„Deutsches Volk! Reichspräsident Generalfeldmarschall von Hindenburg ist heute früh, neun Uhr, in die Ewigkeit eingegangen. Eingedenk dieser Heldengestalt schreiten wir den Weg in die deutsche Zukunft voller Vertrauen auf - Adolf Hitler," so der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Joseph Goebbels, am 2. August 1934.
Was Goebbels pathetisch verkündete, hat der Hindenburg-Biograf und Stuttgarter Zeithistoriker Wolfram Pyta nüchtern so bilanziert: „Fakt ist, dass Hindenburg in einem weitaus stärkeren Maße als bislang vielfach gedacht wurde, an grundlegenden Entscheidungen der deutschen Geschichte aktiv beteiligt gewesen ist, auch am 30. Januar 1933. Er trägt also in einem höheren Maße, als man bislang glaubte, auch die Verantwortung für die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler.“
Hindenburgs Werdegang als Berufssoldat vorgezeichnet
Die so verhängnisvolle Entscheidung Hindenburgs stand am Ende eines langen Lebens - das am 2. Oktober 1847 im damaligen Posen begann. Wo Paul Ludwig Hans Anton von Beneckendorff und von Hindenburg, zur Welt kam. Als Sohn eines preußischen Leutnants war er früh mit dem militärischen Alltag vertraut – und sein Werdegang vorgezeichnet: Berufssoldat sollte und wollte er werden. Mit 18 Jahren Leutnant in einem Garde-Regiment, standen dem jungen Hindenburg alle Aufstiegsmöglichkeiten offen, die er auch nutzte. Er kämpfte als junger Offizier in den Kriegen gegen Österreich und Frankreich, durchlief eine fundierte kriegswissenschaftliche Ausbildung und war als Truppenführer in diversen Garnisonen tätig. Und doch blieb sein vorzeitiger Abschied mit 64 Jahren als General der Infanterie im März 1911 umschattet von nicht erfüllten Ambitionen.
Ein, wie er glaubte, nutzloses Pensionistenleben vor Augen, sollte seine Stunde erst mit Beginn des Weltkriegs kommen. Nun musste er nicht mehr, wie er seiner Tochter schrieb, „wie ein altes Weib hinter dem Ofen sitzen“ oder sich „schämen über die Straße zu gehen“ - während einige seiner Kameraden als reaktivierte Generäle ins Feld rückten.
Als Chef der in Ostpreußen stehenden 8. Armee übernahm er eher repräsentative Aufgaben. Sein Stabschef Ludendorff ermöglichte die Einkreisung und Vernichtung der zaristischen Truppen, Hindenburg durfte in einer später nachgesprochenen Verlautbarung den Sieg vermelden: „Ihr habt einen vernichtenden Sieg über fünf Armeekorps und drei Kavalleriedivisionen errungen. Mehr als 90.000 Gefangene, ungezählte Geschütze und Maschinengewehre, mehrere Fahnen und viele sonstige Kriegsbeute sind in unseren Händen.“
Wegbereiter des Untergangs
Hindenburg war es aber auch, der den Sieg nach dem in der Nähe der Schlacht liegenden, kleinen Ort „Tannenberg“ nannte. Das heute polnische Stębark bot einen unschlagbaren Vorteil mit hohem Symbolgehalt: Dort hatte 500 Jahre zuvor, am 15. Juli 1410, ein litauisches und polnisches Heer die gepanzerte Ritter-Streitmacht des Deutschen Ordens vernichtend geschlagen. Diese Niederlage sollte nun als gerächt gelten. Vor allem aber begann mit dem Sieg bei Tannenberg die Verwandlung eines 66-jährigen preußischen Generals zum „Nationalheros“.
Der Nimbus des „Befreiers Ostpreußens“ entfaltete seine Wirkung bis weit in die 1930er-Jahre hinein - und bildete die Grundlage für die parteiübergreifende Wahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten im Jahre 1925. Dass er die Weimarer Verfassung und damit die Republik achtete, schien lange Zeit gesichert, und motivierte auch die Unterstützung der Sozialdemokraten. Aber Hindenburg hatte immer daran festgehalten, dass nur eine Konzentration nationaler Kräfte – und das waren die Parteien rechts von der Mitte – fähig war, das Reich zu Einigkeit und „neuer Größe“ zu führen. Als Personifizierung dieser politischen Sehnsucht sah Paul von Hindenburg schließlich Adolf Hitler:
„Dank der mutigen, zielbewussten und kraftvollen Führung des am 30. Januar dieses Jahres von mir berufenen Reichskanzlers Hitler und seiner Mitarbeiter hat Deutschland sich selbst wiedergefunden und die Kraft gewonnen, den Weg zu beschreiten, den ihm seine nationale Ehre und seine Zukunft vorschreiben.“
Es war der Weg in den Untergang, und er verhieß das vorsätzlich herbeigeführte Ende von Millionen von Menschen und das Leid ihrer Nachkommen.