Bereits im vergangenen Jahr stand die russischsprachige Nachrichtenseite Meduza kurz vor dem Aus. Werbeeinnahmen brachen von einem auf den anderen Tag ein, weil das Medium von den russischen Behörden als "ausländischer Agent" eingestuft worden war. Zuvor hatte die Redaktion 2018 ihren Sitz von Russland nach Riga in Lettland verlegt, um weiterhin unabhängig berichten zu können.
Meduza-Rettungskampagne
Nun hat der Westen Wirtschaftssanktionen gegen Russland beschlossen. Grund ist der russische Angriffskrieg. Allerdings ist auch das spendenfinanzierte Online-Medium betroffen: Weil kein Geld mehr von Russland in die EU gelangt, kommt auch das Geld von etwa 30.000 russischen Mitgliedern nicht mehr bei Meduza an. Schon wieder steht das Medium kurz vor dem Aus. Das deutsche, genossenschaftlich organisierte Online-Magazin Krautreporter hat zusammen mit den russischen Kollegen eine selbsternannte "Meduza-Rettungskampagne" ins Leben gerufen.
Man hoffe jetzt auf westliche Unterstützung, sagt Dekoder-Chefredakteurin Tamina Kutscher im Interview mit dem Deutschlandfunk. Dafür brauche es circa 10.000 Spender. Diese Zahl sei nach einer Woche allerdings noch nicht erreicht. Auch für das unabhängige, englischsprachige Online-Medium Kyjiv Independent gibt es zurzeit eine Crowdfunding-Kampagne. Wichtig sei, dass in diesem Krieg keine "Opfer-Konkurrenz" entstehe und Journalisten aus Russland sowie der Ukraine nicht gegeneinander ausgespielt würden, erklärt Kutscher:
Es ist auch ein Informationskrieg, und er richtet sich im Land selber gegen die, die für die Wahrheit kämpfen und die, die diesen Krieg als Krieg benennen. Und das sind eben auch die unabhängigen Journalistinnen und Journalisten.
Die Lage ukrainischer Journalisten
Auch für Journalisten in der Ukraine wird die Arbeit vor Ort immer gefährlicher. Das Netzwerk für Auslandskorrespondenten Weltreporter prangert vor allem die Situation freier Journalisten in der Ukraine und Russland an. Die Reporter ohne Grenzen schreiben von bisher vier getöteten Medienschaffenden in der Ukraine. Mehrere Journalisten seien "festgenommen, beschossen oder verwundet" worden. In der Stadt Lwiw, im Westen der Ukraine, hat die Organisation ein Zentrum für Pressefreiheit eröffnet. Dort bekommen Journalisten schusssichere Westen, Helme, finanzielle und psychologische Unterstützung.
Unterstützung von Medien für Medien
Zahlreiche Medien hierzulande solidarisieren sich mit Kollegen und Kolleginnen aus der Ukraine und Russland. So hat das Online-Magazin Katapult bereits sehr früh zu Spenden aufgerufen, Redaktionsräume angeboten, Journalisten aus der Ukraine angestellt und dafür auf Teile des eigenen Gehalts verzichtet. Das Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung n-ost hat zusammen mit der Croation Journalists' Association, FragDenStaat, Netzwerk Recherche, Reporter ohne Grenzen und der taz Panter Stiftung eine Spendenkampagne ins Leben gerufen. Damit wollen die beteiligten Organisationen unabhängigen Journalismus vor Ort und im Exil unterstützen.
Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union hat sich mit dem Berufsverband Schauspiel und den Arbeitgeberverbänden zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Gemeinsam mit zahlreichen Medienorganisationen, darunter auch die ARD und das Deutschlandradio, arbeitet das Netzwerk gerade an einem Job-Portal für geflüchtete Medien- und Kulturschaffende aus der Ukraine. Spätestens kommende Woche soll das Portal startbereit sein. Matthias von Fintel, Bereichsleiter Medien und Publizistik bei ver.di, erklärt gegenüber dem Deutschlandfunk:
Das Netzwerk will Jobs, Praktika und Projektbeschäftigung in Theatern, Rundfunk, Presseverlagen und Filmproduktionen für ukrainische und russische Geflüchtete bündeln.
Geflüchtete Medienschaffende sollen sich auf dem Portal mit potentiellen Arbeitsstellen vernetzen, um möglichst schnell einen Beruf zu finden, erklärt Matthias von Fintel weiter. Der Kontakt zu Menschen der gleichen Branche soll beim Aufbau eines neuen Lebens helfen.