Silvia Engels: Der Bundesrat stimmt heute über ein Gesetz ab, das einen Fahrplan vorsieht, um erstens mehrere reguläre Zwischenlager für Atommüll auszusuchen und um zweitens Regeln für eine neue Suche nach einem Endlager in Deutschland in Aussicht zu stellen. Um diese Einigung zwischen Regierung und Opposition und den verschiedenen Interessen zwischen Bund und Ländern unter einen Hut zu bekommen, wurden viele konkrete Fragen einfach ausgeklammert oder verschoben.
Der Streit um das Endlager ist das eine, davor steht allerdings die drängende Frage der Zwischenlagersuche, denn der Müll auch aus dem europäischen Ausland kommt in den kommenden Jahren zurück. In Sachen Zwischenlager hat sich Umweltminister Altmaier noch in dieser Woche, oder in der vergangenen war es, optimistisch gezeigt:
"Ich habe nach den letzten Wochen keinen Zweifel, dass es uns gelingen wird, bis Ende des Jahres drei Standorte zu identifizieren, wo wir die wenigen noch verbliebenen Castor-Transporte sicher verwahren können."
Engels: Bundesumweltminister Altmaier. – Am Telefon ist nun Franz Untersteller, er ist Umweltminister in Baden-Württemberg und gehört den Grünen an. Guten Morgen, Herr Untersteller!
Franz Untersteller: Guten Morgen!
Engels: Sind Sie auch so optimistisch wie Herr Altmaier, dass die Zwischenlager-Standortfrage bis Ende des Jahres mit Namen versehen wird?
Untersteller: Uns bleibt gar keine Alternative. Und ich sage es mal so deutlich: Wenn uns das nicht gelingt, wie soll uns dann die wesentlich größere Frage, nämlich die Suche eines Endlagers in Deutschland gelingen. Von daher: Ich bin da zuversichtlich. Auch aus der Debatte, die wir in Baden-Württemberg haben um den Standort Philippsburg, der ja gegebenenfalls in Frage kommt für die Übernahme von fünf Castoren aus La Hague, bin ich zuversichtlich.
Engels: Baden-Württemberg - Sie haben es angesprochen – hat sich grundsätzlich bereit erklärt, Castoren aufzunehmen, Schleswig-Holstein auch. Aber Sie verlangen ein drittes Bundesland. Da ist bislang nichts zu hören. Womit rechnen Sie, beispielsweise mit Hessen, wenn es zu einem Regierungswechsel kommt?
Untersteller: Nun, ich finde es schon einigermaßen seltsam, dass man überhaupt rechnen muss mit Regierungswechseln, damit ein drittes Bundesland dazu kommt. Hier geht es um eine Sachfrage und nicht um politische Fragen, nämlich welche Partei regiert. Ich meine, man muss mal sehen: Die Grünen, Leute wie ich, wir haben jahrelang gegen die Nutzung der Kernenergie gekämpft, und heute übernehmen wir in Schleswig-Holstein und in Baden-Württemberg Verantwortung. Und ich wundere mich schon, dass ausgerechnet diejenigen, die über Jahre hinweg sich stark gemacht haben für die Atomenergie-Nutzung, sich hier aus der Verantwortung davonstehlen. Eigentlich würde ich erwarten, dass Länder wie Bayern, wie Hessen und andere auch hier bereit sind, diese Frage mit zu lösen. Aber es geht mir wie dem Bundesumweltminister: Ich gehe davon aus, dass wir bis zum Ende des Jahres hier eine Lösung haben und neben Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg dann ein drittes Land hier Bereitschaft erklärt, diese 26 Castoren – um so viele geht es unterm Strich – dann auch zu übernehmen in die vorhandenen Zwischenlager.
Engels: Aber es bleibt ja Fakt, dass die Frage, wo konkret die Zwischenlager stehen sollen, bislang im Gesetz ausgeklammert bleibt, weil man sich nicht darauf einigen konnte. Was ist das, was Sie da heute beschließen, eigentlich wert?
