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Hepatitis - schleichend und oft tödlich

Alle Teilnehmer auf der Veranstaltung der Deutschen Leberhilfe zum Welt-Hepatitis-Tag waren sich einig: Die Leberentzündung Hepatitis wird viel zu selten rechtzeitig diagnostiziert. Es rolle eine Welle von schweren Spätfolgen auch auf Deutschland zu. Zwölf Forderungen an die Politik stellte Rita Süßmuth als Schirmherrin der Deutschen Leberhilfe an die Politik.

Von Klaus Herbst | 20.05.2008
    Hepatitis B und C müssten endlich als dringendes Gesundheitsproblem anerkannt werden - bis zu 90 Prozent der Betroffenen wissen nichts von ihrer Erkrankung. Eine nationale Regierungsstrategie müsse her, diagnostische und therapeutische Strategien sollten durchdacht und klarer erkennbar sein. Klare Vorgaben würden gebraucht, um die Zahl der Neuinfektionen reduzieren und, so die ehemalige Bundestagspräsidentin auf dem Welt-Hepatitis-Tag:

    "Fünftens: Klare, in Zahlen nachvollziehbare Vorgaben, wie die Zahl der Todesfälle vermindert werden kann."

    Denn wenige Todesfälle sind es nicht. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation ist etwa jeder Zehnte infiziert. Der Chefarzt Professor Claus Niederau vom Sankt Josef-Hospital in Oberhausen:

    "Wir gehen davon aus, dass also so ganz vorsichtig geschätzt mindestens je eine halbe Million Menschen in Deutschland von Hepatitis B und eine weitere halbe Million von Hepatitis C betroffen sind, also weit über eine Million Insgesamt. Und davon entwickeln sicher 20, 30 Prozent schwere Spätschäden, so dass wir mit mehreren 10.000 Todesfällen an diesen Erkrankungen in Deutschland rechnen, weit mehr zum Beispiel als an Aids."

    Im Umfeld der Veranstaltungen kritisierte Niederau, dass Kinder von Privatversicherten gegen Hepatitis A geimpft werden, Kinder von Kassenpatienten nicht. Er nannte dies "ein Beispiel für Zweiklassenmedizin".

    "Hepatitis B ist eine der sichersten und effektivsten Impfungen, gehört zum Standardprogramm bei allen Kindern dazu. Was wir aus Sicht der Leberärzte fordern würden, dass auch gegen Hepatitis A noch geimpft wird. Das ist zwar eine Erkrankung, an der man nicht so oft stirbt, eigentlich sollten die Kinder dann auch gleich gegen Hepatitis A geimpft werden, weil die zusätzlichen Kosten relativ gering sind."

    Patienten und ihre Interessenverbände sollten sich viel aggressiver an die Öffentlichkeit wenden - und an ihre Hausärzte.

    "Man sollte eben beim Hausarzt fragen nach seinen Leberwerten und eben, wenn die denn nicht in Ordnung sind den Hausarzt doch bitte danach fragen, warum das so ist. Das ist nicht immer schlimm, und man kann viele von der Erkrankung auch gut behandeln, wenn man sie denn frühzeitig entdeckt."

    66 Prozent der Hepatitis-C-Patienten können heute geheilt werden. Dazu gibt es immer bessere, vor allem nebenwirkungsärmere Medikamente. Dennoch: "Die Hepatitis-C-Patienten sterben zu still", so formulierte es der Leberspezialist Professor Stefan Zeuzem vom Klinikum der Universität Frankfurt am Main. Es hapere schon an den Grundlagen.

    "Von der europäischen Perspektive wäre es halt ganz wichtig, dass einfach mal es zu einer gewissen Vereinheitlichung überhaupt des ganzen Zahlenmaterials kommt, dass man wirklich mal eine Bestandsaufnahme in allen Ländern Europas macht. Und man wird feststellen, wie häufig die Erkrankung ist und welche gesundheitlichen Probleme die Infektion tatsächlich mit sich bringt, dass einfach Menschen um die Risiken wissen, dass sie sich ihre Leberwerten testen lassen und das wenn erhöhte Leberwerten tatsächlich festgestellt werden, man dann auch die notwendige Abklärung macht. Man kann doch in der überwiegenden Zahl der Fälle diesen Menschen sehr, sehr gut helfen."

    Geholfen werden müsse auch den vielen in Deutschland lebenden Migranten, die besonders häufig an Hepatitis C leiden, die oft chronisch wird und die schwersten Langzeitfolgen hervorruft.

    "Bei der Hepatitis C ist es ganz maßgeblich die Migrationswelle aus den osteuropäischen Ländern, auch den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, wo einfach sehr, sehr häufig Hepatitis C aufgetreten ist. Bei diesen Mitbürgerinnen und Mitbürgern müssen wir nachschauen, um zu sehen, ob diese Menschen infiziert sind und sie hier auch mit allen Möglichkeiten, da auch Überwindung der Sprachbarriere bestens beraten und behandeln."