Durak: Michel Friedman führt ein Interview mit dem Neonazi Horst Mahler, wird mit "Heil Hitler" begrüße, führt das Interview dennoch weiter und alles wird veröffentlicht – in "Vanity Fair", kein Massenblatt, aber immerhin. Schmidt und Pocher bestreiten ihr Entree als neues Medienpärchen auch mit Hilfe eines von ihnen so benannten Nazometers, ließen es ausschlagen, wenn ihrer Meinung nach geschichtsbelastete Begriffe fielen – die haben sie fallen lassen – wie Duschen oder Gasherd. Wo sind die Grenzen bei der Beschäftigung mit Neonazis, mit rechtsextremistischen Parolen bei der Satire, wo bei der politischen Berichterstattung? – Am Telefon ist der Kabarettist Dieter Hildebrandt. Schönen guten Morgen!
Hildebrandt: Guten Morgen!
Durak: Herr Hildebrandt, wir wollen sorgsam trennen zwischen Satire und politischer Berichterstattung, zwischen Kunst und Journalismus. Was dürfen Sie auf der Bühne tun, was ich hier am Mikrofon tunlichst unterlassen sollte?
Hildebrandt: Ich habe glaube ich ein paar Möglichkeiten mehr, wenn ich auf einer Bühne bin, weil von vornherein die Verhältnisse für das Publikum ja auch klarer sind. Ich darf vielleicht etwas mehr tun, aber im Moment scheint mir das auch ein bisschen aus der Rolle zu laufen. Man muss vorsichtig sein. Ich sehe mit Erschrecken, dass diese Grenze immer fließender wird und dass man diesen Hitler tatsächlich zu einer Witzfigur macht. Das war er nun offensichtlich eben nicht. Loriot hat das ja auch richtig gesagt, für meine Begriffe richtig gesagt. Da muss es eine Grenze geben, die man einhalten muss. Diese Massenmörder sind nicht komisch gewesen und man kann sie nicht komischer machen. Man kann sie auch im Nachhinein nicht komischer machen. Das scheint mir so zu sein, dass es vielleicht auch eine Frage der Jugend oder des Alters ist, dass man hier mit Entsetzen Scherz treibt. Da glaube ich haben wir alle, sowohl Sie als Journalistin und ich als Kabarettist, irgendwo eine Grenze einzuhalten.
Durak: Irgendwo ist schwer zu begreifen oder schwer zu definieren, Herr Hildebrandt. Können Sie es genauer machen?
Hildebrandt: Ganz genau kann ich das auch nicht machen. Ich glaube das ist ein Gefühl, das man dafür haben muss. Ich habe natürlich meine Jugend beschrieben, als ich in diesen Brennpunkt gelangt bin mit Walser und mit Lenz, und habe dann das natürlich übertrieben. Wir haben vielleicht eine Grenze ein bisschen überschritten, als ich auf der Bühne stand und nachmachte, wie ich auf dem Kurfürstendamm stand und dieses Grüßen war. Man musste ja jeden grüßen. Jeder musste jeden grüßen. Jeder musste den Vorgesetzten grüßen, und wenn er nur einen Stern mehr hatte oder so. Das habe ich dann vorgemacht und habe diesen Hitler-Gruß auf der Bühne praktiziert. Ich glaube das ging noch, aber so ganz wohl war mir nicht dabei.
Ich glaube man darf das bis zur Lächerlichkeit, die man mitteilt, wie lächerlich das wohl gewesen ist. Das darf man schon. Man darf es nicht leicht nehmen. Man muss immer dazu sagen, was das verursacht hat, was diese Leute, was diese Zeit hervorgebracht hat. Man muss immer gleichzeitig sagen, wer diese Leute in Wirklichkeit waren. Man muss immer sagen, dass es sich um Mörder gehandelt hat und um Verbrecher.
Durak: Sie sind als Konsument journalistischer Berichterstattung kein Produzent. Wollen Sie wissen, was Altnazis wie Horst Mahler oder neue von Gott und der Welt halten? Würden Sie ein solches Interview lesen wollen?