Untersteller: Ich finde, es ist sehr viel wert und es ist wirklich eine historische Entscheidung, wenn man die Debatte der letzten gut drei Jahrzehnte kennt. Das ist eine der letzten großen Streitfragen in der Atomenergie-Nutzung in Deutschland, die wir heute Gott sei Dank, wie ich finde, beenden und dass wir uns hier gemeinsam, sprich in einem Konsens von vier Parteien, letzte Woche im Bundestag und heute, denke ich, auch in einem großen Konsens der Bundesländer auf den Weg machen nach einer Endlagersuche, die dann auf wissenschaftlichen Kriterien basiert und wo heute noch keiner, weder Sie, noch ich, noch sonst jemand weiß, wo in Deutschland dann dieser geeignete Endlager-Standort letztendlich sein wird. Ich denke, das was wir bislang in Deutschland gemacht haben, nämlich uns ausschließlich zu konzentrieren auf Gorleben, mit allen Problemen, die damit zusammenhingen in der Vergangenheit, das war ein Fehler, und ich glaube auch, dass das mittlerweile diejenigen, die in der Vergangenheit hier mit nur auf Gorleben gesetzt haben, auch eingesehen haben.
Engels: Bisher haben wir über Zwischenlager gesprochen, Sie bringen nun auch die Endlager-Frage ins Spiel, und da sind Sie nicht der einzige, nämlich über die Suche nach dem Standort für ein Endlager wird seit gestern wieder erregt gestritten. Das liegt an dem früheren Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und heutigen EU-Kommissar Günther Oettinger. Er hat gesagt, die Geologie spreche eher für einen Standort in Süddeutschland, weil nur Gesteinsschichten für ein Endlager in Frage kämen, und die liegen nun mal in Süddeutschland, also kein Salzstock wie in Gorleben. Sie haben ihn dafür kritisiert. Liegt er völlig falsch?
Untersteller: Er liegt völlig falsch, weil er offensichtlich das Prinzip des Endlagersuchgesetzes, das heute beschlossen wird, überhaupt nicht verstanden hat. Das Endlagersuchgesetz sagt, wir basieren die zukünftige Endlagersuche ausschließlich auf wissenschaftlichen Kriterien, grundsätzlich in Frage kommen drei Gesteinsformationen, das ist nämlich Salz, das ist Ton und das ist Granit, und wo dann zum Schluss der best geeignete Standort in Deutschland sein wird, das weiß bis heute noch keiner. Es geht jetzt noch darum, in den kommenden zwei Jahren in der neu zu bildenden Kommission zwischen Bund und Ländern, an der auch die Wissenschaft beteiligt sein wird, an der die Zivilgesellschaft beteiligt sein wird, da jetzt noch mal die Frage der Kriterien in den Mittelpunkt zu stellen, und anschließend 2015 werden wir die Kriterien dann kennen und dann wird es in Deutschland auf der Basis der Kriterien eine Suche geben. Aber heute schon hinzugehen und zu sagen, was ausscheidet und wo dann, in welcher Region in Deutschland ein Endlager sein soll – ich meine, offensichtlich hat er den Gesetzentwurf nie gelesen, sonst könnte er sich nicht so äußern, wie er sich gestern geäußert hat.
Engels: Oettinger bezieht sich mit seinem Vorschlag auf das Beispiel Finnland. Dort wird ja genau ein Granit-Vorkommen zur Einlagerung wahrscheinlich genutzt werden und Experten bewerten diesen Versuch durchaus als vielversprechend. Ist es vielleicht einfach Stand der Forschung, der am Ende auf Granit-Vorkommen hinzielt, und das liefe ja wahrscheinlich auf Bayern hinaus, wo es diese Vorkommen gibt?
Untersteller: Nein, es ist nicht Stand der Forschung. Die Finnen und die Skandinavier gehen in Granit, die Franzosen die Schweizer konzentrieren sich auf Opalinuston, in Deutschland hat man sich in der Vergangenheit ausschließlich auf Salz konzentriert. Von daher ist das jetzt nicht eine Frage, welche Gesteinsformation sich grundsätzlich besser eignet, sondern letztendlich geht es um eine ganze Reihe von weiteren Randbedingungen bei diesen Gesteinsformationen. Aber noch mal: Da weiß heute noch keiner und keine in Deutschland, wo wir die besten Randbedingungen haben, im Granit, im Ton oder in Salz. Von daher gesehen: Ich fand das wirklich wenig hilfreich, was der EU-Kommissar da vorgestern vom Stapel gelassen hat.
Engels: Der Fahrplan im Gesetz, das Ihnen heute vorliegt, sieht vor, dass eine Kommission bis Ende 2015 die Grundlagen und Kriterien für die Endlagersuche bestimmt, und bis Ende 2031 soll der endgültige Standort gefunden sein. Das klingt doch sehr nach Sankt Nimmerleinstag, oder?
