Noch ist eine Rezession nur ein Gespenst am Horizont. Aber die Alarmzeichen mehren sich und so schließen die fünf führenden Konjunkturforschungsinstitute auch einen scharfen Abschwung nicht länger aus, denn das weltwirtschaftliche Klima wird rauer, erklärt Thorsten Schmidt vom RWI: "Gleich, was passieren mag - also ob die internationalen Handelskonflikte eskalieren, ob die Probleme in den Schwellenländern sich verschärfen, ob Großbritannien sich mit einem harten Brexit aus der EU verabschiedet oder ob Zweifel an der Solidität der italienischen Staatsfinanzen die Eurokrise wieder aufflammen lassen: All dies wird sich für eine offene und exportorientierte Volkswirtschaft dämpfend auswirken. Erst recht dann, wenn zwei oder drei dieser Faktoren zusammen kommen."
Fehlende Arbeitsplätze werden zum Problem
Vorläufig aber geht der Aufschwung weiter, auch wenn die Konjunktur an Fahrt verliert, vor allem weil die deutsche Autoindustrie gerade schwächelt. Die gedrosselte Produktion wegen der Probleme mit dem neuen Abgasstandards WLTP ist der Hauptgrund, warum die Wirtschaft in diesem Jahr nicht mehr um 2,2 Prozent, sondern nur noch um 1,7 Prozent wächst. Im kommenden Jahr werden 1,9 Prozent erwartet, aber auch da geht es langsamer aufwärts, als bisher gedacht. Auch ein Grund: Die Unternehmen bekommen hausgemachte Engpässe immer deutlicher zu spüren, so Professor Roland Döhrn vom RWI. "Dies gilt zum einen bei der Rekrutierung von Arbeitskräften, aber auch der Beschaffung von Vorleistungsgütern."
Die gute Nachricht: Arbeitslosigkeit sinkt weiter
Dabei haben die fünf Institute auch gute Nachrichten: Die Arbeitslosigkeit sinkt, wenn auch nur noch leicht, auf 2,1 Millionen, die Zahl der Erwerbstätigen steigt dagegen stärker - von 44,9 Millionen auf 45,6 Millionen im Jahr 2020. Wenn aber Arbeitskräfte Mangelware sind, steigen die Löhne - um 2,7 Prozent im kommenden und noch einmal um zwei Prozent 2020 und viele Unternehmen gehen darüber noch hinaus. "Die effektiven Lohnzahlungen dürften stärker zulegen als die Tariflöhne, da übertarifliche Bezahlung zur Gewinnung neuer Arbeitnehmer und zur Bindung vorhandener Arbeitskräfte an Bedeutung gewinnt."
Staat profitiert von Steuereinnahmen
Auch der Staat kann weiter aus dem Vollen schöpfen bei Überschüssen von 54 Milliarden Euro in diesem und immer noch 40 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Die spannende Frage: Was damit tun? Die Antwort der Forscher ist eindeutig: Bildung, Forschung, Integration von Flüchtlingen, weniger Abgaben. In diesem Zusammenhang kommt Professor Claus Michelsen vom DIW sogar ein Lob für die Politik der Bundesregierung über die Lippen. "Der Aufschwung wird ja praktisch in die Verlängerung geschickt durch die Bundesregierung, denn die finanzpolitischen Maßnahmen, die jetzt beschlossen wurden und im Jahr 2019 auch Wirkung entfalten, haben eine erhebliche Wachstumswirkung. Da kann man über Größenordnungen von 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte sprechen."
Baukindergeld verschlimmert Lage im Zweifel
Was aber nicht heißt, dass die Regierung alles richtig mache. Vor allem das Baukindergeld wird scharf kritisiert, es trifft auf eine Bauindustrie, die schon jetzt am Kapazitätslimit sei, weshalb zusätzliche Wohnungen dadurch nicht entstünden, so Professor Claus Michelsen: "Und da wird Baukindergeld schnell auch mal zum Bauträgergeld. Die Unternehmen sind ja auch nicht ganz blöd, die werden sicherlich darüber nachdenken, wie man diese zusätzliche Zahlungsbereitschaft abschöpfen kann." Besser wäre es deshalb, wenn der Staat mehr bezahlbares Bauland bereitstellen oder die Grunderwerbssteuer senken würde.