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Hermann Joseph Hiery (Hrsg.): Die deutsche Südsee 1884 - 1914. - Ein Handbuch

Fast vergessen, aber auch Deutschland war einmal eine koloniale Großmacht - wenn auch eine sehr kurzlebige; von der Mitte der 188o-er Jahre bis zum Ersten Weltkrieg, konzentriert auf Afrika und die Südsee. Im Südpazifik umfaßten diese sogenannten Schutzgebiete eine ungemein vielgestaltige Inselwelt. Sie reichte vom ‚Kaiser-Wilhelms-Land' - heute Teil von Papua-Neuguinea - über die Marianen und Karolinen bis West-Samoa. Der Bayreuther Historiker Hermann Josef Hiery hat dazu, zu der - gemeinhin wenig bekannten - Geschichte der deutschen Kolonien in der Südsee, ein voluminöses Handbuch vorgelegt. Mehr als zwei Dutzend ausgewiesener Fachleute aus dem In- und Ausland haben daran mitgearbeitet. Deutlich wird, daß in Deutschlands seinerzeitigem Streben nach Kolonien - neben Machtund Wirtschaftsinteressen - auch einiges Prestigedenken im Spiele war:

Helmut Heinzlmeir | 12.08.2002
    In Europa war es nicht zuletzt die englisch-französische Konkurrenz, die in jenen Jahren die Expansion in Übersee vorantrieb. Für Paris - noch heute im Südpazifik präsent - bedeutete die Expansion auch etwas Kompensation für die Niederlage von 187o/71. Aber auch zahlreiche kleinere europäische Staaten - unter anderem Portugal, die Niederlande oder Belgien - beteiligten sich an dem Expansionsprozeß. Was Wunder, daß sich dem auch das Deutsche Reich anschloß. Etwas anderes zu erwarten, wäre unhistorisch gedacht. Man wollte auch einen 'Platz an der Sonne'.

    Die deutsche Kolonialherrschaft dauerte kaum drei Jahrzehnte lang. Geblieben davon ist - zumindest im Südpazifik - vergleichsweise wenig:

    Wenn aus jener Zeit etwas bis auf den heutigen Tag fortwirkt, so ist es vor allem die Arbeit deutscher Missionare.

    Ansonsten jedoch haben sich einstige Blütenträume von einer deutschen Kolonialherrschaft weder im Südpazifik noch in Afrika erfüllt:

    Für den Südpazifik gilt, was für die deutschen Kolonien in ihrer Gesamtheit nachzurechnen ist: Ohne auszuschließen, daß einige Interessenten - im Falle der Südsee unter anderem einige Hamburger Großreeder und Großhändler - prächtig daran verdienten. Für den Staat, den Steuerzahler kosteten die Kolonien weit mehr, als sie einbrachten. Sie waren ein nationales Verlustgeschäft.