Untersteller: Nein, es klingt nicht nach Sankt Nimmerleinstag. Es ist auch nicht notwendig, um es mal so deutlich zu sagen, dass wir früher zu einem Ergebnis kommen. Wir haben in Deutschland an den Standorten Zwischenlager, die eine Genehmigung haben für 40 Jahre, sprich bis, sage ich mal, Ende der 30er-Jahre stehen uns diese Zwischenlager zur Verfügung. Bis dahin ist es auch noch so: Sie können manche der Castoren gar nicht früher aus den Zwischenlagern in ein Endlager verbringen, auch aus technischen Gründen, weil die Brennelemente erst auch mal abklingen müssen. Von daher: Wenn wir Anfang der 30er-Jahre einen Endlagerstandort in Deutschland haben, der dann weiter erkundet wird und ausgebaut wird, dann wären wir wirklich ein gutes, ein sehr gutes Stück weiter. Von daher gesehen: Ich glaube, das was wir heute beschließen, ist eine sehr gute Grundlage, um dahin zu kommen, um dann wie gesagt auch noch diese letzte große Streitfrage in Deutschland endlich in eine vernünftige Lösung zu bringen.
Engels: Aber wie es eigentlich parteipolitisch zu bewerten, dass mit dem heutigen Beschluss die Bundesregierung ja das Thema Atomlager abgeräumt hat? Die Grünen können letztlich mit dem Thema Atom keinen Bundestagswahlkampf mehr machen. Ist das schlecht für Sie?
Untersteller: Da steht für mich die Parteipolitik hinten an. Es geht darum, eine wichtige Sachfrage zu lösen, und solche Sachfragen löst man nicht entlang von Wahlkampfterminen. Und im übrigen glaube ich nicht, dass eine Partei, die bereit ist, in dieser schwierigen Frage Verantwortung zu übernehmen – ich habe das Thema Zwischenlager genannt -, dass ausgerechnet wir in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein mit Regierungen, an denen die Grünen beteiligt beziehungsweise die Grünen in führender Position sind, hier Verantwortung übernehmen und Castoren aus Frankreich beziehungsweise aus Sellafield in England übernehmen, ich kann mir nicht vorstellen, dass die Wähler so was abstrafen, sondern ganz im Gegenteil. Meine Erfahrung in der Politik ist, dass so was durchaus auch von den Wählern honoriert und anerkannt wird.
Engels: Franz Untersteller, Umweltminister in Baden-Württemberg von den Grünen. Vielen Dank für das Gespräch.
Untersteller: Ja, Ihnen auch. Danke!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Der Streit um das Endlager ist das eine, davor steht allerdings die drängende Frage der Zwischenlagersuche, denn der Müll auch aus dem europäischen Ausland kommt in den kommenden Jahren zurück. In Sachen Zwischenlager hat sich Umweltminister Altmaier noch in dieser Woche, oder in der vergangenen war es, optimistisch gezeigt:
"Ich habe nach den letzten Wochen keinen Zweifel, dass es uns gelingen wird, bis Ende des Jahres drei Standorte zu identifizieren, wo wir die wenigen noch verbliebenen Castor-Transporte sicher verwahren können."
Engels: Bundesumweltminister Altmaier. – Am Telefon ist nun Franz Untersteller, er ist Umweltminister in Baden-Württemberg und gehört den Grünen an. Guten Morgen, Herr Untersteller!
Franz Untersteller: Guten Morgen!
Engels: Sind Sie auch so optimistisch wie Herr Altmaier, dass die Zwischenlager-Standortfrage bis Ende des Jahres mit Namen versehen wird?
Untersteller: Uns bleibt gar keine Alternative. Und ich sage es mal so deutlich: Wenn uns das nicht gelingt, wie soll uns dann die wesentlich größere Frage, nämlich die Suche eines Endlagers in Deutschland gelingen. Von daher: Ich bin da zuversichtlich. Auch aus der Debatte, die wir in Baden-Württemberg haben um den Standort Philippsburg, der ja gegebenenfalls in Frage kommt für die Übernahme von fünf Castoren aus La Hague, bin ich zuversichtlich.
Engels: Baden-Württemberg - Sie haben es angesprochen – hat sich grundsätzlich bereit erklärt, Castoren aufzunehmen, Schleswig-Holstein auch. Aber Sie verlangen ein drittes Bundesland. Da ist bislang nichts zu hören. Womit rechnen Sie, beispielsweise mit Hessen, wenn es zu einem Regierungswechsel kommt?
