Archiv

Hepatitis E
Blutprodukte sollen auf Erreger getestet werden

Das Hepatitis-E-Virus wird unter anderem durch Lebensmittel auf den Menschen übertragen - zum Beispiel, wenn Schweineleber oder Hackfleisch nicht richtig durchgegart sind. Auf einen weiteren Ansteckungsweg machen jetzt britische Mediziner aufmerksam: Bluttransfusionen.

Von Michael Engel |
    Eine Ärztin hält einen Beutel mit einer Blutkonserve in der Hand
    Blutkonserven werden bislang noch nicht auf den Hepatitis-E-Erreger untersucht. Das könnte sich allerdings bald ändern. (dpa / Friso Gentsch)
    "Ein Faust machen bitte, damit die Vene richtig vortreten kann."
    Egestorf am Deister: Wieder mal hat das Deutsche Rote Kreuz zur Blutspende eingeladen. 120 Menschen sind gekommen. Darunter Kerstin Wölki und Andreas Dittrich.
    Wölki: "Das ist für mich ein ganz wichtiger Anlass, denn mein Blut verträgt jeder und damit bin ich einfach in der Pflicht, das auch zu tun."
    Dittrich: "Weil ich Motoradfahrer bin und man durchaus auch mal in kritische Situationen kommen kann."
    Vor der Blutentnahme muss ein doppelseitiger Fragebogen ausgefüllt werden. Es geht dabei um Drogensucht, Geschlechtskrankheiten, Tätowierungen, Reisen in Malariagebiete. Dann geht's weiter zu Dr. Thomas Friebe.
    "Wenn da Auslandsreisen sind, Erkrankungen, andere Sachen, dafür haben wir unsere Richtlinien, und danach entscheide ich, ob der Spender spendet oder nicht oder gegebenenfalls wie lange er gesperrt wird."
    Nach der Spende kommt das Blut ins Zentrallabor des DRK-Blutspendedienstes, wo die Konserven unter anderem auf HIV, Syphilis oder Hepatitis C getestet werden – nicht aber auf Hepatitis E. So verlangen es die Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutprodukten. Betroffen davon sind alle Blutspendeeinrichtungen in Deutschland. Dabei können Hepatitis-E-Viren sogar tödliche Erkrankungen auslösen, vor allem bei immungeschwächten Patienten, sagt Professor Heiner Wedemeyer, Hepatologe an der Medizinischen Hochschule Hannover:
    "Wir in Hannover sind ein großes Transplantzentrum. Wir tansplantieren viele Patienten und haben in den letzten sechs, sieben Jahren unsere gesamten Kohorten durchgetestet und in der Tat auch Patienten gefunden, die eine chronische Hepatitis-E haben, die ein Fortschreiten einer Lebererkrankung erleiden mussten, und einzelne Patienten sind leider sogar daran gestorben."
    Ob die Blutkonserven daran schuld waren, lässt sich heute nicht mehr sagen. Dass Übertragungen auf diesem Weg aber möglich sind, ist wissenschaftlich belegt. Freiburger Forscher berichteten Ende vergangenen Jahres über einen Fall in Deutschland. Jetzt legten Britische Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Lancet nach. Die Uniklinik in Regensburg fand heraus, dass 16 Prozent aller Blutproben Antikörper gegen Hepatitis E enthielten.
    "Diese 16 Prozent sind in der Tat Antikörper, die aber nur zeigen, dass ein Mensch einmal Kontakt mit dem Virus hatte und das Virus eliminiert hat und damit nicht infektiös ist. Das Problem sind die Spender, die zufällig vielleicht gerade vorher mal eine Mettwurst gegessen haben, klinisch gesund sind, und dann vielleicht für einige Wochen das Virus in sich tragen. Und wenn man zu diesem Zeitpunkt Blut spendet, kann man in der Tat mit dieser Blutspende andere Menschen infizieren."
    Gefahren bestehen vor allem für immungeschwächte Patienten
    Normalerweise ist Hepatitis E eine eher harmlose Erkrankung. Menschen mit intaktem Immunsystem spüren meist noch nicht mal die Symptome. Gefährlich wird es, wenn Organtransplantierte beziehungsweise immungeschwächte Patienten mit dem Virus in Kontakt kommen. Das muss unbedingt vermieden werden.
    Derzeit diskutiert der Arbeitskreis Blut im Bundesgesundheitsministerium über neue Prüfrichtlinien für Spenderblut. Rund 20 Euro kostet ein Test auf Hepatitis E. Bei rund 15.000 Blutspenden täglich würden erhebliche Kosten auf die Krankenhäuser zukommen. Denkbar, so Professor Wedemeyer, wäre eine Priorisierung: Blutkonserven nur für Immungeschwächte auf Hepatitis E zu analysieren – bei den anderen bliebe alles wie gehabt.
    "Grundsätzlich muss man sagen: Wir werden diese Diskussion in Deutschland führen müssen. Risikopatienten sollten sicherlich idealerweise nur Blutprodukte erhalten, die kein Hepatitis E-Virus tragen."