Hildebrandt: Das weiß ich inzwischen. Ich muss das nicht ununterbrochen noch einmal berichtet bekommen. Ich bin dagegen, dass zum Beispiel Michel Friedman ein solches Interview macht, sich das gefallen lässt. Ich bin dagegen, dass man sie gewähren lässt. Ich bin dafür, dass man diese Partei zum Beispiel verbietet, und ich bin immer noch nicht der Meinung, dass man sie nicht verbieten darf. Ich meine diese Verfassung, in der wir uns befinden, hat die Verpflichtung, dieses zu verbieten. Sie sagen ja, die Verfassung wollen sie nicht haben und sie wollen sie weg haben. Dann kann man es doch der Verfassung nicht in die Schuhe schieben, dass man sie nicht verbieten darf. Das kann doch nicht wahr sein!
Durak: Noch gibt es aber die NPD und sie wird gewählt. Darf man gewählte NPD-Vertreter ausblenden aus der Berichterstattung?
Hildebrandt: Das meine ich ja. Das darf man, ja. Ich finde, dass man eine politische Vereinigung eine kriminelle Vereinigung nennen darf, wenn sie ganz deutlich sagen, sie wollen diese Demokratie abschaffen.
Durak: Und wer soll dann die Aufklärung übernehmen, die Satire?
Hildebrandt: Die Aufklärung? Das ist eine Frage des Journalismus. Das ist ganz klar! Da unterscheiden wir uns tatsächlich.
Durak: Das wollen Sie also nicht tun?
Hildebrandt: Das Aufklären?
Durak: Ja.
Hildebrandt: Ja selbstverständlich! Ich sage ja, die Grenzen sind fließend. Das muss jeder selber bestimmen. Ich bin schon bereit aufzuklären über das, was sie wollen. Dafür ist doch die Verfassung da, dass man sie einhält und dass man sagt, diese Leute dürfen keine Partei gründen.
Durak: Nun ist es aber so. Es gibt diese Parteien. Es gibt auch junge Mitläufer. Es gibt viele junge Menschen, die dieser Partei zulaufen. Wie kann man ihnen beim Denken helfen, wenn man in der politischen Berichterstattung sich nicht direkt mit solchen Leuten auseinandersetzen soll, wenn wir Ihnen folgen?
Hildebrandt: Da fragen Sie mich zu viel. Das weiß ich auch nicht. Die Berichterstattung bleibt ja. Nur ich finde man sollte ihnen nicht zu viele Möglichkeiten geben, ihre kruden Ziele zu veröffentlichen. Ich meine deswegen ist ja die Berichterstattung nicht weg. Die ist ja deswegen doch immer noch möglich oder?
Durak: Ich denke schon.
Hildebrandt: Ja eben!
Durak: Danke! – Dieter Hildebrandt, Kabarettist. Umgang der Medien mit rechtsextremen Parolen und Personen. Danke fürs Gespräch.
Hildebrandt: Danke auch!
Hildebrandt: Guten Morgen!
Durak: Herr Hildebrandt, wir wollen sorgsam trennen zwischen Satire und politischer Berichterstattung, zwischen Kunst und Journalismus. Was dürfen Sie auf der Bühne tun, was ich hier am Mikrofon tunlichst unterlassen sollte?
Hildebrandt: Ich habe glaube ich ein paar Möglichkeiten mehr, wenn ich auf einer Bühne bin, weil von vornherein die Verhältnisse für das Publikum ja auch klarer sind. Ich darf vielleicht etwas mehr tun, aber im Moment scheint mir das auch ein bisschen aus der Rolle zu laufen. Man muss vorsichtig sein. Ich sehe mit Erschrecken, dass diese Grenze immer fließender wird und dass man diesen Hitler tatsächlich zu einer Witzfigur macht. Das war er nun offensichtlich eben nicht. Loriot hat das ja auch richtig gesagt, für meine Begriffe richtig gesagt. Da muss es eine Grenze geben, die man einhalten muss. Diese Massenmörder sind nicht komisch gewesen und man kann sie nicht komischer machen. Man kann sie auch im Nachhinein nicht komischer machen. Das scheint mir so zu sein, dass es vielleicht auch eine Frage der Jugend oder des Alters ist, dass man hier mit Entsetzen Scherz treibt. Da glaube ich haben wir alle, sowohl Sie als Journalistin und ich als Kabarettist, irgendwo eine Grenze einzuhalten.
Durak: Irgendwo ist schwer zu begreifen oder schwer zu definieren, Herr Hildebrandt. Können Sie es genauer machen?
