Hoch im Norden werden die Karbon-Prothesen hergestellt, die die meisten unterschenkelamputierten Paralympics-Athleten bei ihren Wettkämpfen nutzen. Eine einfache, j-geformte Kohlefaserstoff-Schiene, eine, die für viel Gesprächsstoff sorgt. Weil die Frage im Raum steht, ob Athleten mit diese Prothesen einen Vorteil haben im Vergleich zu Athleten mit einem gesunden Bein. Christophe Lecomte ist der Chefentwickler von Fußprothesen bei Össur. Die Sportprothese mit dem Namen Cheetah - übersetzt Gepard – gibt es in ihrer Grundkonstruktion schon seit den 80er Jahren und ist seither stetig weiterentwickelt worden:
"Es ist eine stetige Entwicklung. Wir haben sie seither immer weiter verbessert, die Form geändert und auch verschiedene Versionen hergestellt, für verschiedene Typen von Athleten, aber auch verschiedene Leichtathletikdisziplinen. Die 100 Meter-Prothese ist nicht die gleich wie die für 400 Meter."
Die Prothese für 100 Meter-Läufer oder Weitspringer ist schwerer und stärker, und darauf ausgerichtet, dass die Athleten nur geradeaus sprinten. In den Kurven ist sie nicht so geschmeidig wie die leichtere Version für 400 Meter, die auch einen kürzeren Vorfuß hat. Über die Jahre hat Össur die verschiedenen Prothesen zu High-Tech-Geräten entwickelt, die genau das ermöglichen, wovon unterschenkelamputierte Sportler wie Markus Rehm oder David Behre träumen: trotz ihrer fehlenden Beine so schnell zu sein wie die anderen. Den Silbermedaillengewinner über 400 Meter, David Behre hat es im Moment seines persönlichen Dramas vor 9 Jahren den entscheidenden Lebensmut zurückgegeben. Nachdem er an einem Bahnübergang seine Beine verloren hatte. Noch in der Klinik sah er eine Reportage über Pistorius und seine Prothesen:
"Hab die Sprintprothesen gesehen und auf diesen Sprintprothesen hat er nicht behinderte Läufer geschlagen und das war für mich eine Riesenmotivationsschub und ab diesem Moment bin ich da jeden mit auf den Sack gegangen und hab gesagt ich brauche diese Prothesen, 5 Tage nach dem Unfall. Ich lag noch im Bett und konnte nichts machen."
"Athleten helfen, dass sie schneller und besser laufen"
Auch wenn viele Sportler diese Blades nutzen, unternehmerisch gesehen macht ihr Absatz nur einen sehr geringen Teil des Geschäfts mit Fußprothesen bei Össur aus. Aber das Unternehmen ist mit den Sportprothesen bekannt geworden, vor allem als der südafrikanische Läufer Oscar Pistorius damit in die Sphäre olympischer Weltbestzeiten vorstieß. Ähnlich wie jetzt Weitspringer Markus Rehm, der auch Markenbotschafter von Össur ist. Als Orthopädietechniker-Meister macht er die Anpassung selbst. Damit es keine Wettbewerbsverzerrung gebe, beliefere Össur sämtliche Athleten nur mit den Prothesen selbst. Alles weitere läge dann in deren eigener Verantwortung, so das Unternehmen.
Markus Rehms Bestweite liebt bei 8 Meter 40. Gut möglich, das Markus Rehm heute weiter springt als der Goldmedaillengewinner im olympischen Wettkampf, der bei 8 Meter 38 landete.
Ungeklärt ist dann weiterhin, ob er trotz oder wegen seiner Prothese so weit springt. Oder auch ob der Nachteil bei der Beschleunigung den vermeintlichen Vorteil beim Absprung aufhebt.
Das Unternehmen Össur möchte sich in dieser Frage möglichst heraushalten, sagt Chefentwickler Christophe Lecomte:
"Unser Ziel ist den Athleten zu helfen, dass sie schneller und besser laufen können, daran forschen wir, ob sie dabei einen Vorteil erlangen, dass untersuchen wir nicht, wir sind auch sehr weit weg von einem natürlich Bein."
Aber mit seinen High-Tech-Karbonprothesen erfüllt Össur den Traum der paralympischen Spitzensportler zumindest genauso schnell laufen und springen zu können. Auch wenn es bei der Inklusion dadurch keinen Fortschritt gibt. Die Debatte über die Vergleichbarkeit der Leistungen wird eher noch angeheizt.