Man kann es im Fernsehen kaum hören. Denn es wird vom Lärm der Zuschauer übertönt.
Das Geräusch, wenn Footballspieler beim Tackle aufeinanderprallen.
Als Markus Kuhn von den New York Giants noch am College war und jeden Morgen vor dem Unterricht trainierte, hat er seiner Schwester in Deutschland das Pensum mal so erklärt:
"Ja, stell dir mal vor: Du ziehst dir jetzt einen Helm auf. Und dann schlägst du mit deinem Helm oder mit deinem Kopf fünfzigmal gegen die Wand. So hart wie du kannst. Und dann gehst du arbeiten. Das sind schon wirklich viele, viele kleine Kollisionen, die da auf einen zukommen. Wahrscheinlich wie so kleine Autounfälle jedes Mal, wenn man spielt."
Profis akzeptieren die Gefahr
Gesund ist das nicht. Und mit einer halben Million Dollar brutto auch nicht gerade berauschend bezahlt. Aber der 28-Jährige hat etwaige Zwiespälte schon vor langer Zeit abgehakt.
"Der Sport ist wahrscheinlich nicht der beste, den man machen kann für seinen Körper. Aber das sucht sich jeder aus. Also, ich wollte nichts anderes machen."
Das galt auch für Dave Duerson, der mit den Chicago Bears den Super Bowl gewann und 2007 als Repräsentant eines von der National Football League finanzierten Programms für die Unterstützung mittelloser, invalider Ex-Profis in einer Anhörung im Kongress in Washington selbstbewusst erklärte:
"Mein Vater ist 84 und hat 30 Jahre bei General Motors gearbeitet und war nie Profi-Sportler. Er hat Alzheimer und einen Hirnschaden. Das heißt: Die Frage nach den Ursachen bleibt ungeklärt."
Keine vier Jahre später war Duerson tot. Er nahm sich mit 50 Jahren das Leben. Mit einem Schuss in die Brust und nicht in den Kopf. Der Grund stand auf einem Notizzettel, den seine Ex-Frau und sein Sohn fanden: "Bitte sorgt dafür, dass mein Gehirn der NFL-Gehirn-Bank gegeben wird."
Eine Untersuchung von Spezialisten ergab, was Duerson aufgrund einer Reihe von Symptomen vermutet hatte: Auch er hatte CTE oder Chronische Traumatische Enzephalopathie. Die Folge zahlloser Gehirnerschütterungen.
NFL stellt hohe Summe bereit
Betroffen von dieser Epidemie sind viele. Weshalb vor ein paar Jahren zahlreiche Ex-Profis die NFL verklagten. Das Gericht riet allerdings zu einer gütlichen Einigung und akzeptierte vor ein paar Tagen ein von beiden Seiten ausgehandeltes Schadenersatzpaket. Demnach ist die Liga bereit, 765 Millionen Dollar für medizinische und Pflegekosten für die oft verarmten und meistens auch nicht krankenversicherten ehemaligen Spieler bereitzustellen.
Der Anwalt, der das alles ins Rollen brachte, heißt Jason Luckasevic. Er sah den juristischen Hebel, um die Liga in die Verantwortung zu nehmen. Die NFL sei fahrlässig gewesen und habe Betrug begangen bei dem Versuch, das Wissen um die Risiken zu vertuschen, sagte er dem Deutschlandfunk. Wozu das Argument gehörte, dass Spieler wissen mussten, dass die Sportart auf die Knochen geht.
"Heute gibt es dieses Wissen. Aufgrund dieser Klage. Aber als diese Spieler aktiv waren, wussten sie zwar, dass sie sich verletzen konnten. Aber nichts über chronische Spätfolgen, wo man mit 40 oder 50 dement wird. Im Gegenteil. Man hat ihnen gesagt, geht härter rein. Mit dem Kopf. Haut die anderen weg."
Der Grund, warum man den Namen des Anwalts aus Pittsburgh nicht kennt? Irgendwann kamen im Rahmen der Massenklage andere Juristen ins Spiel. Darunter eine der Kanzleien, die schon die Tabakindustrie in die Knie gezwungen hatte.
"Ich war jung und noch keine lange erfolgreiche Laufbahn als Anwalt vorzuweisen. Man hat mich an den Rand gedrängt."
Eine Frage des Prinzips
Das könnte sich noch ändern. Denn die Angelegenheit wird noch ein Nachspiel haben. Eine kleine, aber lautstarke Gruppe von Ex-Profis hat beschlossen, die Einigung nicht zu akzeptieren und individuell erneut vor Gericht zu ziehen. Darunter auch einer der vielen Mandanten von Jason Luckasevic, Joe DeLamielleure, früher bei den Buffalo Bills und Cleveland Browns Mitglied der Hall of Fame. Und die Familienangehörigen von Dave Duerson.
Was schlecht ist für die Liga. Die hatte sicher gehofft, sie käme mit diesem Urteil vergleichsweise glimpflich davon. Denn sie wurde nicht gezwungen, irgendeine Schuld zuzugeben. Dokumente, die die belegen könnten, kamen gar nicht erst an die Öffentlichkeit.
"In einem Prozess mit zwölf Geschworenen bekäme jeder zu sehen, was die NFL verschleiert hat."
Und bekäme zu sehen, um was es wirklich geht. Die NFL macht zehn Milliarden Dollar Umsatz pro Jahr. So viel wie keine andere Liga der Welt. Auf Kosten der Spieler und ihrer Gesundheit.