Hildebrandt: Ganz genau kann ich das auch nicht machen. Ich glaube das ist ein Gefühl, das man dafür haben muss. Ich habe natürlich meine Jugend beschrieben, als ich in diesen Brennpunkt gelangt bin mit Walser und mit Lenz, und habe dann das natürlich übertrieben. Wir haben vielleicht eine Grenze ein bisschen überschritten, als ich auf der Bühne stand und nachmachte, wie ich auf dem Kurfürstendamm stand und dieses Grüßen war. Man musste ja jeden grüßen. Jeder musste jeden grüßen. Jeder musste den Vorgesetzten grüßen, und wenn er nur einen Stern mehr hatte oder so. Das habe ich dann vorgemacht und habe diesen Hitler-Gruß auf der Bühne praktiziert. Ich glaube das ging noch, aber so ganz wohl war mir nicht dabei.
Ich glaube man darf das bis zur Lächerlichkeit, die man mitteilt, wie lächerlich das wohl gewesen ist. Das darf man schon. Man darf es nicht leicht nehmen. Man muss immer dazu sagen, was das verursacht hat, was diese Leute, was diese Zeit hervorgebracht hat. Man muss immer gleichzeitig sagen, wer diese Leute in Wirklichkeit waren. Man muss immer sagen, dass es sich um Mörder gehandelt hat und um Verbrecher.
Durak: Sie sind als Konsument journalistischer Berichterstattung kein Produzent. Wollen Sie wissen, was Altnazis wie Horst Mahler oder neue von Gott und der Welt halten? Würden Sie ein solches Interview lesen wollen?
Hildebrandt: Das weiß ich inzwischen. Ich muss das nicht ununterbrochen noch einmal berichtet bekommen. Ich bin dagegen, dass zum Beispiel Michel Friedman ein solches Interview macht, sich das gefallen lässt. Ich bin dagegen, dass man sie gewähren lässt. Ich bin dafür, dass man diese Partei zum Beispiel verbietet, und ich bin immer noch nicht der Meinung, dass man sie nicht verbieten darf. Ich meine diese Verfassung, in der wir uns befinden, hat die Verpflichtung, dieses zu verbieten. Sie sagen ja, die Verfassung wollen sie nicht haben und sie wollen sie weg haben. Dann kann man es doch der Verfassung nicht in die Schuhe schieben, dass man sie nicht verbieten darf. Das kann doch nicht wahr sein!
Durak: Noch gibt es aber die NPD und sie wird gewählt. Darf man gewählte NPD-Vertreter ausblenden aus der Berichterstattung?
Hildebrandt: Das meine ich ja. Das darf man, ja. Ich finde, dass man eine politische Vereinigung eine kriminelle Vereinigung nennen darf, wenn sie ganz deutlich sagen, sie wollen diese Demokratie abschaffen.
Durak: Und wer soll dann die Aufklärung übernehmen, die Satire?
Hildebrandt: Die Aufklärung? Das ist eine Frage des Journalismus. Das ist ganz klar! Da unterscheiden wir uns tatsächlich.
Durak: Das wollen Sie also nicht tun?
Hildebrandt: Das Aufklären?
Durak: Ja.
Hildebrandt: Ja selbstverständlich! Ich sage ja, die Grenzen sind fließend. Das muss jeder selber bestimmen. Ich bin schon bereit aufzuklären über das, was sie wollen. Dafür ist doch die Verfassung da, dass man sie einhält und dass man sagt, diese Leute dürfen keine Partei gründen.
Durak: Nun ist es aber so. Es gibt diese Parteien. Es gibt auch junge Mitläufer. Es gibt viele junge Menschen, die dieser Partei zulaufen. Wie kann man ihnen beim Denken helfen, wenn man in der politischen Berichterstattung sich nicht direkt mit solchen Leuten auseinandersetzen soll, wenn wir Ihnen folgen?
Hildebrandt: Da fragen Sie mich zu viel. Das weiß ich auch nicht. Die Berichterstattung bleibt ja. Nur ich finde man sollte ihnen nicht zu viele Möglichkeiten geben, ihre kruden Ziele zu veröffentlichen. Ich meine deswegen ist ja die Berichterstattung nicht weg. Die ist ja deswegen doch immer noch möglich oder?
Durak: Ich denke schon.
Hildebrandt: Ja eben!
Durak: Danke! – Dieter Hildebrandt, Kabarettist. Umgang der Medien mit rechtsextremen Parolen und Personen. Danke fürs Gespräch.
Hildebrandt: Danke auch!