Es ist eine ziemlich bunte Gruppe, die sich an diesem warmen, sonnigen Nachmittag in San Franciscos Golden Gate Park zusammengefunden hat: Putzjung sind sie alle nicht mehr, dafür sonnengegerbt und sehr relaxt: Einer trägt nur Shorts und Halstuch und hat einen alten, umgedrehten Farbeimer zur Conga-Trommel umfunktioniert. Michael Dodson spielt Gitarre - er und seine Freunde jammen jeden Nachmittag hier auf einer Bank gleich an der grünen Wiese, für die Zuhörer natürlich kostenlos, einfach zum Spaß.
Dodson ist 68, wurde in San Francisco geboren und erinnert sich noch gut an den Sommer vor genau 50 Jahren. "Es war schon ein Erlebnis. Die Leute hatten eine andere Einstellung als heute. Ich habe Jimi Hendrix und Janis Joplin gesehen, wie sie kostenlos hier im Park Konzerte gegeben haben - deshalb spielen auch wir immer kostenlos.”
Lavadio Lombardi hat sich einen Schlapphut über seine langen dunklen Haare gezogen. Er war 1967 erst elf, erzählt er. Und weil er damals auf der Straße lebte, war er froh, dass sich zwei Hippie-Mädchen seiner annahmen.
Alt-Hippies gehören zum Straßenbild
Natürlich sind es nicht mehr 100.000 wie 1967, aber Alt-Hippies gehören in San Francisco einfach zum Straßenbild. Nur ein paar Gehminuten entfernt, ebenfalls im Golden Gate Park, liegt das städtische De-Young-Museum. 50 Jahre nach dem Summer of Love begeht das Museum das Jubiläum mit einer großen Ausstellung. Die Glasfassade grüßt den Besucher mit Aufklebern, die an riesige Ansteck-Buttons erinnern: "Liebe ist der ultimative Trip” steht auf einem, und auch "Make love, not war" ist dabei.
"The Summer of Love Experience" heißt die Ausstellung, und tatsächlich legen die Macher Wert darauf, dass die Besucher das Erlebnis, die Erfahrung dieses Sommers nachvollziehen können. Man läuft durch raumgroße psychedelische Farbspiele, eine Galerie ist ganz der Musik gewidmet. Colleen Terry ist Kuratorin der Ausstellung. Sie erzählt, dass der Sommer 1967 undenkbar wäre ohne den Januar 1966 - da feierte Ken Kesey, Autor des Romans "Einer flog über das Kuckucksnest", in San Francisco das Trips Festival.
"Kesey hatte als Versuchsperson an einer von der US-Regierung finanzierten Untersuchung über das Potenzial von LSD teilgenommen. Die Droge wurde erst im Oktober 66 verboten, war also im Januar noch völlig legal. Keasy wollte den Leuten LSD nahebringen und gab sogenannte 'House Parties', auf denen sich die Besucher einem 'Acid Test' unterzogen. Jeder auf dem dreitägigen Trips Festival war unter Drogen - der Punch, den die Leute tranken, war mit LSD versetzt."
Medienberichte zogen 100.000 junge Menschen in die Stadt
Ein Jahr später, im Januar 1967, führte das Human Be-In im Golden Gate Park die Idee des gemeinsamen Rauschs weiter - zu dem Drogen- und Musikfestival kamen schon 30.000 Leute. "Auf einmal wurden die Medien auf San Francisco aufmerksam. Davor blieb die Hippiebewegung relativ für sich - aber nun zogen die Medienberichte Unmengen von jungen Leuten an, die etwas Lebensveränderndes erleben wollten - im Sommer 1967 kamen fast 100.000 Leute in die Stadt."
Und natürlich spielte Musik wieder eine große Rolle: Janis Joplin, The Grateful Dead, Jefferson Airplane: Die kostenlosen Konzerte im Golden Gate Park, von denen Hippie-Musiker Michael Dodson heute noch schwärmt. Die Ausstellung geht besonders auf die Plakate für die Konzerte ein, denn die sind ungewöhnlich gestaltet: Mit psychedelisch-grellen Komplementärfarben und Buchstaben, die wabern wie bei einem Psychotrip und deren Wörter sich zu Bäumen oder Gesichtern formen.
Colleen Terry: "Die Schrift auf den Postern ist in der Regel schwer zu lesen. Das widerspricht eigentlich allen Regeln des guten Grafik-Designs. Oft ist nicht mal klar, dass es um ein Konzert geht oder wer auftritt - und wann. Den Konzertveranstaltern war das aber egal, weil sie wussten, dass die Fans diese Poster schätzten. Es war auch kein Problem, wenn die öffentlich aufgehängten Poster verschwanden und dann in den Wohnzimmer der Leute hingen, von denen die Veranstalter wussten, dass sie am Ende zu den Konzerten kommen würden."
Kunsthistorisches und gesellschaftliches Erbe der Bewegung
Allerdings überforderte der Ansturm an Leuten das Haight-Ashbury Viertel, benannt nach der Kreuzung zweier Straßen gleich neben dem Golden Gate Park. Bald häuften sich in der überfüllten Gegend Berichte über Obdachlosigkeit, Hunger und Drogenprobleme. Im Oktober 1967 trugen Aktivisten bei einem Trauermarsch unter dem Titel "The Death of the Hippie" die Hippie-Bewegung des Sommers symbolisch zu Grabe. Die Veranstaltung sollte junge Leute anhalten, lieber zu Hause Hippies zu werden, als nach San Francisco zu kommen.
Auch 50 Jahre nach dem "Summer of Love" haben viele natürlich sofort die Bilder dieser Zeit im Kopf, wenn von Hippies die Rede ist. Das Kunstmuseum will auch das kunsthistorische und gesellschaftliche Erbe der Bewegung ergründen - neben den Plakaten sind vor allem Kleider zu sehen, darunter auch Bühnenkostüme mit Batikmustern und indischen und anderen folkloristischen Anklängen. Die Designer der Hippie-Bewegung griffen unterschiedlichste Inspirationen auf, erklärt Kuratorin Terry - und sieht darin einen Beleg für Toleranz und Offenheit.
"Sie bedienten sich überall - sie suchten nicht nur die eine Quelle. Diese Offenheit für alle Kulturen, alle Ethnien, alle Ideologien - das ist Teil des Erbes der Hippie-Zeit und steht auch für San Francisco, wie es war und wie es hoffentlich auch bleiben wird."