Ein schlichter Besprechungsraum mit weißen Wänden und einer Hafttafel in der Ecke. Darauf bunte Zettel mit Begriffen wie "Rassismus", "Menschenrechtsbildung" oder "radikalisierte Jugendliche". Aus dem Nachbarraum dringen Stimmen. Ein Workshop mit Jugendlichen in der Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank.
Auf dem Tisch liegen Flyer in Weiß- und Blautönen, die Schrift in mehreren Sprachen gehalten. Die Flyer informieren über das neue Beratungsangebot für Betroffene von rechter und rassistischer Gewalt, das in der Bildungsstätte seine Räume hat.
Die 33 Jahre alte Kulturanthropologin Olivia Sarma hat die Federführung. Sie erzählt, welche ersten Hilfesuchenden aus Hessen sich an das dreiköpfige, mehrsprachige Beraterteam gewandt haben:
"Wir haben in einem Fall von rassistischem Mobbing an einer Schule beraten. Wir haben in zwei Fällen Geflüchtete beraten, die ein Gefühl von Bedrohung in ihrem Umfeld wahrgenommen haben. Wir haben eine Frau beraten, die aufgrund ihres Kopftuches angegriffen wurde. Also es sind sehr unterschiedliche Fälle."
Auf Wunsch begleiten Olivia Sarma oder ihre Mitarbeiter einen von rassistischer Gewalt Betroffenen zur Polizei oder vermitteln Anwälte.
"Betroffene können bei uns anrufen, wir haben auch eine Website, da gibt es auch ein Kontaktformular, man kann auch per E-Mail Kontakt zu uns aufnehmen und wir mailen zurück, machen einen schnellen Termin für ein Erstgespräch aus.
Dann geht es erst einmal darum, zu erfahren, was ist eigentlich vorgefallen, was ist das Anliegen. Manchmal ist das sehr konkret, manchmal geht es aber auch darum, erst einmal ein Gesprächsgegenüber zu haben und sich allgemeine Beratung einzuholen."
Vier Sprachen beherrschen die Mitarbeiter des Response-Teams selbst - auch Arabisch. Für weitere Sprachen können sie Dolmetscher hinzuziehen, wenn nötig. Auch wer therapeutische Unterstützung sucht, bekommt Hilfe.
Es gibt auch Grenzen für die Beratung
Eine Psychologin gehört zum Team, dessen Arbeit im laufenden Jahr von der Bundesregierung und dem Land Hessen finanziert wird. Doch es gibt auch Grenzen für das, was die Beratungsstelle als erster Anlaufpunkt für Betroffene leisten könne, erklärt Olivia Sarma:
"Wir machen keine Rechtsberatung und wir machen auch keine Psychotherapie. Dafür gibt es andere Expertinnen. Aber trotzdem können wir natürlich in Form von psychosozialer Beratung sehr viel tun.
Also: Die Gespräche, die wir führen, sind häufig sehr hilfreich und es ist auch nicht immer so, dass nach einem Angriff sofort eine Therapie nötig ist."
Geflüchtete kommen bisher zu wenig zu Wort
Wenn Betroffene es wünschen, macht das Team die rassistischen Übergriffe öffentlich. Olivia Sarma sieht aktuell eine große Verantwortung der Medien, der sie oft nicht gerecht würden. Bislang kommen die Opfer der steigenden Übergriffe auf Geflüchtete oder Muslime aus ihrer Sicht zu wenig zu Wort. Die Kulturanthropologin spricht von einer "Täter-Opfer-Umkehr" im öffentlichen Diskurs:
"Das hat jetzt nicht nur mit Köln zu tun, aber grundsätzlich gibt es in den letzten Monaten, nachdem es erstmal eine große Welle der Hilfsbereitschaft und so weiter gab, gab es schon ein bisschen einen Diskurswechsel. Also die Frage, welche Risiken bestehen, Geflüchtete in Deutschland aufzunehmen.
Oder dann natürlich diese populistischen Debatten über Zunahme von Kriminalität und so weiter. Das ist sehr präsent und sehr laut in den Medien. Und es gab letztens Zahlen, wie viele Talkrunden das Thema der besorgten Bürger und so weiter verhandeln und gleichzeitig haben wir aber über 1.000 Angriffe im letzten Jahr auf Geflüchtete und Unterkünfte."
Eine zu eng gefasste Debatte
Welche Ängste und Sorgen dies auslöse - nicht nur bei Geflüchteten, sondern auch bei anderen Menschen mit Migrationshintergrund in unserer Gesellschaft – das kommt Olivia Sarma im Augenblick viel zu kurz.
"Und gerade, das haben wir jetzt auch in unserer Beratungspraxis mitbekommen, geht diese Feindseligkeit nicht vom rechten Rand unbedingt aus, sondern von der Mitte der Gesellschaft."