit über den XO-Laptop sollen aus Spenden stammen und den Betrieb fünf Jahre lang schon heute garantieren. Hier sei ein Zusammenhang mit den aktuellen Verhandlungen von Libyen mit der EU und mit Frankreich zu sehen, heißt es aus libyschen Regierungskreisen. In anderen Ländern wird der Internet-Zugang mit dem XO-Laptop via W-LAN hergestellt. Dafür soll in den Schulen ein W-LAN-Server für 140 Dollar eingerichtet werden. Die W-LAN-Chips des XO-Laptops bilden dabei ein vermaschtes Netz und leiten E-Mails und andere Datenpakete aus dem Internet vom W-LAN-Server in der Schule über die einzelnen XO-Laptops bis zum Empfänger-Laptop weiter. Das war von vornherein ein ziemlich wichtiger Bestandteil des Projektes für Nicholas Negroponte. Der 100-Dollar-Laptop soll das Internet in die Schulen der Entwicklungsländer bringen.

    Kloiber: Wie sieht es mit dem Energiehunger des Laptops aus? Kommunikationschips fressen ja bekanntlich Strom.

    Welchering: Na ja, die Entwickler des XO haben sich da für einen sehr langsamen und sehr sparsamen Chip von Marvell entschieden. Der Nachteil: Die Surfgeschwindigkeit liegt deutlich unter einem Megabit pro Sekunde. Der Vorteil: W-LAN-Transportspeicher und Kommunikations-Prozessorkern sind ausgelagert und leisten die Kommunikationsfunktionen auch, wenn der Laptop ausgeschaltet ist. Strom bekommt der Laptop aus Nickelmetallhydrid-Akkus. Die können fast 30 Wattstunden speichern. Zwar verbraucht der Chipsatz des XO selbst nur ein Watt, aber für die Kommunikation kommen noch mal 1,5 Watt dazu, macht also 2,5 Watt. Muss das Display beleuchtet werden, sind es noch vier Watt extra. Aber auch dann bleibt der XO mit 6,5 Watt ein Stromsparer. Strom bezieht der XO übrigens auch erstmal aus der Steckdose. Die Kurbel zum Aufladen haben die Entwickler wieder abgeschafft. Das machte den XO zu reparaturanfällig. Es soll ein Generator mit einer aufziehbaren Schnur entwickelt werden. Aber der ist noch längst nicht serienreif.

    Kloiber: Vor allen Dingen von Intel und Microsoft gab es bissige Kritik am 100-Dollar-Laptop. Doch das hat sich gründlich gewandelt. Warum?

    Welchering: Zum einen, weil Intel gesehen hat, dass der Classmate mit 350 Dollar gegenüber dem XO nicht wettbewerbsfähig ist. Zum anderen weil Intel-Chef Paul Otellini gesehen hat, dass Intels Kritik am XO dem eigenen Image schadet. Deshalb ist Intel jetzt dem Projekt "One Laptop per Child" beigetreten und prüft Kooperationsmöglichkeiten. Der Classmate-Laptop soll dennoch nicht aufgegeben werden. Aber Paul Otellini hat einen internen Prüfauftrag erteilt, welche Technologie Intel zuliefern könnte. Konkretes dazu soll auf dem nächsten Electronic Summit im Februar 2008 in San Francisco bekannt gegeben werden. Bei Microsoft bleibt das XO-Projekt intern umstritten. Allerdings kommt keine direkte Kritik am OLPC-Projekt mehr aus Redmond. Das lässt auf eine vorsichtige Annäherung schließen. Jedoch ist im Augenblick nicht zu erwarten, dass das Linux des XO gegen Windows ausgetauscht wird. Aber auch Microsoft prüft, was man zum 100-Dollar-Laptop beitragen könnte. Mit der Betonung auf "könnte". Offiziell sagt Microsoft allerdings noch nichts dazu. Aber auch bei Microsoft hat man erkannt, dass zumindest Gespräche mit den One-Laptop-per-Child-Verantwortlichen fürs eigene Image gut sind.