Kaum ein Ereignis in der jüngeren Geschichte wird klarer als Wendepunkt eingeschätzt, als die Französische Revolution. Ein Volk schafft den autoritären Staat ab, es entsteht eine Welle aus Gewalt und Terror, aber es setzen sich auch hochmoderne Ideen durch: Freiheit und Gleichheit. Was jedes Jahr am 14. Juli gefeiert wird, nämlich der Sturm auf die Bastille, das hat eine lange Vor- und Nachgeschichte. Denn ob der Sturm auf die Bastille der entscheidende Wendepunkt bei der Ereignissen in Paris und Versailles war, das ist vielleicht gar nicht so klar.
Schwacher König - starker Widersacher
Der Publizist Uwe Schultz sieht den Ursprung in einer lang anhaltenden Phase der Unzufriedenheit. Die Stimmung im Volk war schlecht, der König schwach. "Ludwig XVI wagte nicht das Militär einzusetzen. Das war seine stille Abdankung". Der König hatte Angst die Situation könnte im Bürgerkrieg enden. Auf dem Weg zum Schafott beklagte er, dass er nun dafür bestraft werde, dass er kein fremdes Blut vergießen wollte.
Ludwig XVI und sein Widersacher Robespierre waren sich bereits vor dem 14. Juli 1789 begegnet. Da war Robespierre noch Schüler in Paris und sollte Ludwig einen Vortrag halten. Es regnete, Ludwig blieb in der Kutsche, Robespierre kniete im Dreck, der König fährt ohne Reaktion davon. Später wird Robespierre des Königs Richter. Dieses für Robespierre demütigende Treffen kam später zwischen den beiden nie mehr zur Sprache.
Aufgeheizte Stimmung
Robespierre war damals sogar noch Anhänger der konstitutionellen Monarchie, sah sie als Übergangsphase. Seine Bibel, so Schultz, war der Gesellschaftsvertrag von Jean Jacques Rousseau. "Eine aufgeheizte Stimmung ist in jedem Fall notwendig, wenn man eine Veränderung herbeiführen will. Man muss auch zur Bluttat bereit sein- das ist das Signal des 14. Juli."
Warum der Sturm auf die Bastille in Frankreich als Symbol der Befreiung derartig gefeiert wird, sei dennoch seltsam, so Schultz. "Es ging sehr grausam zu, der Kopf des zuständigen Kommandanten wurde aufgespießt und auf den Rathausplatz getragen. Ein Vorgang, den französische Historiker bis heute schwer verkraften können."
Uwe Schultz, geboren 1936 in Hamburg, hat zahlreiche Publikationen und Monografien veröffentlicht. Besonders intensiv hat er sich mit der Geschichte Frankreichs im 17. und 18. Jahrhundert beschäftigt. Uwe Schultz hat mehrere Bücher dazu verfasst. Fast zwanzig Jahre leitete er die Hauptabteilung "Kulturelles Wort" beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt am Main. Für seine Arbeit erhielt er zahlreiche Preise, unter anderem 1999 den Preis des deutsch-französischen Kulturrats für Essayistik. Er lebt und arbeitet heute in Paris.
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