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Hinter dem Mond

Raumfahrt. - Nach dem Unglück der Raumfähre Columbia beauftragte US-Präsident George W. Bush die Raumfahrtbehörde Nasa, die Space Shuttles einzumotten und stattdessen die Rückkehr zum Mond vorzubereiten. Weil man auf diesem Weg bislang nicht weit gekommen sei, empfehlen US-Forscher ein Umsteuern.

Von Guido Meyer |
    Eigentlich hatte sich US-Präsident George Bush im Januar 2004 in seiner "Vision zur Weltraumerforschung" klar ausgedrückt: Bis 2020 soll die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa zurückkehren zum Mond und dort Erfahrungen sammeln, um die nächsten Schritte zu gehen: Menschen zum Mars zu fliegen und zu Welten jenseits davon. Doch seitdem verzettelt sich die Nasa mit Plänen für eine Mondbasis. Einige Wissenschaftler in den USA fürchten mittlerweile, der Umweg über den Erdtrabanten würde das eigentliche, nämlich neue Ziele, einen bemannten Flug zum Mars, immer weiter hinausschieben – zum Beispiel Pascal Lee vom Nasa Ames Research Center in Kalifornien.

    "Ich fürchte, dass wir bei einer Rückkehr zum Mond uns zu lange dort aufhalten und zu viel Geld ausgeben werden, so dass wir den Mars aus den Augen verlieren. Wir sollten lieber gleich Richtung Mars fliegen. Zwar wäre dies schwieriger, teurer und zeitaufwändiger als ein Flug zum Mond, wir könnten aber bei den Monden des Mars beginnen. Wenn wir die Raumschiffe, die Astronauten zum Mond bringen sollen, nur ein wenig aufrüsten, könnten wir mit ihnen zum Beispiel Phobos erreichen."

    Eine Rückkehr zum Mond erscheint vielen Astronauten, Astronomen und Ingenieuren als ein Rückschritt. Ein neues Ziel wie die Monde des Mars und der Rote Planet selbst könne da eher Begeisterung für die Raumfahrt wecken, argumentieren sie. Und so soll der Nachfolger von George Bush also die Vorgaben des jetzigen Präsidenten nicht annullieren, sondern der Nasa genauer sagen, wie sie sie umzusetzen habe, zum Beispiel, indem sie gar nicht erst damit beginnt, Labore und Wohnmodule für eine permanent bemannte Station auf den Mond zu schießen.

    "Unser Mond ist zwar näher an der Erde als es die Monde des Mars sind, er verfügt aber über mehr Schwerkraft. Wenn wir etwas zum Erd-Mond schicken, müssen wir die Nutzlast nicht nur dorthin bekommen, sondern sie am Ziel wieder abbremsen, da sie ansonsten dort aufschlagen würde. Wenn ein Raumschiff zu Phobos fliegt, kann es die Atmosphäre des Mars zum Abbremsen benutzen. Eine Landung auf Phobos ist dann wie das Docken an einer riesigen Raumstation. Wir brauchen nur wenig Treibstoff. Schlussendlich ist es billiger, ein Kilo Ausrüstung auf die Oberfläche von Phobos zu schicken als zum Mond."

    Noch hat die Nasa keine verbindlichen Aufträge erteilt an Unternehmen, eine Landefähre, Forschungsmodule für den Mond oder auch nur den neuen Schwerlastträger Ares V zu bauen. Zu spät für eine Kehrtwende wieder weg vom Mond wäre es also noch nicht. Lediglich am Nachfolger der Space Shuttles, den Orion-Kapseln, arbeiten verschiedene Firmen bereits. An diesem Raumschiff will auch einer der Kritiker festhalten: Rusty Schweickart, der mit der Apollo 9 die Erde umrundet hat, kann sich heute auch nicht mehr so recht für den Mond erwärmen.

    "Die Asteroiden hätten für mich Priorität vor einer Rückkehr zum Mond oder einem Aufbruch zum Mars. Die neuen Orion-Raumschiffe könnten uns auch dorthin bringen. Zu einem erdnahen Asteroiden zu fliegen wäre sogar billiger als eine Reise zum Mond."

    1996 hatte die Nasa die Mission Near zu einem – so die Abkürzung – Near-Earth-Asteroid-Rendezvous gestartet. Die unbemannte Raumsonde hat den Asteroiden Eros zunächst umrundet und war dann auf ihm gelandet. Bob Farquhar war der Chef des Projektes Near, arbeitet heute für das Smithsonian Luft- und Raumfahrtmuseum in Washington, D.C. und will einen solchen Flug nun bemannt durchführen.

    "Wir haben mit der Internationalen Astronautischen Akademie eine Mission entworfen, die 2025 zu einem erdnahen Asteroiden starten könnte. Der gesamte Flug würde etwa fünf Monate dauern. Wenn wir wirklich zu solchen Zielen oder zum Mars aufbrechen wollen, sollten wir uns nicht mit dem Mond abgeben. Der Mond ist eine Sackgasse. Die Mühen, eine Basis dort zu unterhalten, würden uns für die nächsten fünfzig Jahre an den Mond binden. Wir kämen zu nichts anderem mehr."

    Auf Asteroiden könnte kosmisches Material im Urzustand untersucht werden, das noch wesentlich älter ist als der Mond. Auch Wasser und Sauerstoff könnten Astronauten auf Asteroiden gewinnen, möglicherweise sogar weitere Bodenschätze wie Silizium. Und wenn die Nasa mehr Geld und Zeit in die Entwicklung neuartiger Nuklearantriebe investieren würde, könnten auch die von George Bush nur vage mit "beyond" zusammengefassten Ziele jenseits von Mond und Mars eher erreicht werden, findet Peter Kokh, der Präsident der amerikanischen Moon Society.

    "Mit Nukleartriebwerken könnten wir binnen drei Monaten zu erdnahen Asteroiden fliegen. Wir wissen, wie solche Antriebe funktionieren - die Nasa hat nur keinen Etat, um sie zu bauen. Sie könnten uns nicht nur zu den Asteroiden bringen, sondern auch zu den Monden Jupiters!"