Untersteller: Nun, ich finde es schon einigermaßen seltsam, dass man überhaupt rechnen muss mit Regierungswechseln, damit ein drittes Bundesland dazu kommt. Hier geht es um eine Sachfrage und nicht um politische Fragen, nämlich welche Partei regiert. Ich meine, man muss mal sehen: Die Grünen, Leute wie ich, wir haben jahrelang gegen die Nutzung der Kernenergie gekämpft, und heute übernehmen wir in Schleswig-Holstein und in Baden-Württemberg Verantwortung. Und ich wundere mich schon, dass ausgerechnet diejenigen, die über Jahre hinweg sich stark gemacht haben für die Atomenergie-Nutzung, sich hier aus der Verantwortung davonstehlen. Eigentlich würde ich erwarten, dass Länder wie Bayern, wie Hessen und andere auch hier bereit sind, diese Frage mit zu lösen. Aber es geht mir wie dem Bundesumweltminister: Ich gehe davon aus, dass wir bis zum Ende des Jahres hier eine Lösung haben und neben Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg dann ein drittes Land hier Bereitschaft erklärt, diese 26 Castoren – um so viele geht es unterm Strich – dann auch zu übernehmen in die vorhandenen Zwischenlager.
Engels: Aber es bleibt ja Fakt, dass die Frage, wo konkret die Zwischenlager stehen sollen, bislang im Gesetz ausgeklammert bleibt, weil man sich nicht darauf einigen konnte. Was ist das, was Sie da heute beschließen, eigentlich wert?
Untersteller: Ich finde, es ist sehr viel wert und es ist wirklich eine historische Entscheidung, wenn man die Debatte der letzten gut drei Jahrzehnte kennt. Das ist eine der letzten großen Streitfragen in der Atomenergie-Nutzung in Deutschland, die wir heute Gott sei Dank, wie ich finde, beenden und dass wir uns hier gemeinsam, sprich in einem Konsens von vier Parteien, letzte Woche im Bundestag und heute, denke ich, auch in einem großen Konsens der Bundesländer auf den Weg machen nach einer Endlagersuche, die dann auf wissenschaftlichen Kriterien basiert und wo heute noch keiner, weder Sie, noch ich, noch sonst jemand weiß, wo in Deutschland dann dieser geeignete Endlager-Standort letztendlich sein wird. Ich denke, das was wir bislang in Deutschland gemacht haben, nämlich uns ausschließlich zu konzentrieren auf Gorleben, mit allen Problemen, die damit zusammenhingen in der Vergangenheit, das war ein Fehler, und ich glaube auch, dass das mittlerweile diejenigen, die in der Vergangenheit hier mit nur auf Gorleben gesetzt haben, auch eingesehen haben.
Engels: Bisher haben wir über Zwischenlager gesprochen, Sie bringen nun auch die Endlager-Frage ins Spiel, und da sind Sie nicht der einzige, nämlich über die Suche nach dem Standort für ein Endlager wird seit gestern wieder erregt gestritten. Das liegt an dem früheren Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und heutigen EU-Kommissar Günther Oettinger. Er hat gesagt, die Geologie spreche eher für einen Standort in Süddeutschland, weil nur Gesteinsschichten für ein Endlager in Frage kämen, und die liegen nun mal in Süddeutschland, also kein Salzstock wie in Gorleben. Sie haben ihn dafür kritisiert. Liegt er völlig falsch?
Untersteller: Er liegt völlig falsch, weil er offensichtlich das Prinzip des Endlagersuchgesetzes, das heute beschlossen wird, überhaupt nicht verstanden hat. Das Endlagersuchgesetz sagt, wir basieren die zukünftige Endlagersuche ausschließlich auf wissenschaftlichen Kriterien, grundsätzlich in Frage kommen drei Gesteinsformationen, das ist nämlich Salz, das ist Ton und das ist Granit, und wo dann zum Schluss der best geeignete Standort in Deutschland sein wird, das weiß bis heute noch keiner. Es geht jetzt noch darum, in den kommenden zwei Jahren in der neu zu bildenden Kommission zwischen Bund und Ländern, an der auch die Wissenschaft beteiligt sein wird, an der die Zivilgesellschaft beteiligt sein wird, da jetzt noch mal die Frage der Kriterien in den Mittelpunkt zu stellen, und anschließend 2015 werden wir die Kriterien dann kennen und dann wird es in Deutschland auf der Basis der Kriterien eine Suche geben. Aber heute schon hinzugehen und zu sagen, was ausscheidet und wo dann, in welcher Region in Deutschland ein Endlager sein soll – ich meine, offensichtlich hat er den Gesetzentwurf nie gelesen, sonst könnte er sich nicht so äußern, wie er sich gestern geäußert hat.
