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Herzinfarkt bei Frauen
Bewegungsmangel wichtigster Risikofaktor

Bewegung hält nicht nur fit, sondern bewahrt auch vor Herzinfarkt, das haben australische Forscher aktuell belegen können. Bewegungsmangel ist demnach bei Frauen ab 30 der wichtigste Risikofaktor. Übergewicht und Bluthochdruck hingegen stehen nachrangig auf Platz zwei und drei.

Von Michael Engel |
    Mitarbeiter der Otto Group in Hamburg nehmen in ihrer Mittagspause am 24.04.2014 an einem Zumba-Kurs teil.
    Auch schon relativ junge Menschen bewegen sich häufig zu wenig (picture-alliance / dpa / Ulrich Perrey)
    Annegret Wilhelm aus Göttingen fährt gerne Fahrrad. Sehr gerne sogar: "Fahrrad fahre ich ein bis zweimal in der Woche. Ich liebe mein Fahrrad. Für mich denke ich, das hält mich fit. Ich bin jetzt 74 Jahre alt und mache das schon Jahrzehnte, und ich muss sagen, das hält mich fit!"
    Bewegung bewahrt auch vor Herzinfarkt. Nur sieben bis elf Prozent der Herzinfarkte gehen auf das Konto von Bluthochdruck. Prof. Johann Bauersachs, Direktor der kardiologischen Klinik in der Medizinischen Hochschule Hannover, kommentiert den aktuellen Befund:
    "Ich glaube, man darf jetzt nicht den Schluss ziehen, dass Bluthochdruck unwichtig sei. Es ist in Bezug auf Herzinfarkt offensichtlich nicht ganz so wichtig, aber Sie müssen unbedingt daran denken, dass in Bezug auf Herzschwäche, Schlaganfall, Nierenschwäche der Bluthochdruck weiterhin eine extrem große Bedeutung hat. Aber offensichtlich ist beim Herzinfarkt jetzt der Bewegungsmangel und das Übergewicht noch wichtiger."
    Gleichwohl verändert die Studie der University of Queensland die Perspektive der Mediziner. Für den australischen Kontinent hatte die WHO immer Übergewicht als zentralen Risikofaktor für Herzinfarkte gesehen, gefolgt von Rauchen und Bluthochdruck. Bewegungsmangel stand an letzter Stelle. Die Gruppe um Wendy Brown wertete nun die Patientendaten von mehr als 32.000 Frauen verschiedener Altersgruppen aus. Rauchen spielt demnach kaum noch eine Rolle, zumindest im Alter. Jedoch nehmen Hypertonie und Bewegungsmangel zu.
    "Es ist das Verdienst dieser australische Studie, dass sie uns gerade da nochmal darauf aufmerksam gemacht hat, dass bei den Frauen, gerade wenn sie älter werden, eben die Bewegung extrem wichtig ist, um sich gesund zu erhalten. Beispielsweise Joggen, Schwimmen, Radfahren, das sind die Dinge. Golfen ist natürlich auch nicht schlecht, aber es ist mehr ein Spazieren gehen in vielen Fällen."
    Rauchen bei jüngeren Frauen als entscheidender Risikofaktor
    Ganz anders die gesundheitliche Situation bei jungen Frauen im Alter von 22 bis 27 Jahren. Bewegungsmangel ist in dieser körperlich aktiven Gruppe kein Thema, wohl aber rauchen. Mehr als ein Viertel der jungen Australierinnen greift zur Zigarette. Herzinfarkte in jungen Jahren gehen deshalb vor allem auf das Konto von hohem Tabakkonsum. Diese Beobachtung macht auch der Herzchirurg Prof. Axel Haverich von der Medizinischen Hochschule Hannover.
    "Praktisch alle Frauen, die wir vor dem 50. Lebensjahr an den Herzkranzgefäßen wegen durchgemachter Infarkte oder drohendem Infarkt operieren, sind faktisch Raucher. Häufig auch im Zusammenhang mit der Antibabypille, wenn die Patientinnen noch jünger werden. Aber da, in der Tat, ist das Rauchen der wesentliche Risikofaktor."
    Rauchen verursacht Arteriosklerose, verengt die Blutgefäße und kann so ein Herzinfarkt auslösen – auch schon in jungen Jahren. Am besten gar nicht erst zur Zigarette greifen und auch später – mit höherem Alter - die Bewegung nicht vergessen, so die Empfehlungen der Wissenschaftler. 30 bis 45 Minuten am Tag sollten es aber schon sein. Die australischen Forscher nennen Golf, Schwimmen und Gartenarbeit. Auf diese Weise könne man mehr Menschen vor einem Herzinfarkt schützen als durch die Verordnung von Blutdruck senkenden Medikamenten.
    Annegret Wilhelm, der Rentnerin aus Göttingen, muss man das alles nicht mehr sagen:
    "Wenn ich morgens früh aufstehe: Gymnastik – so zehn Minuten jeden Tag. Das halte ich ein, das muss ich einfach haben. Dann gehe ich zu Fuß in die Stadt, wenn ich Einkäufe machen muss. Das ist auch schon mal Bewegung, ist gut für meine Gelenke. Und ja, es tut mir einfach gut."