"Das Besondere ist auch, dass sie von Anfang an, so wie man das Gebäude heute erfährt, als Kunsthochschule konzipiert wurde. Also mit den Atelierräumlichkeiten. Oder mit auch wieder für uns neu erfahrenen, geöffneten Foyer, wo man auch in diesen Lichthof kommt. Dass das im Sinne von sich öffnen und auch hier die Freiheit der Kunst zelebriert wird."
Die Freiheit der Kunst, wie sie Direktorin Ana Diemke hier nennt, ist an der "Hochschule für Grafik und Buchkunst" in Leipzig kaum zu übersehen. Die Wände sind mit kleinen und großen Kritzeleien versehen. Diemke erklärt, was die HGB von anderen Hochschulen abhebt:
"Wir haben einen sehr, sehr guten Werkstattbereich hier, auch die Labore zum Beispiel. Auch, was traditionell durchaus ist, fast handwerklich, aber immer künstlerisch begleitet. Die Hochschule ist ja um den Werkstatttrakt hin aufgebaut, wo wir durchaus drum beneidet werden. Und auch hier um die Hochschulgalerie."
Im Jubiläumsjahr 2014 gibt es viel zu tun. Festakte müssen vorbereitet werden, Ausstellungen an verschiedensten Orten in Leipzig koordiniert werden. Unter anderem zeigen das Leipziger Museum der bildenden Künste und das Grassi-Museum aktuelle und ältere Arbeiten aus dem Arbeitskreis der HGB. Vor Kurzem hat bereits die erste Jubiläumsausstellung "Imaginäres Museum" in der hochschuleigenen Galerie eröffnet.
In der Ecke steht ein kleiner weißer Lautsprecher. Er erfüllt den großen Raum mit einer Geräuschkulisse: ein Teil einer Installation mit Edelsteinen. Jonas Deuter steht daneben und betrachtet das Objekt. Seit zwei Jahren studiert er hier. Gerade kommt er aus einer Besprechung, in der über ein mögliches Ausstellungskonzept für das Jubiläumsjahr gesprochen wurde.
"Ich höre immer wieder, dass Menschen nicht verstehen, was wir hier machen. Und dann muss man sich immer erklären und das fällt wahnsinnig schwer. Es gibt eben nicht so die Erklärung, die man sich bereitlegen kann. Also, da diskutieren wir gerade darüber, wie wir das in so einen Ausstellungskontext eventuell noch platzieren."
Jonas Deuter erklärt, wie das Kunststudieren hier funktioniert. Eigentlich hatte er es sich ganz anders vorgestellt. Frei und individuell. Aber schon am ersten Tag saß er in seinem neuen Klassenverband mit 16 Studierenden und es wurde geredet. Viel geredet.
"Es ist häufig so, dass man irgendwie das Gefühl hat, dass nichts passiert, weil man so viel redet. Und es dauert immer so ein bisschen, bis man versteht, worüber man überhaupt redet, oder was einem das im Nachhinein gebracht hat. Aber man hört immer von anderen Hochschulen, dass da immer nur so an der Oberfläche gekratzt wird. Also, dass jede Woche was auf dem Tisch liegt, was nicht wirklich besprochen wird. So ein Mittelding wäre vielleicht ganz schön."
Angefangen hat die HGB als Malerei-, Zeichnungs- uns Architekturakademie. Einer ihrer ersten Zeichenstudenten: Johann Wolfgang von Goethe. Als Leipzig zu einer der bedeutendsten Buchstädte der Welt wurde, veränderte die Hochschule im Einklang ihr Profil. Sie wurde zu einem Ort für qualitätsvolle Buchgestaltung. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verbreitete sich die Fotografie als Kunstform. Als erste Kunsthochschule wurde hier der Studiengang Fotografie angeboten.
Wer mit der neuesten Technik arbeiten und am Puls der Zeit bleiben will, braucht natürlich auch das nötige Kleingeld. Hier sieht Direktorin Ana Dimke Probleme auf ihre Hochschule zukommen.
"Aber es kommen auch schwere Jahre, wenn man insgesamt sich die Sparzwänge in diesem Jahr anguckt, auf uns zu. Und ich versuche das so gut wie möglich für unsere Institution zu umschiffen. Manchmal ist das auch, muss man sagen, hart, aber das trifft andere große Institutionen wie die Universität auch. Aber eine Kunsthochschule ist sehr fragil und man muss sehr darauf achten, dass sie nicht daran zerbricht. Aber ich bin gewiss, dass hier auch so ein Kern ist, der ist nicht zerstörbar."
Dennoch steht der Hochschule ein Jahr bevor, in dem sie zeigen kann, wie viel kreatives Potenzial noch in ihr steckt. Und warum es wichtig ist, diesen Raum zur kreativen Entfaltung zu schützen.