Engels: Oettinger bezieht sich mit seinem Vorschlag auf das Beispiel Finnland. Dort wird ja genau ein Granit-Vorkommen zur Einlagerung wahrscheinlich genutzt werden und Experten bewerten diesen Versuch durchaus als vielversprechend. Ist es vielleicht einfach Stand der Forschung, der am Ende auf Granit-Vorkommen hinzielt, und das liefe ja wahrscheinlich auf Bayern hinaus, wo es diese Vorkommen gibt?
Untersteller: Nein, es ist nicht Stand der Forschung. Die Finnen und die Skandinavier gehen in Granit, die Franzosen die Schweizer konzentrieren sich auf Opalinuston, in Deutschland hat man sich in der Vergangenheit ausschließlich auf Salz konzentriert. Von daher ist das jetzt nicht eine Frage, welche Gesteinsformation sich grundsätzlich besser eignet, sondern letztendlich geht es um eine ganze Reihe von weiteren Randbedingungen bei diesen Gesteinsformationen. Aber noch mal: Da weiß heute noch keiner und keine in Deutschland, wo wir die besten Randbedingungen haben, im Granit, im Ton oder in Salz. Von daher gesehen: Ich fand das wirklich wenig hilfreich, was der EU-Kommissar da vorgestern vom Stapel gelassen hat.
Engels: Der Fahrplan im Gesetz, das Ihnen heute vorliegt, sieht vor, dass eine Kommission bis Ende 2015 die Grundlagen und Kriterien für die Endlagersuche bestimmt, und bis Ende 2031 soll der endgültige Standort gefunden sein. Das klingt doch sehr nach Sankt Nimmerleinstag, oder?
Untersteller: Nein, es klingt nicht nach Sankt Nimmerleinstag. Es ist auch nicht notwendig, um es mal so deutlich zu sagen, dass wir früher zu einem Ergebnis kommen. Wir haben in Deutschland an den Standorten Zwischenlager, die eine Genehmigung haben für 40 Jahre, sprich bis, sage ich mal, Ende der 30er-Jahre stehen uns diese Zwischenlager zur Verfügung. Bis dahin ist es auch noch so: Sie können manche der Castoren gar nicht früher aus den Zwischenlagern in ein Endlager verbringen, auch aus technischen Gründen, weil die Brennelemente erst auch mal abklingen müssen. Von daher: Wenn wir Anfang der 30er-Jahre einen Endlagerstandort in Deutschland haben, der dann weiter erkundet wird und ausgebaut wird, dann wären wir wirklich ein gutes, ein sehr gutes Stück weiter. Von daher gesehen: Ich glaube, das was wir heute beschließen, ist eine sehr gute Grundlage, um dahin zu kommen, um dann wie gesagt auch noch diese letzte große Streitfrage in Deutschland endlich in eine vernünftige Lösung zu bringen.
Engels: Aber wie es eigentlich parteipolitisch zu bewerten, dass mit dem heutigen Beschluss die Bundesregierung ja das Thema Atomlager abgeräumt hat? Die Grünen können letztlich mit dem Thema Atom keinen Bundestagswahlkampf mehr machen. Ist das schlecht für Sie?
Untersteller: Da steht für mich die Parteipolitik hinten an. Es geht darum, eine wichtige Sachfrage zu lösen, und solche Sachfragen löst man nicht entlang von Wahlkampfterminen. Und im übrigen glaube ich nicht, dass eine Partei, die bereit ist, in dieser schwierigen Frage Verantwortung zu übernehmen – ich habe das Thema Zwischenlager genannt -, dass ausgerechnet wir in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein mit Regierungen, an denen die Grünen beteiligt beziehungsweise die Grünen in führender Position sind, hier Verantwortung übernehmen und Castoren aus Frankreich beziehungsweise aus Sellafield in England übernehmen, ich kann mir nicht vorstellen, dass die Wähler so was abstrafen, sondern ganz im Gegenteil. Meine Erfahrung in der Politik ist, dass so was durchaus auch von den Wählern honoriert und anerkannt wird.
Engels: Franz Untersteller, Umweltminister in Baden-Württemberg von den Grünen. Vielen Dank für das Gespräch.
Untersteller: Ja, Ihnen auch. Danke!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.