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Hinrichtungen
Amnesty meldet drastischen Anstieg

Weltweit ist im vergangenen Jahr die Zahl der Exekutionen auf den höchsten Stand seit 1989 gestiegen. Laut dem Jahresbericht von Amnesty International wurde die Todesstrafe in mehr als 1.600 Fällen vollstreckt. Nicht mitgerechnet ist dabei China.

Von Friedbert Meurer |
    Exil-Iraner protestieren in Berlin gegen Hinrichtungen in ihrem Heimatland
    Exil-Iraner protestieren in Berlin gegen Hinrichtungen in ihrem Heimatland (dpa/picture-alliance/Jörg Carstensen)
    Drei Länder allein sorgen für die Rekordzahl an Hinrichtungen seit 25 Jahren: Iran, Pakistan und Saudi-Arabien stehen nach den Daten von Amnesty für 90 Prozent aller Exekutionen weltweit. Insgesamt wurden mehr als 1600 Menschen hingerichtet – mehr als doppelt so viele wie im Jahr zuvor.
    Nicht mitgerechnet ist dabei allerdings ein viertes Land: China. Amnesty International veröffentlicht seit geraumer Zeit keine Schätzungen mehr aus dem Reich der Mitte.
    "Wir glauben, dass China Tausende hinrichtet, so viele wie sonst niemand, meint Audrey Gaughran. Aber wir haben keine verlässlichen Angaben, weil die Zahl der Todesstrafen in China geheim gehalten wird. Deswegen nennen wir auch keine Schätzungen mehr. Wie jedes Jahr fordern wir die chinesischen Behörden auf, mehr Transparenz an den Tag zu legen."
    Dabei gebe es Anzeichen, dass die Hinrichtungen in China in den letzten Jahren zurückgegangen sind. Es fehlt aber eine Bestätigung dafür.
    Schlechtes Beispiel: Iran, Saudi-Arabien, Pakistan
    Im Mittelpunkt des Todesstrafenreports stehen deswegen also die drei Staaten Iran, Saudi-Arabien und Pakistan. Für Spannungen zwischen zwei dieser Länder hatte erst unlängst eine Massenhinrichtung gesorgt, der in Saudi-Arabien u.a. auch ein schiitischer Geistlicher zum Opfer fiel.
    "Die Revolutionswächter im Iran haben das als eklatante Verletzung der unabdingbaren Rechte Scheich Nimrs bezeichnet, so Amnesty-Nahostdirektor James Lynch. Es wäre schön, wenn der Iran das gleiche Interesse für sein eigenes Rechtssystem zeigen würde."
    Der Iran habe im letzten Jahr fast 1000 Menschen hingerichtet, die meisten wegen Drogenverbrechen. Wenn das Land wirklich aus seiner diplomatischen Isolation wolle, müsse es diese Praxis ändern.
    Scharf geht Amnesty International aber auch Saudi-Arabien an, das nach offiziellen Zahlen 158 Menschen exekutierte.
    "Die Behörden in Saudi-Arabien behaupten, es gehe um den Kampf gegen den Terror. Aber sie richten auch Dissidenten hin. Geständnisse werden unter Folter erpresst. Die Hälfte der Hingerichteten sind außerdem Arbeitsmigranten. Sie erhalten keinen Dolmetscher vor Gericht und damit auch keinen fairen Prozess."
    Gutes Beispiel: Kongo, Madagaskar, Surinam, Fiji
    Einige positive Nachrichten enthält der Todesstrafenreport 2015 von Amnesty International allerdings doch. Die Demokratische Republik Kongo, Madagaskar, Surinam und Fiji haben die Todesstrafe letztes Jahr abgeschafft. Damit gibt es erstmals mehr Staaten weltweit, die die Todesstrafe vollständig abgeschafft haben, als solche, die sie noch zulassen.
    Und einen positiven Trend vermerkt Amnesty auch in den USA. Dort seien so wenige hingerichtet worden wie seit 1991 nicht mehr, nämlich 28 Menschen. Die Zahl der Todesurteile, die ja nicht alle vollstreckt werden, ging sogar noch deutlicher zurück, auf den niedrigsten Stand seit 1977.