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Herbert Grönemeyers erste Hauptrolle

Meist wissen nur Fans, dass der 56-jährige Herbert Grönemeyer seine Laufbahn am Schauspielhaus in Bochum begann, wo er zunächst Klavier spielte und dann Schauspieler wurde. Jürgen Flimm, heutiger Intendant der "Berliner Staatsoper Unter den Linden", gab ihm seine erste Hauptrolle in dem Fernsehfilm "Uns reicht das nicht", der jetzt erstmals als DVD erscheint.

Von Bernd Sobolla |
    Gerd, gespielt von Herbert Grönemeyer, und einige andere Schlosser-Lehrlinge spielen in der Arbeitspause Fußball auf einer Wiese am Rhein. Im Hintergrund dampfen Schornsteine und über den Rhein fahren Schiffe. Die Auszubildenden stehen zwei Monate vor ihrer Abschlussprüfung. Doch Gerd träumt vom Abhauen, und sein Traum erfüllt sich schneller als erwartet.

    "Ist doch alles Schwachsinn. Wir feilen hier ... dafür gibt es längst Maschinen.

    Ein Facharbeiter hält sein Werkzeug sauber, das weißt du doch. Sonst kannst du als Hilfsarbeiter anfangen. Also los, mach voran!

    Klatsch!

    Von dir lasse ich mich noch lange nicht anfassen."

    Eine Backpfeife für den Meister, und Gerd kann seine Papiere holen. Doch anstatt sich eine neue Stelle zu suchen, genießt er seine neue Freiheit: auf dem Motorrad, mit seiner Freundin und seinen beiden Kumpels, beim Singen und Klönen.

    "Man müsste mal wegfahren.

    Am besten nach Italien, Anna.

    Ne, Amerika.

    Da gibt es unheimlich breite Straßen. Stell dir mal vor, da kannst du drei Tage immer geradeaus fahren.

    Oh, Amerika."

    Herbert Grönemeyer agiert hier zwar als Schauspieler, dennoch kommt der Musiker in mehreren Szenen durch, wenn er zur Gitarre greift. Regisseur Jürgen Flimm erinnert sich im Audio-Kommentar, wie er Herbert Grönemeyer im Schauspielhaus kennenlernte.

    "Die Besetzung hatte zu tun mit einer Inszenierung, die ich vorher in Bochum gemacht hatte. Da war der Peter Zadek Intendant. Und da habe ich den Herbert Grönemeyer kennengelernt. Der lief da immer rum mit seinen roten Haaren und der sagte: 'Komm mit, ich spiele dir mal wat vor!' Und dann sind wir in ein Zimmerchen gegangen und da hat er mir seine Lieder vorgespielt. Und den mochte ich irgendwie gut leiden."

    Mit Gelegenheitsjobs halten sich die drei jungen Männer über Wasser. Doch Gerds Eltern können mit der neuen Freiheit ihres Sohnes nichts anfangen.

    "Mein Leben lang habe ich geschuftet und du?

    Wofür hast du denn geschuftet? Wofür denn?

    Zieh das nicht alles in den Dreck. Faulpelz!

    Ist doch alles im Dreck, du Arschloch. Wofür hast du denn die Schufterei? Für nix und wieder nix. Kannst du dir in den Arsch schieben.

    Klatsch!"

    Das Schuften hält sich bei Gerd und Ko in Grenzen. Sie brechen lieber in eine Villa ein, um eine Party zu feiern und in den Pool zu springen. Und "verdienen" Geld, in dem sie Unfälle inszenieren und von der Versicherung abkassieren. Obgleich einige Szenen etwas lang wirken, können Herbert Grönemeyer und Uwe Ochsenknecht als Schauspieler überzeugen, ohne zu brillieren. Herbert Grönemeyer lieferte seine beste Rolle erst 1982 als Komponist Robert Schumann in dem Film "Frühlingssinfonie" ab. "Uns reicht das nicht" ist nicht nur eine DVD für Grönemeyer-Fans, aber doch vor allem für diese. Und für Leute, die historisch gern in die 70er-Jahre eintauchen, als es zum Lebensgefühl gehörte, nicht erwachsen werden zu wollen. Freiheit wird hier als Bedürfnis beschrieben, aus dem Alltagstrott auszubrechen, aber ohne konkrete Lebensalternativen zu suchen. In heutigen Filmen, würde man zumindest ein Stück temporäres Glück suchen.

    "Als Nächstes kaufen wir uns ein Auto.

    Ja, und bauen einen Unfall.

    Und die Versicherung zahlt, oder? Dann wird das Auto wieder hergerichtet wie neu. Und dann wird es verkauft.

    Und dann kaufen wir uns noch ein Auto ..."


    Die DVD "Uns reicht das nicht" von Jürgen Flimm mit Herbert Grönemeyer und Uwe Ochsenknecht ist bei Turbine Medien GmbH erschienen. Die DVD beinhaltet in limitierter Auflage auch den Soundtrack zum Film, der zugleich unter dem Band Namen "Ocean Orchestra" als erste LP von Herbert Grönemeyer gilt.